Balken01a


”Bleeding October” 10
 

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Kaum Zeit war vergangen, bis Hardware und Software im Einklang arbeiteten und der Scanner typische Geräusche bei seiner Arbeit von sich gab. Krutari war umgeben von einer Nikotinwolke und neben ihm quoll ein Aschenbecher über. Er hackte auf der Tastatur herum und speiste immer wieder die USB-Sticks mit den fertig gescannten Dokumenten. Es brauchte Einiges an Zeit. Alejscha lief dabei ständig hin und her, brachte die Bücher weg, was Krutari nicht nachvollziehen konnte, wo sie im Endeffeckt landeten. Er hoffte nur, daß der Werpanther sein Wort hielt und wirklich niemand Anderes diese Schriften finden würde. Die Nacht verging und die Hälfte der Schriftrollen war digitalisiert. Am frühen Morgen waren noch einige Bücher über und Krutari hatte schon 4eckige Augen. Er lehnte sich immer wieder mal zurück und streckte sich, daß hörbar seine Knochen knackten.

Und gerade in diesem Moment kam auch Alejscha wieder und sah mit einem leisen Lächeln auf den Vampir – ging zu ihm und streichelte sanft über die verspannten Rückenmuskeln, begann, sie behutsam zu massieren und knabberte manchmal auch an dem verspannten Nacken, um ihn etwas weicher zu bekommen. Der junge Werpanther genoß es, Krutari zu berühren und schnurrte leise ... langsam lösten sich die verspannten Knoten unter seinen schlanken Händen und schließlich, nach einer geraumen Weile, wisperte er leise in dessen Ohr. "Soll ich dir auch die Wirbelsäule einrenken ? Ich kann das ... und ich tue dir dabei nicht weh, versprochen."

"Uuhhh gnnn... Nein, Danke..." Irgendwie fertig, sah Krutari Alejscha an. Bevor dieser wieder zu schmusig werden konnte, drückte der Vampir ihm den nächsten Stapel in die Hand.

Die Stunden flossen dahin, der Berg auf dem Schreibtisch schrumpfte nur langsam. Sie würden sicher noch den ganzen Tag brauchen und vielleicht noch die nächste Nacht.

Nur ein einziges Mal zwischendurch mußten sie unterbrechen. Alejschas Instinkte hatten Alarm geschlagen, daß sich Jemand seiner Sippe nähern würde. Ungesehen schnell, war der Vampir verschwunden gewesen und die restlichen Bücher mit ihm samt Hardware. Auch Alejscha hatte sich zurückgezogen. Sollten ruhig alle glauben, daß er tot war. So hatten sie doch ein wenig Schutz und vor allem Zeit. Der Werpanther hatte Alejschas Unterkunft nur oberflächlich abgesucht, hatte kein Interesse an irgendwelchen persönlichen Sachen gezeigt oder sich irgend etwas eingesteckt.

Irgendwann kurz vor der nächsten Dämmerung hatte Krutari das letzte Buch fertig. Er holte tief Luft, als wirklich alles auf den USB-Sticks war. Alles Weitere ging recht schnell. Alejscha hatte nicht wirklich viel einzupacken und der Rest wurde in das sichere Versteck, wo schon die Schriften waren, hingebracht. Wenig später befanden sich die Beiden am Stadtrand von Rom. Alejscha davon zu überzeugen, Krutari auf der Suche nach seinem Bruder zu begleiten, dauerte nicht wirklich lange. Bereitwillig erklärte er, daß er ja verhindern wollte, daß die Statue in die falschen Hände geriete. Einige Vorkehrungen mußte Krutari aber noch treffen und dazu mußte er zu seinem Unterschlupf. Ein kleines Haus mit großem, verwildertem Garten außerhalb von Rom nannte der Vampir sein Eigen. Niemand der Familie wußte von dem Anwesen, was er sich zusammen mit seinem Bruder leistete.

Während sie durch die Straßen huschten, hatte Alejscha sich seine eigenen Gedanken gemacht ... nicht wirklich sicher, was der Vampir nun vorhatte, schien es ihm am Besten, ihm einfach zu folgen. Als sie schließlich vor der kleinen Villa ankamen, pfiff der schlanke Werpanther kurz durch die Fänge – betrachtete das geschmackvolle Anwesen und nickte, als er zu Krutari sah. "Deins ? Okay, dumme Frage, es ist dein Stil und du warst schon mal hier, dein Geruch ist noch ganz, ganz schwach zu erkennen. Bleiben wir hier ne Weile ? Ich könnte ein wenig Schlaf gebrauchen ....."

Krutari nickte nur geistesabwesend. Er ging voran, wies Alejscha den Weg. Sie betraten die große Eingangshalle. Im Halbkreis gingen vom oberen Geschoß zwei Treppen herab und umschlossen einen größeren, weißen Flügel, auf dem noch ein paar Notenblätter lagen. Hohe Fenster erhellten das Haus und an jedem hingen von der Decke bis zum Boden schwere, dunkle Samtvorhänge. In den Ecken waren dünne Säulen mit verschnörkelten Kapitellen, im selben Stil zog sich der Stuck unter der Decke entlang. Die Treppenaufgänge waren mit großen Potraits bestückt. Die Gemälde sahen alt und wertvoll aus. 3 große Flügeltüren gingen von der Halle ab. Eine davon nutzte Krutari und war somit in der Bibliothek und Arbeitszimmer. Ein großer Holztisch mit geschwungenen Beinen und üppigen Format thronte am Ende des Raumes in einem halbrundem Erker. Er setzte sich in den Schreibtischsessel und nahm die EDV-Anlage in Betrieb, setzte das Headset auf und begann, ein paar Nummern durchzuwählen. Auf Alejscha achtete er nicht mehr, sollte der sich im Haus ruhig umsehen oder sich irgendwo zum Schlafen zusammenrollen.

So gerne der junge Werpanther herumstreifen wollte, um sich umzusehen, er tat es nicht – anstattdessen setzte er sich auf das kleine Sofa, das in der Bibliothek stand, zog die Stiefel aus und rollte sich ein wenig wenig auf der Couch zusammen, die Augen zu schmalen Schlitzen geschlossen. Er schlief nicht – doch er ruhte, horchte währenddessen auf die Stimme Krutaris und erholte sich. Den Rucksack, in dem auch die USB-Sticks waren, hatte er vor sich auf den Boden gelegt, so daß er an dem Sofa lehnte – auch wenn er Krutari liebte, so ging er auf Nummer Sicher, denn er wollte nicht, daß der Vampir auf eigene Faust losging oder die Sticks gar vernichtete.

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Es dauerte einiges an Zeit, bis Krutari die gewünschten Verbindungen hatte. Einiges an Geld floß von Konto zu Konto, bis es auf Krutaris Privatkonto war. Nebenher bekam er auch endlich eine Telefonverbindung zum Handy seines Bruders. Sie unterhielten sich in ihrer Muttersprache. Lange sprachen sie miteinander und Krutari klang hin und wieder recht energisch. Letztendlich notierte er sich eine Adresse in Deutschland. Die Verbindung brach danach ab und Krutari fuhr sich durch die Haare, stützte seinen Kopf dann kurzzeitig ab und atmete ein paar Mal tief durch. Dann wählte er eine neue Nummer und reservierte im nächsten Flugzeug nach Luxemburg zwei Plätze. Von dort würden sie per Air-Liner noch eine halbe Stunde bis nach Tier brauchen oder sie nahmen sich am Flughafen gleich einen Mietwagen. Danach telefonierte er jedoch nicht mehr. Er warf das Headset auf den Schreibtisch zurück und starrte eine Weile auf den flackernden Bildschirm des Computers. Nach und nach begann er, seine virtuellen Fingerabdrücke zu verwischen. Sehr viel später lehnte er sich zufrieden lächelnd in seinem Sessel zurück und schaltete nach einer weiteren Zigarette den Computer aus. In einigen Schubladen suchte er nach seinen Pässen, bis er die Richtigen in den Händen hielt. Dann stand er vor dem halbschlafenden Werpanther auf dem kleinen Sofa. "Es gibt bequemere Schlafstätten." raunte er ihm zu. Er zog den Jungen hoch und ging dann voraus zu den Schlafgemächern im oberen Stock. Als er vor seinem eigenen Bett stand, entledigte er sich beim Weitergehen seiner Klamotten. Sein letztes Kleidungsstück blieb an der Türklinke zum Bad hängen und kurz darauf begann, Wasser zu rauschen.

Zögernd war ihm Alejscha gefolgt und betrachtete jetzt staunend das riesige Badezimmer, das eigentlich schon fast ein Saal war. Weißer, rosefarbener und schwarzer Marmor kleidete Wände und Boden, die Armaturen waren allesamt vergoldet und überall hingen goldgerahmte Spiegel, die den Raum noch vergrößerten. Doch am Beeindruckendsten war das riesige Becken, das sich gerade füllte – so groß, daß es vier oder mehr Männern Platz bieten konnte und sogar mit einer marmornen Liege, die darin zum Entspannen einlud. Ohne noch weiter zu überlegen, zog der schlanke Werpanther seine Kleidung aus und schnupperte – nieste kurz, als ihm eine winzige Seifenblase in die Nase stieg und kam zu dem Vampir, umarmte ihn von hinten und zog ihn an sich, sacht an dessem Nacken dabei knabbernd. "Teilen wir das Bad ?" Die Frage war so einfach wie kurz – doch in ihr lag so vieles, ein Wunsch ebenso wie ein Versprechen und das sache, unterschwellige Verlagen Alejschas, das sich nur andeutungsweise in seinem leisen Schnurren zeigte.

Krutari hatte sich noch im Spiegel betrachtet, tastete sein Gesicht nach Bartstoppeln ab, als er Alejscha bemerkte. Er hatte leicht die Augen gerollt, als dieser sich entkleidete und auf ihn zukam. Er hatte sich ihm aber nicht zugewandt, sondern sah weiter in den Spiegel, in den Alejscha über Krutaris Schulter bei seiner Frage auch geschaut hatte. Kurz schloß der Vampir die blauen Augen und sah dann wieder auf, während er sich dem Mischwesen doch zuwandte. Sacht drückte er ihn von sich weg. "Was erwartest du eigentlich von mir ?" Er klang vorwurfsvoll. "Hast du vergessen, wer und was wir sind ? Klar gibt es jetzt wenigstens drei Bindungen zwischen uns. Aber Zwei davon scheinst du nicht ganz zu akzeptieren. Die Schuld, die ich abzutragen habe, läßt dich am Leben. Das Blutsband läßt mich am Leben. Und daß wir normalerweise Todfeinde sind, wird von unserem gemeinsamen Vorhaben überschattet." Er senkte kurz den Blick und konzentrierte sich auf das Blutsband. In Alejscha entstand der brennende Wunsch, vor Krutari auf die Knie zu fallen und ihn, seinen Herren, demütig um Erlaubnis zu bitten, sich zu entfernen. Dieser Impuls war so stark, daß Alejscha dem tatsächlich nachgab. Anfänglich hatte er sich diesem Impuls zu widersetzen versucht, aber es kam nur ein wütendes Fauchen von ihm. Erst als er seine Bitte ausgesprochen hatte, verschwand der leichte Druck an seinen Schläfen. Das Mischwesen kauerte auf seinen Knien vor Krutari. Dieser holte tief Luft und sah Alejscha an und sprach leise weiter "Ich habe weit mehr Macht über dich durch das Blutsband und deine Liebe, als gut für dich ist." Er ging in die Hocke und hob Alejschas Kinn an, so daß dieser ihn ansehen konnte "Du hast ein Bildnis von mir angehimmelt und in deinem Wunschdenken mochte ich dir gehört haben. Aber das hier ist die Realität, Kleiner. Die sieht etwas anders aus. Auch wenn wir einen Fellkampf hinter uns haben, so heißt das nicht, daß ich auch dich liebe oder deine Annäherungsversuche hinnehme." Sein Blick ruhte noch immer auf dem Jungen.

Im Gegensatz zu seinem Bruder hatte sich Krutari schon mehrere Male an jemand Anderen gebunden und sein Herz an so manch schöne Dame verloren. Aber das lag Jahrzehnte zurück, als er selbst noch kein Anführer im Krieg war. Zu schnell hätte er Jemand Geliebten verlieren können. Das hatte zumindest der letzte Kampf bewiesen. Mit Enrico hatte ihn weit mehr als das normale Kampftraining verbunden. Viel mehr. Mehr, als sich der Vampir jetzt noch eingestehen wollte. Und Alejscha sah Enrico wirklich zum Verwechseln ähnlich. Vielleicht war auch das ein Grund, warum Alejscha noch lebte. Aber er wollte nicht, daß sich der Junge falsche Hoffnungen machte.

Der junge Werpanther hatte gerade nachfragen wollen, was Krutari hätte, da er einen kurzen, inneren Kampf in den Augen des Vampirs gesehen hatte – doch dann war es ihm, als ob sein Innerstes umgedreht würde, sein Wille von ihm genommen und ein fremder Wille sein Handeln beherrschte. Sein unwillkürliches Fauchen verging sofort und als der Druck nachließ, keuchte Alejscha unwillkürlich auf. Die Worte Krutaris hatten tief in sein Innerstes geschnitten ... langsam senkte er den Blick und drehte leicht den Kopf zur Seite, als er ihm antwortete. "Ich weiß, daß du mich nicht liebst ... daß ich für dich nicht mehr als ein dummer Junge bin, der mit einer rosanen Brille durch die Gegend läuft. Ja, verdammt – ich habe mir wenigstens für eine Weile eingeredet, daß .... daß auch du etwas für mich fühlen könntest. Ich bin für dich nichts weiter als ein Werkzeug, das man benutzt und dann wieder wegwirft, nicht wahr ? Ich weiß, daß ich dir nichts bieten kann und daß ich zu schwach bin, um dir zu widerstehen. Aber ich wollte ein wenig träumen, Krutari. Von dir ...." Langsam verstummte Alejscha – ob er sich nun um Kopf und Kragen geredet hatte, war ihm egal, denn er mußte das gerade Geschehene erst einmal verarbeiten und dabei war es nicht gerade förderlich, daß der Vampir zumindest in Einem recht gehabt hatte: Er hatte ihn angehimmelt und tat es noch – jetzt noch mehr als zuvor, da er nicht nur ein Bild, sondern den wirklichen Vampir sehen und fühlen hatte können und das in jeder erdenklichen Hinsicht.

Mitleidig sah der Vampir den Jungen an. Natürlich hatte ihm die Machtdemonstration gründlich mißfallen, aber wie sonst hätte er Alejscha zeigen können, was die Wirklichkeit war ? Er seufzte leise und ließ den Kopf hängen, als Alejschas Worte in ihm nachhallten "Genau deswegen habe ich das eben getan." sagte er leise. Langsam hob er den Kopf wieder und fing den wehleidigen Blick des Jungen auf. "Du redest dir etwas ein und übersiehst mich dabei total. Du bist egoistisch in deinen Erwartungen und Forderungen. Aber ich bin kein Bild, dem du Gefühle implizieren kannst. Ich bin ein denkendes, fühlendes Wesen." und wie zur Untermalung seiner Worte berührte er Alejscha an der Schulter, auf daß dieser spüren konnte, daß Krutari wirklich real war und kein Traumgespinst. "Du vergißt über deine Liebe jedwede Gefahr und das kann ich nicht zulassen." Klang da ein Hauch von Sorge in Alejschas Ohren ? Plötzlich lächelte der Vampir ein wenig "Und jeder ist für den Anderen im Grunde ein Werkzeug in vielerlei Hinsicht. Für dich bin ich ein Werzeug, um deine Gefühle zu beantworten." Bewußt ließ er weg, wie er ihn in diesem Aspekt sah. Er schubste den jungen Werpanter spielerisch von sich, so daß dieser in der Badewanne landete. Als er mit Schaum in den Haaren wieder auftauchte, sprach er weiter "Und an deinem Ego sollten wir auch feilen. Benutzen und wegwerfen. Pha. Hältst du so wenig von dir ?" Normalerweise legte Krutari keine Erklärung über sein Handeln ab, nicht einmal ansatzweise eine Entschuldigung. Aber seltsamerweise tat er es bei Alejscha, so wie er es immer bei Enrico getan hatte. Sein Lächeln verschwand. Diesmal sah der Vampir eher wehmütig drein, leise Trauer schlich sich in seinen Blick. Er hatte bisher keine Zeit gefunden, die letzten Geschehnisse und Erkentnisse richtig zu verarbeiten. Er meinte, plötzlich innerlich zu frieren. Der Verlust seines Schülers lag doch tiefer, als ihm bisher bewußt war. Und es half verdammt wenig, daß Alejscha ihm auch noch so sehr glich. Mechanisch ließ er sich nun seinerseits ins Wasser gleiten. Vielleicht vertrieb das ja die Kälte. Aber es gab auch noch ein anderes Mittel gegen diese Kälte... auffordernd sah er Alejscha an.

Mit einem leisen Schrei war dieser im Wasser gelandet und verstummte schnell, als das Wasser über ihn hereinbrach – auch wenn er die Abneigung normaler Katzen gegen Wasser nicht teilte, nahm kurzzeitig Panik von ihm Besitz und Alejscha tauchte schnellstens und leise prustend wieder auf. Noch damit beschäftigt, sich zu beruhigen, versuchte er gleichzeitig, die Worte des Vampirs zu verarbeiten – doch dann versiegten sämtliche Versuche, als auch Krutari ins Wasser kam und damit erfolgreich verhinderte, daß der junge Werpanther zu einem klaren Gedanken fand. Nur kurz lenkte ihn ein Niesen ab, als wieder eine der kleinen Schaumblasen zu nahe an seine Nase kam – doch dann ließ er Schaum Schaum sein und kam zu dem Größeren, drängte sich an ihn und den Vampir damit an den Wannenrand, während seine Augen dabei immer dunkler wurden. "Ja, verflucht ... ich bin egoistisch, denn ich erwarte, daß du nicht so ein kaltes Arschloch bist, wie es uns immer eingebläut wurde. Ich will DICH fühlen, nicht die Lügen, Krutari ... ich will dich und es ist mir egal, ob ich dabei draufgehe, weil ich dich dann wenigstens gehabt habe ! Scheiß auf diese Statue – scheiß auf all den Mist, der zwischen Vampiren und Panthern läuft ! Zumindest hier, jetzt, kannst du doch vergessen ....." Beherrschte anfangs noch Wut den Schlankeren und gab ihm die Kraft, Krutari an den Rand zu pressen, so versiegte es nach und nach – die letzten Worte waren nur noch gewispert und schließlich gab Alejscha einfach seinem inneren Verlangen nach und küßte den Größeren verlangend, vergrub seine Hände in dessen Haaren und schnurrte rau auf, als ihre Körper einander heiß berührten.

Die hitzige Rede des Jungen ließen den Vampir unwillkürlich für einen Augenblick lächeln, bevor er wieder leicht melancholisch wirkte. Er versuchte ja, zu vergessen. Nichts wünschte er sich mehr. Doch er konnte nicht. Nicht bei diesem Anblick ! Aber vielleicht ging es ja wirklich für einen Moment.

Und begrüßend kam er nun dem Verlangen des Jungen nach. Fest schloß er Alejscha in die Arme, erwiderte den Kuss und sog dessen Wärme regelrecht in sich auf. Auch setzte er dessen Wildheit nichts entgegen, er ließ ihn gewähren. Alejscha wußte jetzt, worum es dem Vampir wohl gegangen war bei seiner Machtdemonstartion und was er mit seiner Rede beabsichtigt hatte. Anfangs wäre er ihm noch ins Wort gefallen, hätte ihm in Bezug auf die Statue wiedersprochen, weil weit mehr dran hing, als sich der Werpanther vorstellen konnte. Aber sein Einspruch war zunichte gemacht wurden durch Nähe und Wärme. In dem Mischwesen in seinen Armen brannte ein Feuer und der Vampir zehrte davon. Jede Berührung, jeder Kuss forderte diese Wärme und alle belastenden Gedanken schwanden mit jedem neuen Schauer, der über Krutaris Körper rieselte.

Alejscha bebte vor Freude und Verlangen, als er fühlte, wie der Vampir einlenkte ... er wußte, daß dies nichts mit dem zuvor Gesagten zu tun hatte – oder doch ? Aber es war ihm egal, er wollte nichts mehr, als Krutari fühlen und so gab er ihm, wonach dieser verlangte, gab es ihm gerne und knurrte weich dabei auf. Langsam küßte und knabberte er sich von den Lippen des Größeren zu dessem Hals und leckte leise aufstöhnend darüber .... Alejscha mußte sich mit Gewalt von der pochenden Ader losreißen und knurrte sanft, als er Krutari wieder an den Wannenrand drängte, seine Lenden an dessen preßte und leise aufstöhnte, als ihre beiden rasch hart werdenden Erregungen aneinander rieben. Nicht länger zögernd, drehte der junge Werpanther sich in dem festen Griff des Größeren um und legte den Kopf in den Nacken und an die Schulter Krutaris ... drängte seinen Hintern näher und wimmerte leise, als die Männlichkeit des Vampirs seine Öffnung berührte und leicht darüberstrich. Es war eine eindeutige Aufforderung ... und auch wenn er den Vampir einlud und gewähren ließ, so fühlte man doch das wilde, unzähmbare Wesen in dem jungen Werpanther, das er eigentlich immer zurückhielt.

Mit Wohlwollen registrierte der Vampir die leichte Zurückhaltung Alejschas. Zumindest in Bezug auf das vampirische Blut. Er lächelte sacht, als sich der Junge in neuer Position an ihn drängte. Aber noch kam er dessen Verlangen nicht nach. Langsam kosten seine inzwischen zu Klauen geformten Hände über den Bauch von Alejscha. Immer tiefer und tiefer. Sein Mund war von den Ohrläppchen hinab zur Halsbeuge gewandert. Genießend schnurrte er, während er die Haare aus den Genick des Jungen strich. Zeitlupenhaft senkten sich seine Eckzähne in die Haut des vor Lust brennenden Werpanthers. Er schloß die Augen, als das süße Blut seine Zunge netzte. Er wollte diesen Moment auskosten, somit verlangsamte er seine Bewegungen und hinderte diesmal Alejscha in seiner Wildheit.

Der Vampir saugte sacht an der kleinen Wunde am Hals. Immer noch waren seine Augen geschlossen, aber seine Mimik verriet Wehmut gepaart mit Sehnsucht. Aber er schien zu lächeln, auch als sich seine gehobenen Augenbrauen tief senkten.

Jedoch bekam Alejscha davon nichts mit.

Dann kam Krutari dem Drängen endlich nach. Abrupt setzte er seine Bewegungen wieder fort, senkte seine Eckzähne tiefer in das Fleisch des Werpanthers, seine Klaue erreichte Alejschas Erregung und er drang in ihn. Leise auffauchend, drückte er Alejscha an sich und löste den Vampirkuss. Die Wildheit des Werpanthers übernehmend, begannen sich seine Bewegungen und Reizungen zu forcieren.

Rau aufschnurrend, packte Alejscha die Hüften des Größeren und zog ihn so noch näher ... er genoß die Wildheit, mit der er genommen wurde ebenso wie den Biß und wimmerte leise, als der Vampir die Fänge tiefer senkte. Sein Fleisch wollte immer wieder heilen, doch das ließ der Vampir nicht zu – und ein jedes Mal, wenn dieser seine Fänge wieder in das empfindliche Fleisch Alejschas schlug, bebte dessen Körper unter dem Reiz, verhärtete seine Männlichkeit sich noch in der sie erregenden Hand und aus dem Schnurren wurde langsam ein weiches Knurren. Auch wenn Alejscha ahnte, daß dieser Sex nichts Tieferes bedeutete – für ihn war es so viel, so herrlich, daß er alles andere vergaß und nur noch den Augenblick genoß, ihn auskostete und immer tiefer atmete unter dem Erregen und den harten Stößen des Vampirs.

Nach und nach zog der Vampir das Tempo an, während er die Hand an Alejschas Hüfte löste und in das Spiel der anderen Hand um dessen steifes Glied mit einfiel. Den Halt verloren die Beiden dadurch nicht, da sich Alejscha fast schmerzhaft an Krutari festhielt. Schweratmend sog er Alejschas Duft in sich ein, kostete immer wieder dessen Blut und schnurrte kehlig.

Tief bei jedem Beißen bebend, hielt sich der junge Werpanther so lange zurück, wie er es schaffte – doch dann brach es aus ihm raus und er schrie dunkel auf, bäumte sich auf und zog Krutari dabei eng an sich, als er sich verströmte und hart um ihn verengte. Nur nach und nach verließ die Spannung seine Muskeln und auch der Atem Alejschas normalisierte sich ... es war so intensiv, so stark gewesen, daß es alle Beherrschung des Jüngeren gekostet hatte, sich nicht bei seinem Kommen zu verwandeln.

Krutari hingegen hatte es förmlich gespürt, daß sich Alejscha beinnahe verwandelt hatte. Eine ganze Menge mehr Kraft hatte plötzlich in dessen Griff gelegen und hätte beinahe gedroht, seinen Hüftknochen zu brechen. Doch dann war der Höhepunkt da, während sich Krutari in Alejschas Hals regelrecht verbissen hatte. Solch dermaßen süßes Blut hatte er noch nie geschmeckt und es schien einen hohen Suchtfaktor zu haben, stellte er amüsiert gedanklich fest. Als sich dann der Junge auch noch verengte, gab auch der Vampir seiner Lust freien Lauf und fand sich zwei Atemzüge und weniger harte Stöße selbst auf dem Höhepunkt wieder.

Schweratmend, hatte er seine Reißzähne zurückgezogen, wie auch sich selbst. Sein kühler Atem glitt noch über die sich bereits schließende Halswunde. Ermattet, aber übermäßig befriedigt, lehnte er sich zurück an den Wannenrand. Dunkel vor sich hinschnurrend, sank er auf die Massageliege zurück, tastete mit halb geschlossenen Augen nach den Amaturen und löste den Whirlpool aus. Irgendwie schaffte er es noch, seine schwarzen Haare nach hinten wegzustreichen, bevor er bis knapp unter die Nase ins warme, sprudelnde Wasser rutschte und sich der Massage der Wasserstrudel, die aus der Liege kamen, hingab. "Tust du sowas nochmal, laß ich dir vorher entsprechende Fesseln anschmieden !" flüsterte er mit humorigem Unterton, wobei er sich über die linke Hüfte rieb.

Mit einem leisen "Sorry." kam Alejscha wieder zu ihm – fasziniert ließ er die Hand durch die Luftperlen streichen und nieste wieder, als ihm eine der Seifenblasen in die Nase stieg. Dann streckte er jedoch den ganzen Arm in die Blasen und Strudel und lachte unwillkürlich auf, als sie ihn zu kitzeln begannen. In diesem Moment glich er einfach nur einem übermütigen Jungen oder einer spielenden Katze – nichts von dem Ernst, den er normalerweise trug, war zu sehen oder zu spüren und schließlich küßte er Krutari einfach überschwenglich und stieg danach wieder aus dem Wasser, erleichterte sich kurz auf der Toilette und wusch noch einmal nach, ehe er sich abtrocknete und dann leise schnurrend ein weiteres Handtuch nahm, um es neben die Wanne zu legen. "Du wirst noch eine Weile hierbleiben, Hm ? Sagst du mir, wo ich schlafen kann ? Und das mit den Fesseln ist nicht mal so dumm, Hm ?" Auch die Stimme des jungen Panthers war neckend, ebenso wie seine Augen fast leuchteten, da er so befriedigt war.

Rom

Der Vampir sah Alejscha schweigend nach, bis dieser in einem Handtuch gehüllt wieder fragend vor ihm stand. Da war eine Frage, dessen war sich Krutari sicher. Doch was hatte der Junge eben gefragt ? Er schüttelte den Kopf, um wieder Klarheit zu haben. Und da sackte auch endlich die Frage in sein Bewusstsein. "Schlafen...wo ?... na da...reicht dir das Bett nicht ?" kam es reichlich verwirrt aus der Badewanne. Bevor sie Beide das Bad vor einiger Zeit betreten hatten, hatten sie doch das Schlafzimmer durchquert. Schulterzuckend verschwand Alejscha also aus dem Bad und räkelte sich wenig später auf dem großen Bett. Erst, als Krutari gleichmäßigen, ruhigen Atem von nebenan hörte, hiefte auch er sich aus der Wanne. Er ging auf den Spiegel über einem Waschbecken zu, wischte mit einer Hand über die Spiegelfläche, weil diese vom Wasserdampf völlig beschlagen war. Der Vampir sah sich eingehend selbst in die Augen. "Was ist nur los mit dir, Junge ?" fragte er sich leise selbst. Sonst die Selbstsicherheit in Person, immer Herr der Lage, verstand er sich plötzlich selbst nicht mehr. Er hatte inzwischen Alejschas ‚Wahrheit’ über die Statue akzeptiert. Es passte einfach ins Bild. Sha’kafirs erster und letzter Einsatz würde den Untergang bringen. Krutari wagte sich nicht auszumalen, wie das genau aussehen würde. Die letzten zwei Tage waren mit extrem vielen Wendungen behaftet und ihm war bisher nicht die Zeit gegeben, alles im Bewusstsein zu verankern. Haltsuchend ging er auf die Knie und schluchzte einmal leise auf. Seine Welt, wie er sie bisher kannte, gab es nicht mehr. Alles, was er bisher als wahr und gegeben angesehen hatte, war eine große Lüge gewesen. Er war sich sicher, dass selbst in dem letzten Kampf, den er für die Familie gefochten hatte gegen die Werkatzen, gegen ihn ein Verrat ausgeübt worden war. Amar hatte immer dafür gesorgt, dass die Zwillinge nie zusammen agierten. Immer getrennt waren. Jetzt schon seit über einem Jahr. Er schien ihre Kraft zu fürchten ! Krutari umgriff sich selbst, seine Seele fror, er glaubte, Eis statt Blut in den Adern zu haben. Nach und nach fasste der Vampir sich wieder, er suchte sich einen neuen Platz in der Welt mit einem neuen Ziel, erstaunlich schnell schloß er mit seinem bisherigem unheiligem Leben ab und fand sich mit der Realität der Dinge ab.

Als Krutari neben das Bett trat, war er wieder der selbstsichere, unbeugsame Vampir wie zuvor. Leise kroch er auf das Bett, kniete sich neben Alejscha hin und strich ihm durchs noch feuchte Haar. Es musste einen Sinn haben, warum ihn das Schicksal grad mit diesem Wesen zusammengeführt hatte. Alles hatte einen tieferen Sinn.

Am nächsten Morgen standen Alejscha und Krutari am Schalter im Flughafen. Am Vortag hatte Krutari für ihre Reise nach Newel alles in die Wege geleitet und so nahmen sie nun ihre Tickets entgegen.

Die Reise verlief ereignislos. Niemand hielt sie am Zoll auf, keine Schwierigkeiten erwarteten sie in Trier, auch das bestellte Auto stand schon am Flughafen bereit. Krutari hatte sich in überlegendes Schweigen während er Reise gehüllt, aber sein Lächeln wurde mit jedem Kilometer, den sie hinter sich gebracht hatten, regelrecht sonniger.

Trier, Newel

Dann standen sie in der Halle der Kirche auf dem alten Friedhof in Newel.

Die Sonne schickte ihre Strahlen vereinzelt durch das Gemäuer und kleine Staubschwaden glitzerten, wenn sie durch die Sonnenstrahlen glitten. Staub, aufgewirbelt von schweren, hallenden Schritten.

Sha'kafir stand vor dem ehemaligen Altar und sah zu dem zerbrochenem Kreuz auf, während Col wartend auf einer umgestürzten Säule saß. Langsam drehte sich Sha'kafir um und die Kälte wich sichtlich aus seiner Gestalt. Zwei Vampire, die sich bis auf das letzte Haar absolut glichen, als wären sie geklont, sahen sich an. Gleichzeitig setzten sie sich in Bewegung, spiegelgleich überbrückten die Zwillinge die letzten trennenden Meter. Dann umarmten sie sich herzlichst und küssten sich, was nicht grad brüderlich schien und sogar Eifersucht heraufbeschwören könnte. "Sha'kafir !" raunte Krutari und lächelte breit. Er löste sich aus der Umarmung und umrundete seinen Bruder. "Du hast dich verändert... warte..." er sog die Luft prüfend ein, schloß dabei die Augen und verharrte einen Moment, in dem Sha'kafir entnervt mit den Augen rollte, die Arme vor der Brust verschränkte und ungeduldig mit dem Fuß tappte. Dann riß Krutari seine Augen überrascht auf. "Du..!" sagte er noch laut und trat wieder an Sha'kafir näher heran "Du liebst..." stellte er um Einiges leiser fest. Schocksteif sah Sha'kafir Krutari an, denn er selbst hatte sich diesen Umstand noch nicht so recht eingestehen wollen. Ein wissendes Lächeln schenkte derweil Krutari Col. "Dein Auftrag lebt also noch ?" scherzte er, denn er wusste von Sha'kafir, dass der sich ihm offenbart hatte und sie mehr oder weniger zusammen arbeiteten. Dann ging er auch schon auf den Forscher zu. Sha'kafir drehte sich abrupt zu Krutari um, hob eine Hand, um seinen Bruder aufzuhalten "Nicht, Krutari !" Doch das kam zu spät. Sein Zwilling hatte Col bereits erreicht, streckte ihm die Hand entgegen, die der Forscher reflexartig völlig perplex ergreifen, noch im letzten Moment zurückziehen wollte. Doch da hatte Krutari schon zugegriffen und zog Col auf die Füße. In einer nicht weniger herzlichen Umarmung begrüßte er ihn und drückte auch ihm einen Kuss auf den Mund. Sha'kafir schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn und schüttelte den Kopf. "Mußte das sein ?" fragte er Krutari, als er sich wieder von Col gelöst hatte und zurück zu Sha'kafir ging. Brüderlich hieb er ihm auf den Rücken und nahm seinen Kopf mit einem Arm überraschend schnell in die Zange, rubbelte mit der geballten Faust auf seinem Kopf hin und her, so dass er ihm die Haare verstrubbelte. "Verflucht, laß das !" fauchte Sha'kafir und versuchte sich zu befreien. Als er dann endlich losgelassen wurde, sah er vernichtend seinen grinsenden Bruder an. Wieso musste der sich immer wie ein älterer Bruder ihm gegenüber aufführen ? Die paar Sekunden, die Sha'kafir später auf die Welt kam, waren doch nun wirklich kein Grund für solch ein Benehmen. Auch fragte sich Sha'kafir immer wieder, warum sie sich zwar äußerlich absolut glichen, aber sich ihre Persönlichkeiten um so mehr unterschieden. Er war immer der Eisblock gewesen, kühl distanziert und unnahbar. Krutari war ein Lebemann, die Frohnatur in Vampirgestalt. War Sha'kafir der ewige Pessimist, so gewann Krutari doch jeder Situation ein Körnchen Gutes ab. Resignierend seufzte Sha'kafir und sah über Krutaris Schulter zu "Enrico ?" Er schob seinen Bruder zur Seite und machte ein paar Schritte auf den Jungen mit den saphierblauen Augen zu und blieb erschrocken stehen. "Ein Werpanther !" fauchte er überrascht. Davon hatte ihm sein Zwilling noch nichts gesagt. Aus alter Gewohnheit und ohne nachzudenken, flog Sha'kafirs Waffe ihm regelrecht in die Hand und er legt bereits auf das Mischwesen an. Ihm kam nicht in den Sinn, dass von dem Jungen keine Gefahr ausgehen kann, da er ja sonst nicht in Begleitung seines Bruders hierher gekommen wäre. Nicht so, nicht als frei herumlaufende. potentielle Gefahr ! Doch diesen Denkanstoß gab Krutari schnellstens, indem er Sha'kafir vor den Lauf der abgesägten Doppelschrotflinte sprang und selbigen zur Seite drückte. Fragend sah er Krutari an, der nur den Kopf schüttelte. "Immer getrost nach dem Motto, erst schießen, draufhaun, zustechen, Kopf abreißen, dann fragen. Nicht wahr ?" Hatte Krutari noch gelächelt, wurde er plötzlich ernst. "Es wird Zeit, Sha'kafir." flüsterte er. Dieser machte große Augen und ging rückwärts von seinem Bruder weg, als würde der eine ansteckende Krankheit oder so etwas haben. "Nein, nicht das... " sagte er hastig. "Ein Jahr... so wird es schneller gehen." raunte Krutari beschwichtigend. Knurrend hob Sha'kafir warnend die Hand "Aber laß die..." Zu mehr kam der Vampir nicht. Krutari hatte nicht einmal einen Herzschlag lang gebraucht, die zwei Meter zu ihm zurück zu legen. Er umgriff Sha'kafir's Hals, faltete seine Hände in dessen Nacken und zog die Stirn seines Bruder an die seine heran. Erschrocken ließ Sha'kafir die Waffe fallen und krallte sich in die Oberarme seines Zwillings. Und dann waren sie auch schon verbunden. Ihre Gedanken flossen in den jeweils Anderen über. Jemand hatte mal gesagt, dass die Zwillinge eine gemeinsame Seele hatten, die sich in zwei Körper aufteilte. Und diese Seele wollte jetzt wissen, was der jeweils Andere in dem einen Jahr der Trennung alles erlebt hatten. Beide keuchten über die Flut von Informationen auf. Hin und wieder wechselte die Tonlage. Sha'kafir schrie plötzlich auf und griff mit einer Hand nach seinem Schenkel und war gezwungen auf die Knie zu gehen. Krutari tat es ihm gleich, immer darauf bedacht, den Kontakt nicht zu lösen. Dann schien Sha'kafir fiebrig zu sein, seine Wangen hatten sich gerötet und ihm trat Schweiß auf die Stirn. Laut aufstöhnend wollte er sich nach hinten wegkippen lassen. Doch Krutaris Griff verhinderte das. Ihm ging es zeitweilen nicht anders. Doch er schien das Fieber zugenießen, was bei Sha'kafir eher nach einer Tortur ausgesehen hatte. Krutari lächelte sogar süffisant. Noch einmal bäumte sich Sha'kafir in Krutaris Griff auf, Stoff riß unter seinen Krallen und er keuchte gepresst auf. Dann entspannten sich ihre Körper langsam wieder. Sha'kafirs Arme sanken auf den Boden und japste nach Luft. "...Details weg !" vollendete er den Satz, den er vor der Gedankenverschmelzung begonnen hatte, doch leider hatte ihm sein Bruder diesen Gefallen augenscheinlich nicht getan. Krutari hatte noch immer seine Hände in Sha'kafirs Nacken und ließ ebenfalls schweratmend die Informationen sacken. "Amar !" grollte es aus beiden Kehlen gleichzeitig. Es klang nach der Eröffnung eines Krieges. Die Zwillinge sahen sich an. Es wartete eine Menge Arbeit auf sie, sie mussten sich beraten und Entschlüsse wegen Amar und der Statue ziehen. Es gab für die Zwillinge nun keine Zweifel mehr. Zwei von einander völlig unabhängige Quellen, nämlich Col und Alejscha, hatten klare Beweise gefunden, die gegen Amars Vorhaben sprachen. Er musste aufgehalten werden. Und sie mussten sich nun wirklich damit abfinden, Abtrünnige zu sein, womöglich gezwungenermaßen gegen die eigene Familie zu kämpfen. Auch wenn Krutari und Sha'kafir mörderische Blutsauger waren, ihren Gegnern und Opfern keine Gnade zeigten, so stand die Familie doch weit darüber. Mit Sicherheit würde Amar ihnen die Statue nicht kampflos überlassen und bevor die Zwillinge mit Anderen reden könnten, würde Amar sicher genug Gift verspritzt haben, dass den Zwillingen niemand mehr glauben würde. Doch noch konnte das warten. So wie vorhin Krutari die Liebe bei Sha'kafir hatte spüren könne, so spürte dieser den Schmerz in Krutari. "Enrico..." flüsterte Sha'kafir nach einer Weile sehr leise und Krutari nickte traurig. Doch schnell fasste sich der wenig Ältere der Brüder wieder, erhob sich, klopfte sich den Staub von den Knien und zog Sha'kafir auch auf die Füße. "Ich darf dir Alejscha vorstellen.." verkündete er mit einer ausholenden Geste, die mit ausgestreckter Hand endete. Heranwinkend hielt Krutari Alejscha seine Hand hin. Noch bevor der Werpanther eine Reaktion darauf machen konnte, wandte sich Sha'kafir zu Col um, für den die letzte halbe Stunde ein Buch voll Fragen aufgeworfen haben musste, ganz zu schweigen von den vielen Erklärungen, die der Forscher sicher von Sha'kafir erwartete, angefangen mit dem Kuss von Krutari. Sha'kafir wusste nicht auf Anhieb, ob er seinen Bruder schon einmal gegenüber Col erwähnt hatte. Wenn, dann hatte er aber sicher nichts von einem eineiigen Zwilling gesagt und auch nie etwas davon durchblicken lassen, dass die Zwillinge nicht nur ein Aussehen teilten, sondern so ziemlich alles Andere auch.

Fragezeichen war gelinde gesagt, noch untertrieben ... schon, als Col Krutari gesehen hatte, wußte er nicht, was sagen. Doch als ihn der Zwilling küßte, verließ sämtliches rationales Denken den Forscher. Dieser Kuß war so anders und trotzdem ähnelte er dem Shaks – es dauerte ein paar Herzschläge, bis Col nach dem Kuß wieder ansprechbar war und erst da bemerkte er Alejscha, der zu ihm gekommen war und sich gerade am Kopf kratzte. Dann zuckte der junge Werpanther mit den Schultern, setzte sich auf eine der Bänke und zog den Forscher einfach mit sich runter, raunte ein leises "Hi, ich bin Alejscha ... du bist der Gefährte von Shak, Hm ? Glückwunsch .....", das Col nur mit einem verdatterten "Hi, ich bin Col.... und ja .... Danke ?" beantwortete. Beide hatten keine Ahnung, was die beiden Brüder da machten, doch sie fühlten instinktiv, daß es besser wäre, sie nicht zu unterbrechen. Erst, als diese fertig waren und Krutari ihn rief, stand der junge Werpanther langsam auf und schluckte schwer – er fühlte, daß Shak anders war, auch wenn er körperlich Krutari glich und eine leichte Angst erwachte in ihm, als er zu Krutari kam, dessen Hand ergriff und ein klein wenig hinter ihm blieb, als er ein leises "Hi....?" zu dem anderen Vampir sprach, während Col einfach nur sitzen blieb und ratlos eine Braue hob.

Sha'kafir sog scharf die Luft ein. Der Vampir musterte den vermeindlichen Ex-Feind. Krutari atmete hörbar aus. "Na los, begrüß ihn schon. Der beißt nicht..ähm..wie auch immer." Sha'kafir wollte ihm gerade widersprechen, da er in dem Gedankenaustausch was ganz was Anderes gesehen und gespürt hatte. Doch da schubste ihn Krutari auch schon auf Alejscha zu. Widerwillig begrüßte er ihn also, indem er seine Hand ergriff und diese kurz schüttelte. Trotzdem sagte er nichts. "Oh man, ne Auster ist nichts dagegen." murmelte Krutari augenrollend. Deutlich konnte Alejscha jetzt den feinen Unterschied zwischen den Zwillingen spüren. Ein eisiger Hauch umgab Sha'kafir. "Wir gehen am Besten erstmal ins Hotel zurück." beschloß Sha'kafir und ging auf Col zu. "Alejscha hat einiges Interessantes für dich. Alte Schriften, die deine Theorien gegen Amar untermauern."

Noch immer ein wenig durch den Wind, nickte der junge Forscher auf die Worte - erst dann begriff er überhaupt, was der Vampir sagte, und sah interessiert zu dem jungen Werpanther, der Sha'kafir nur mit einer hochgezogenen Braue betrachtet hatte, ehe er ihm zu Col gefolgt war. "Stimmt das, Alejscha ? Erzähl doch ..." Jener lächelte erfreut, begann nun eine recht rege Unterhaltung mit dem jungen Menschen und sprach über die Aufzeichnungen, die sie eingescannt hatten. Sie achteten eigentlich Beide nicht mehr auf die Vampire, sondern folgten ihnen weiterhin redend zurück ins Hotel, wo sie dann die Scans mit den Informationen, die Col zusammengetragen hatten, verglichen und auch hier die beiden Vampire eigentlich völlig ausblendeten.

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