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  ”Der Blumengarten des Conte Verdun”  02
 

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Leise summend, trat der dicke Koch aus seiner Kammer und schlug den Weg in die Küche ein ... auch wenn ihr Herr immer erst am Nachmittag aufstand, so waren die Diener und anderen Bediensteten schon in der Frühe auf und wollten ihr Essen haben, um dann das Tagewerk zu beginnen. Gutgelaunt kam der Koch in seiner Küche an und richtete schon einige Dinge her, wandte sich zum Ofen, um ihn anzuheizen und erschrak mit einem schrillen Schrei, denn auf der Bank des Kachelofens lag ein großer Mann, der als Pirat verkleidet war.

Bis eben hatte Tonio satt und zufrieden am noch warmen Ofen geschlafen. Er hatte den Koch gar nicht gehört, aber jetzt fiel er, geweckt von dem schrillen Schrei, von der Bank und knallte hart auf den Boden der Küche. "Verdammte Scheiße nochmal, gehts nicht noch lauter ?!" donnerte er den Koch an und knurrte dunkel, als er sich aufraffte und versuchte klarzumachen, wo er sich überhaupt befand. Es fiel ihm nach einigen Momenten wieder ein und er beruhigte sich wieder.

"Dio mio ... wer seit ihr ? Und was tut ihr in meiner Küche ?" Der Koch war noch immer völlig durcheinander, gerade auch deshalb, weil dieser Fremde so hart auf den Boden geknallt war und ihn so angeschrien hatte. Emilio war noch nicht lange hier, gerade mal sechs Jahre - doch er wußte inzwischen gut, daß sein Herr niemals Gäste über Nacht behielt und deshalb war ihm dieser große Mann mehr als nur unheimlich. Außerdem hatte sich unter den Dienern herumgesprochen, daß die Stadtwache Gestern hiergewesen war - und dieser Mann hier ... er ... erschrocken wich der dicke Koch einige Schritte zurück, denn erst jetzt erkannte er das unverkennbare Piratenkostüm, das der Dieb laut der Beschreibung tragen sollte.

Tonio lächelte kurz schelmisch. "Mach dir mal nicht ins Hemd. Dein Herr hat gesagt, ich kann bleiben oder gehen. Hab mir hier Gestern noch an den Resten den Bauch vollgeschlagen und bin am Ofen eingeschlafen." Aus Spaß trat er dem Koch etwas zu nahe und knurrte weich.

Jener quietschte kurz auf - doch dann atmete er durch und seufzte leise, strich sich über das Gesicht und grinste schließlich schief. "Gut ... aber bitte erschreckt mich nicht mehr so, ja, Herr ? Werdet ihr noch bleiben ? Oder reist ihr Heute ab ? Nur, damit ich weiß, wieviel ich kochen muß ...."

"Ich bleib noch ein wenig... und von mir aus musst für mich nicht kochen, ich esse auch rohes Fleisch." Er lachte und schnappte mit den Fängen vor dem Gesicht des Kochs zusammen. "Etwas schreckhaft bist du." lachend, wandte Antonio sich wieder ab, seine Blase drückte und er ging in den Flur vor der Küche und stellte sich in eine Ecke um es dort zu tun, es war ja so gang und gebe.

Just in diesem Moment kam der oberste Diener den Gang entlang und schrie ein erschrockenes "Nein !!!" - lief zu ihm und hielt ihn zurück, um mit vor Schreck weiten Augen zu dem Dieb hochzusehen. "Ich bitte euch, haltet ein. Der Herr wird wütend, wenn ihr eure Notdurft einfach in den Gängen verrichtet - er hat dafür gesorgt, daß es eine sauberere Lösung gibt, kommt, ich zeige es euch, Herr." Und noch während er sprach, zog er ihn weiter, zu einer Türe an der Seite, öffnete sie und deutete auf die gemauerten Sitzbänke und auch die Rinne an der Wand, die kontinuierlich mit fließendem Wasser gespeist wurden. "Waschschüsseln und Lappen findet ihr hier an der Seite, Herr - in jedem Stockwerk und jedem Flügel des Schlosses gibt es solche Räume, sie sind erkennbar an den goldenen Blüten, die daneben in Augenhöhe angebracht sind." Dann ließ er den Gast alleine und schloß die Türe hinter sich, froh darum, ihn noch früh genug erwischt zu haben.

Tonio wusste erst gar nicht, was los war, lachte dann aber, als er erkannte, was das hier war. "Hey, nicht übel hier." Mit den Worten trat er vor eines der Löcher, die in der Sitzbank waren, und erleichterte sich dort in das fließende Wasser. "Hab mich schon gewundert, warum es hier nicht stinkt... gefällt mir." Er sprach leise zu sich und verstaute seine Männlichkeit wieder in der Hose, bevor er sich die Hände wusch. Dieses Schloss gefiel ihm wirklich immer besser und nach Kurzem kehrte er in die Küche zurück und kuckte dem jungen Koch über die Schulter. "Lecker."

Jener seufzte nur leise und nickte - nahm die Rühreier und den Speck vom Herd und gab sie in ein Teller, dieses dem Dieb und nickte auf den großen Tisch an der Seite, der um diese Zeit noch leer war. "Setzt euch ... die anderen Diener sind noch nicht auf, ihr solltet aber mit dem obersten Diener klären, wie lange ihr hierbleibt und wo ihr dann schlafen werdet, Herr."

Tonio setzte sich sogleich und schnupperte am Rührei mit dem Speck. Von dem Brot, das auf dem Tisch in einem Korb war, schnitt er sich noch eine dicke Scheibe ab und fing dann hungrig an zu essen. Zwar hatte er am Abend zuvor schon reichlich zu sich genommen, aber er wuchs ja noch, mit fünfzig war er als Werwesen noch nicht ganz ausgewachsen. "Erzähl mir von deinem Herren ?.. Er hat nicht viel über sich erzählt und keine Angst, ich bin kein Schwätzer."

Überrascht sah der Koch zu ihm, während er gerade das Frühstück für die anderen Diener richtete - dann wurde sein Gesicht ernst und er seufzte leise, ehe er ihm ebenso leise antwortete. "Er ist ein guter Herr. Er sorgt für uns alle und wir dienen ihm gern. Unter Tags wirst du ihn nicht sehen - erst, wenn es dunkel wird. Und frag nicht weiter ... wenn der Herr es dir erklären will, dann ist es die Entscheidung des Herrn, ich sage nichts weiter." Man merkte die Treue des Kochs mehr als nur deutlich - und die Zurückhaltung, die er gegenüber diesem Fremden empfand, der so einfach bei ihnen reingeschneit war und nun scheinbar eine Weile zu bleiben schien.

"Ich versteh schon." beruhigte Antonio den Koch und aß in Ruhe zu Ende. "Ich vermute, daß mir Keiner von euch die Fragen beantworten würde... Ich frage deinen Herren dann selber." Dessen Gemächer würde er finden, den feinen Geruch des Mannes hatte er noch immer in der Nase und er hatte auch keine Scheu, ihn bei Tag zu wecken. Das würde er den Dienern und dem Koch nicht unter die Nase reiben.

Was auch mehr als nur gut war - die Diener hatten sich angewöhnt, die Hausarbeiten und auch die Arbeiten im Garten ruhig zu erledigen, um ihren Herren nicht zu früh zu wecken. Apoll selbst schlief noch, wie es seine Angewohnheit war ... so mußte er weniger Zeit in seinem verhaßten Körper verbringen, auch wenn ihm der Tag fehlte. Und dieser Morgen war keine Ausnahme - erst, als das ihn so peinigende Tageslicht erwachte, ging Apoll zu Bett und schlief nun unruhig in seinem verdunkelten Zimmer, traumlos und doch verfolgt von seinen Ängsten und den Eindrücken, die sein anderer Körper ihn fühlen ließ.

Das würde Tonio aber nicht bremsen, er hatte einen kurzen Blick auf den verhassten Körper Apolls werfen können und er fand ihn mehr als interessant. Geweckt von der Neugierde, erhob er sich vom Tisch und verließ einfach die Küche, um seiner Nase zu folgen. Lange brauchte er nicht und so stand er vor der geschlossenen Tür von Apolls Gemächern. Ein kurzes Lauschen sagte ihm, daß Apoll noch schlief, auch wenn er hören konnte, wie unruhig es war. Lautlos trat er ein, es war dunkel, aber seine Augen gewöhnten sich rasch daran und er konnte alles gut erkennen. So trat er langsam auf das Bett mit dem schlafenden Riesen zu und blieb davor stehen, um ihn zu betrachten. Die schwarze Haut war voller Narben, das Gesicht war nicht entspannt wie das eines Schlafenden, er musste schlecht träumen.

In seinen Träumen sah Apoll wieder den Empfang, an dem alles begann ... fast eine jede Nacht peinigte ihn dieser Alptraum, zeigte ihm in kristallklarer Deutlichkeit, daß er dieses Los hätte verhindern können, wenn er damals dem Drängen des Kardinals nachgegeben hätte. Doch es hätte ein anderes Gefängnis bedeutet ... eines, das vielleicht noch schlimmer gewesen wäre als das Jetzige. Unruhig wälzte der Schwarzhäutige sich unter den Fellen und knurrte leise, ballte die Fäuste und öffnete sie dann wieder, während er in seinem tiefen Schlaf weder den Besucher, noch die Wunden an seinen Handflächen bemerkte, die sich erst nach einigen Herzschlägen wieder schlossen.

Mit etwas schief gelegtem Kopf beobachtete Tonio schweigend weiter die Szene vor sich. Trotz der Größe und dem gefährlichen Aussehen Apolls hatte er keine Angst vor ihm, im Gegenteil, er tat ihm leid. Wie ein verletztes Tier lag er schlafend da, es war fast greifbar, daß Apoll nicht wirklich bösartig war in der Form, nur wütend. Erst als Apoll wieder ruhiger schlief, trat er noch dichter ans Bett und strich sanft über die Stirn Apolls.

Im selben Augenblick schoß dessen Hand vor und packte die Antonios, während der Schwarzhäutige die Augen aufschlug und laut knurrend die langen Fänge fletschte. Erst langsam erkannte er, daß es sein neuer Gast war und das Knurren verstummte ... dann ließ er ihn los und strich die langen, goldroten Haare aus seiner Stirn, setzte sich auf und knurrte ein leises "Verschwinde, bevor ich dich verletze." zu ihm.

"Wenn du deine Wut etwas zügelst, dann verletzt du mich schon nicht." wisperte Tonio und setzte sich einfach auf das Bett. "Und solltest es doch tun... meine Wunden heilen wieder, ebenso wie deine." fügte er an und wies auf die Hände Apolls, in denen noch das eingetrocknete Blut klebte.

Als der Andere sich setzte, war der Schwarzhäutige instinktiv ein wenig zurückgewichen, doch dessen Worte verwirrten ihn regelrecht. "Ich weiß, daß meine Wunden heilen ... das ist Teil meines Fluchs, ich kann nicht sterben. Aber wieso ist das bei dir auch so ?! Ich verstehe das nicht - ich verstehe es nicht !" Einen Moment lang erwachte wieder die Wut Apolls, die in dieser Gestalt so allgegenwärtig war - und die Nähe des Anderen machte es nicht besser, denn der junge Conte fürchtete dessen Nähe, wollte es aber nicht offenbaren, da es eine Schwäche war.

"Weil ich ein Werwesen bin. Wir haben Selbstheilung.... hast du noch nie von uns gehört ?" Das war für Tonio neu, denn selbst in kleinen Dörfern gab es Legenden über die Werwesen. "Wesen, die menschlich aussehen und sich in Tiere wandeln können.... Werwölfe sind am Bekanntesten." erklärte er leise. Sein Blick lag auf Apoll, er fand ihn einfach faszinierend.

Nun doch ein wenig skeptisch, hob Apoll eine Braue und musterte den Anderen. "Ja, von Werwölfen habe ich schon einmal gehört .... sie sollen den Legenden nach nur bei Vollmond zu sehen sein und Menschen fressen. Aber ich habe niemals viel auf diese Legenden gegeben, sie sind allzuoft nur Geschwätz. Ebenso wie die von Hexen oder Drachen." Man hörte deutlich heraus, daß er bisher nichts darauf gegeben hatte - doch jetzt wurde der Schwarzhäutige eines Besseren belehrt und schüttelte nur ungläubig den Kopf, ehe er seine Augen schloß und sich wieder hinlegte. "Sieht so aus, als wäre es nicht nur Geschwätz ... auch wenn ich nicht weiß, wie mir das weiterhelfen soll. Ich bin müde."

Tonio schnaubte leicht und erhob sich vom Bett. "Aber an schwarze und weiße Magie glaubst du, ja ?.... Es gibt noch mehr als das... Warum hast du nicht einen Schamanen gesucht ? Der hätte dir besser helfen können als diese Magie." Mehr sagte er nicht, er wollte die Neugierde Apolls wecken und steuerte auch schon auf die Tür zu, um zu gehen.

Es dauerte einen Moment lang, bis Jener begriff - doch dann sprang er auf und packte den Werpanther, schlug ihn an die Wand und knurrte laut, während er ihn mit zu schmalen Schlitzen verengten Augen wütend musterte. "NATÜRLICH glaube ich an die schwarze und weiße Magie - ich sehe ja nur zu gut an mir selbst, wie verdammt wirklich sie ist !! Und was schwafelst du von Schamanen ?! Ich brauche keine indianischen oder afrikanischen Regenmacher, das kann ich besser als sie !" Es war mehr als nur deutlich erkennbar, daß Apoll keine Ahnung davon hatte, daß es nicht nur menschliche, sondern auch Schamanen der Werwesen gab.

"Idiot... ich mein nicht diese Schamanen. Ich mein einen Werwesen-Schamanen. Sie kennen die Natur und ich bin sicher, einer von ihnen wird dir helfen können." Auch wenn sein Instinkt sagte, er solle sich wandeln, so tat Antonio es nicht, er wollte Apoll nicht noch wütender machen, auch wenn er mit seinem losen Mundwerk genau das tat.

Mehr als nur irritiert, ließ der Schwarzhäutige langsam von ihm und lockerte den harten Griff - dann schüttelte er kurz den Kopf und ein seltenes, trauriges Lächeln erwachte auf den in dieser Gestalt harten Zügen Apolls. "Selbst wenn es diese Schamanen deines Volkes wirklich gibt - wie sollen sie mir mit dieser schwarzen Magie helfen können ? Nicht bei diesem Fluch, Antonio. Es ist gut gemeint, daß du mir wieder Hoffnung geben willst - doch ich habe Angst davor. Noch einmal enttäuscht zu werden, wenn ich zuvor hoffen konnte ... das .... das würde ich nicht mehr ertragen."

"Schamanen können mehr als Magier.. sie sind verbunden mit der Natur, die Magie ist reiner als die eines Magiers. Ich kann nicht sagen, wie sie es machen, aber ich bin sicher, daß ein Schamane dir besser helfen kann. Urmagie ist stärker als jede Andere." Tonio kam wieder näher und berührte die Wange Apolls. "Und ich weiß nicht, was du gegen diesen Körper hast, er ist doch sehr schön und strotzt vor Kraft."

Fast augenblicklich wich der Schwarzhäutige zurück und packte Antonio am Arm - dann schüttelte er den Kopf und wich noch weiter zurück, während er sichtbar schockiert war. "Wie kannst du so etwas sagen ?! Siehst du nicht, was ich bin ?!! Ein verdammtes Ungeheuer, das nichts Anderes kann, als zu verletzen und zu zerstören !! Nicht einmal meine geliebten Blumen kann ich in dieser Gestalt berühren, diese verdammte Kraft dieses verfluchten Körpers ist zu nichts Anderem nutze, als zu töten !!!" Der Schock der weichen Worte und vor allem der Berührung des Werwesens verflog schnell, als die Wut Apolls wieder Überhand bekam - ohne, daß er es bemerkte, brüllte der Schwarzhäutige auf und packte einen der Marmortische, schlug die kristallenen Krallen durch den harten Marmor und schleuderte den schweren Tisch an die Wand, an der er zerschellte.

Tonio sah zu, dann wandelte er sich in seine Halbform und zerfetzte mit den Krallen seine zu enge Kleidung. Sie wäre eh gerissen, wenn er sich bewegt hätte. Jetzt war er so groß wie Apoll, seine Haut war mit einem pechschwarzen Fell überzogen, seine Augen schimmerten Hellblau und selbst jetzt hatte er noch die Zöpfe, die wie eine Mähne über seinen breiten Nacken wallten. "Dann lerne deine Wut zu zügeln." raunte er etwas knurrig und kam langsam auf den Schwarzhäutigen zu. "Selbst so kann man sanft sein."

Fast augenblicklich verklang das Denken Apolls und er knurrte wieder auf ... die Instinkte, die in dieser Gestalt so übermächtig waren, übernahmen die Kontrolle über ihn und er fühlte die Gefahr, die der Werpanther darstellte. Noch nie zuvor war ihm ein ebenbürtiges Wesen begegnet - und als Antonio näherkam, stürzte er sich auf ihn und drängte ihn zurück, schlug die langen Fänge in dessen Schulter und knurrte tief in seiner Kehle, während Angst, Scham und Unsicherheit in gleißende Wut gewandelt wurden.

Ein dunkles Knurren machte sich in Antonios Kehle breit, es wurde zu einem lauten Fauchen, bevor er seine Krallen in den Rücken Apolls schlug. Auch bei ihm machte sich sein Instinkt breit, doch er wusste noch klar zu denken. "Gibt es nichts Anderes als Wut ?" fragte er laut, dann stemmte er sein Bein gegen seinen Angreifer und drückte ihn mit aller Kraft von sich weg, so daß Apoll einmal quer durch das Zimmer flog.

Mit einem lauten Krachen landete Jener in einem anderen Tisch und zerbrach ihn so völlig - einen Moment lang völlig orientierungslos, brauchte Apoll einige Herzschläge, um sich wieder zu fangen. Er konnte nicht kämpfen - zumindest nicht so. Als junger Mann hatte er das Schießen und Fechten gelernt, doch Beides war in diesem Körper völlig unmöglich. Und er ahnte, daß Antonio über eine wesentlich größere Erfahrung im Kämpfen verfügte, wohingegen er selbst nur seine Wut und seine Instinkte hatte. Langsam stand er auf und knurrte leise ... Apoll wußte nicht, wie er mit dieser Situation umgehen sollte, er hatte Angst, doch diese wandelte sich instinktiv in Wut und diese durchdrang ihn so vollkommen, daß er erneut zu denken aufhörte.

Doch Tonio würde ihn noch weiter verwirren. "Ich will nicht kämpfen, ich habe mich nur gewehrt." Lächelte und wandelte sich dann in seine Tierform. Jetzt stand ein schwarzer Panther vor Apoll, wieder wurde er von den hellen Augen angeschaut. Vielleicht würde ihn das etwas beruhigen, denn Tiere haben eine merkwürdig beruhigende Wirkung. Gut, ein Panther war vielleicht kein kleines Kätzchen, aber einen Versuch war es wert.

Fast augenblicklich verrauchte die Wut Apolls und ließ ihn ratlos zurück. Noch niemals in seinem Leben hatte er gesehen, wie sich ein Mensch in ein Tier verwandeln konnte .. und nochdazu in ein Tier, das er nur aus Erzählungen kannte. Langsam, doch ohne Antonio aus den Augen zu lassen, ging der Conte zu seinem Bett und setzte sich - er war jenseits von verwirrt und wußte nicht, was er tun sollte, denn seine Instinkte sprangen nicht an bei dem geschmeidigen Tier und sein Verstand, der in dieser Gestalt so oder so seinen Gefühlen untertan war, konnte ihm auch nicht weiterhelfen. Apoll versuchte, zu begreifen - doch je mehr er seinen Verstand marterte, desto weiter schienen jegliche Lösungen entfernt und so legte er sich einfach hin, schloß die Augen und legte den Arm über sie, während er mit dem letzten Rest Selbstbeherrschung, der ihm noch geblieben war, ein Zittern verhinderte.

Daß es so heftig werden würde, hätte Tonio nicht erwartet, er kam zum Bett, sprang lautlos herauf und legte sich schnurrend zu Apoll. Er hatte ihn nicht so verwirren wollen und langsam wurde ihm klar, wie diese Form des hübschen Mannes tickte. Hier wurde er nur von Instinkten beherrscht, weniger von seinem Verstand.

Einen kurzen Moment lang erschrak der Rothaarige - doch dann beruhigte er sich wieder und sah zu dem schnurrenden Panther, unsicher, was er tun sollte. Gerade hier stritten sich sein Instinkt und Verstand, da es das erste Mal überhaupt war, daß irgendjemand - oder irgendetwas ? - außer ihm selbst in diesem Bett lag. "Ich verstehe dich nicht, Antonio ... ich ... ich verstehe es nicht. Wieso tust du das ?" Es lag keine Anklage in diesen Worten - eher eine unbewußte Resignation, denn Apoll verstand ihn wirklich nicht ... und auch nicht, was der Andere mit all dem bezweckte.

Wenn Tonio in der Gestalt sprechen könnte, hätte er es wohl getan, so musste er sich wieder wandeln und tat es auch. Er wurde wieder zum Menschen, denn die Zwischenform war bedrohlich für Apoll. "Ich weiß auch nicht... ich hab das Gefühl, es ist richtig, das zu tun." Er wisperte durch sein Schnurren hindurch. Der warme Körper Apolls war ihm angenehm.

Als Antonio sich wandelte, schreckte der Rothaarige kurz zurück - doch dann beruhigte er sich wieder, denn dieses Schnurren war so ungewohnt und angenehm, daß er nicht mehr die Kraft hatte, wütend zu werden. Also sagte er nichts mehr, nickte und schloß seine Augen, als der Schlaf wieder über ihn kam. Er war noch von der Nacht erschöpft und hatte nur wenige Stunden Schlaf hinter sich, so daß dieser kurze Kampf ihn mehr als nur erschöpft hatte, sogar so sehr, daß ihn nicht einmal mehr die Nähe des Anderen störte. Zumindest jetzt nicht.

Als Apoll einschlief, lächelte Tonio. Er war erleichtert, daß sein Gegenüber zu müde war, um weiter wütend zu sein, und schloss weiterhin schnurrend seine Augen. Zwar hatte er in der Nacht noch gut geschlafen, aber er war eben Katze. So schlief auch er ein und kuschelte sich näher an Apoll heran.

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