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“The image of you” 03
 

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Als die Sonne am nächsten Morgen aufging und die Stadt in ihr goldenes Licht tauchte, schimmerte sie auch auf den ebenso goldenen Federn eines riesigen Raubvogels, der gemächlich über den Häusern kreiste und es genoß, sich in den hellen Strahlen zu baden. Althai wußte, daß um diese Zeit nicht viele Menschen wach waren und sie würden auch nicht in den Himmel blicken und ihn beobachten. Und so hatte er genug Zeit, um auf dem Balkon der Suite zu landen, in dem Chris und Sui noch immer schliefen, und die Beiden mit einem leichten Lachen in den goldenen Augen zu betrachten. Der Flug hierher war nicht weit gewesen – zur Zeit flog er von den Rocky Mountains aus nach Süden, um ein wenig in Mexico zu verweilen und mittendrin hatte er das Senden Neiges empfangen und nun einen kleinen Abstecher in die Stadt der Spieler gemacht. Der Anblick der beiden Schlafenden war einfach wunderschön und der Wersonnenadler wandelte sich langsam, neigte sich näher und lachte sanft, als er das kleine, magische Tierchen sah, das langsam näherhüpfte und schließlich leicht an die Scheibe tickte.

Toki erkannte, daß da ein hohes Wesen vor dem Fenster saß und fiepste leise, bevor er mit einem großen Hüpfer zurück zum Bett und auf Suis Bauch hüfte. Der Magier saß sofort senkrecht im Bett und keuchte ein wenig, weil er sich so erschrocken hatte. Aber dann folgte der nächste Schreck, als er zum Balkon blickte und Althai sah. "Oh Gott ... verschlafen !" Mit den Worten sprang er auf, ließ Chris liegen und hechtete zum Balkon, um ihn zu öffnen. "Verzeih ... wartest du schon lange, Althai ?"

"Aber Nein, mein Hübscher. Ich kam gerade eben erst an und habe euch ein wenig beobachtet – bis dein kleiner Diener kam und sich nicht mehr einkriegte, er ist sehr lebhaft, Hm ?" Währenddessen setzte sich auch Chris ein wenig auf, denn der abrupte Aufsprung Suis hatte ihn geweckt und da er eigentlich kein Morgenmensch war, dauerte es auch ein wenig, bis er überhaupt mitbekam, daß sie Besuch hatten.

"Ja, Toki ist lebhaft und eigenwillig. Ich freue mich, dich kennenzulernen und bin froh, daß du hilfst ... bitte tritt ein." Sui machte Platz und lächelte zärtlich, als er zu Chris blickte, der sich verschlafen die Augen rieb und dann dösig zu ihnen blickte. "Chris, das ist Althai."

Der Wersonnenadler lächelte, als er den jungen Blonden im Bett betrachtete ... dann trat er ein und kam zum Bett, neigte sich zu ihm und küßte ihn zärtlich, um ihn ein wenig aufzuwecken. Chris keuchte leise, als er diesen Kuß empfing – er fühlte die Magie in dem Älteren und schauerte, als er die Lippen schließlich löste und ihn ansah. "Hi ...?" Althai lachte leise und küßte ihn noch einmal auf die Nasenspitze, ehe er Sui sanft zu sich und auf das Bett zog. "So ... du bist also dieser junge Mann, in dem Wettermagie schlummern soll. Nun – so wie es aussieht, hast du Recht, Sui – Chris ist wirklich ein Wettermagier und vielleicht ist da noch ein wenig mehr. Erzähle mir doch, was du so fühlst, Sui ... Hm ?"

"Ich ? Naja." Sui wusste nicht so recht, was er sagen sollte. "Wind und Wetter auf jeden Fall, und Licht. Etwas, das mir Neige sagte, ich selber war da nicht sicher. Aber irgendwie strahlt Chris." Sui lächelte, weil sich der Blonde an ihn schmiegte und Augen hatte, die groß wie Wagenräder waren. Althai war aber auch eine wirklich herrliche Erscheinung. Ein sanftes Lächeln, langes, blondes Haar, das einen warmen Braunschimmer hatte, und er strahlte eine gewisse Ruhe aus.

Leise schmunzelnd, strich sich der Wersonnenadler seine silberfarbene Ponysträhne hinter das Ohr und nickte, als er Sui einen sanften Kuß zur Belohnung gab und leise zu ihnen sprach. "Das ist richtig, mein Hübscher – um genau zu sein, schlummert in diesem hübschen Blonden eine ziemliche Menge. Die Fähigkeit, Blitze und den Wind zu beherrschen, ebenso wie das Licht und die Hypnose. Letztere scheint bei dir schon erwacht ... und es zeigt nur zu gut, daß du reinen Herzens bist, denn ich fühle den Grund, weshalb sie erwachte. Dein Herz wählte die Fähigkeit aus – und die Hypnose war diejenige, die den geringsten Schaden anrichtete und dich trotzdem retten konnte. Auch dein gesunder Respekt vor diesen Mächten zeichnet dich aus, mein Hübscher ... und das ist der Grund, weshalb ich dir helfen werde. Das und der gutgemeinte Ratschlag meines alten Freundes, der leider viel zu oft weiß, wozu es noch gut sein kann." Chris nickte nur dann und wann und senkte schließlich den Kopf ... doch er hob ihn wieder, als Althai ihn sanft am Kinn nahm und ein sachtes "Nur keine Angst." wisperte.

Sui wusste, daß Neige mit dem Freund gemeint war und irgendwie wurde er das Gefühl nicht los, daß man ihm einen Lehrling ans Bein heftete. "Lass mich raten ... ich soll Christian ausbilden." Er hatte nicht wirklich etwas dagegen, aber mit dem Gedanken musste Sui sich wirklich noch anfreunden.

Das ließ Althai leise und fast schon melodisch auflachen, ehe er nickte, lächelte und ihm einen weiteren Kuß aufhauchte. "Aber natürlich ? Du hast ihn entdeckt und wie es aussieht, versteht ihr Beide euch prächtig. Das ist doch ein wunderbarer Anfang, nicht wahr ? Und du hast sowohl die Erfahrung wie auch die Jugend, um es Chris beizubringen. Denn ich kann mir denken, daß er die Magie von dir viel lieber erlernt als von einem dieser alten, trockenen Magier." Der junge Blonde sammelte sich nur langsam wieder und als er schließlich verstand, lächelte er verlegen und nickte leicht, während er Sui von hinten ein wenig umarmte.

Der grunzte nur kurz vor sich hin. Eigentlich warf das alles über den Haufen, was er so machen wollte. Aber allein die Erinnerung an seine Jugendlernzeit in der Akademie machte ihm die Entscheidung ziemlich leicht. "Ist ja gut, ich mache es. Aber nur, weil ich weiß, wie ätzend der Unterricht bei den alten Säcken ist. Aber dann wohnt er bei mir und ich will diese dumme Show nicht mehr weitermachen. Kannst du da was drehen, Althai ? Son schönen Blitz mit Stromausfall für ganz Vegas ?"

Das brachte den Wersonnenadler ein weiteres Mal zum Lachen und er legte sich auf das Bett, lächelte die beiden Jüngeren an und antwortete ihnen schließlich mit einem verschmitzten Grinsen. "Aber wozu denn, Sui ? Neben dir sitzt ein junger Mann, der das viel unauffälliger machen kann. Nicht wahr, Chris ? Und es wäre auch für einen guten Zweck ... du weißt so gut wie ich, wie ungern Sui auf diese Wettbewerbe geht und sie brauchen ihn auch nicht wirklich dafür. Er war ja auch bei der Erstausscheidung dabei – also ist es auch nicht nötig, daß er bei den weiteren Entscheidungen dabei ist. Du mußt es ihnen nur ein wenig schmackhaft machen, Chris ..." Der junge Blonde schluckte bei den Worten - er wußte genau, was Althai meinte und es wäre eine ziemliche Probe für seine Hypnosekraft. "Das ... ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob ich das schaffe. Aber wenn du es meinst ? Für Sui würde ich es tun."

Sui drehte sich zu Cris herum und lächelte sacht. "Das würdest du für mich tun ? Ich wäre dir wirklich dankbar. Auf das Ganze hätte ich mich nicht einlassen dürfen, aber dann hätte ich dich ja auch nicht getroffen. Ich denke, das war Schicksal, oder ?" Bei der Frage sah er wieder zu Althai, denn die Schamanen hatten hin und wieder mit dem Schicksal zu tun.

Der Wersonnenadler lächelte aber nur hintergründig und wisperte ein neckendes "Wer weiß ...", ehe er sich wieder vorneigte und den beiden Jüngeren einen sanften Kuß aufhauchte. "Ihr Beide paßt jedenfalls sehr gut zusammen – und es tut dir denke ich ganz gut, wenn du nicht mehr so alleine bist, Sui ... das warst du lange genug. Und nun sollten wir frühstücken, Hm ?" Das ließ Chris leise auflachen und er schüttelte den Kopf, als sein Magen wie bestellt anfing, leise aufzumurren und Althai stimmte in das Lachen ein.

Und auch Sui lachte frei heraus. "Na, da muss wohl wer gefüttert werden - wir bestellen was aufs Zimmer und ich zahle." Er angelte gleich nach dem Telefon und bestellte ein großes Frühstück für drei Personen, und das sollte möglichst schnell da sein. Nachdem er aufgelegt hatte, stand er auf und streckte sich erstmal ausgiebig, wohlwissend, daß garantiert zwei Paar Augen auf ihm lagen.

Da hatte er nicht unrecht – doch während Chris nur verträumt lächelte, handelte Althai schon und zog sein Hemd aus, stand auf und ließ seine Schwingen wachsen, um den jungen Magier mit ihnen einzufangen und zu sich zu ziehen. Kaum, daß er ihn bei sich hatte, küßte er ihn leidenschaftlich und ließ ihn erst wieder los, als er fühlte, daß Sui Atem brauchte. Dann drehte er sich um und streichelte mit einer Schwinge zärtlich über den trainierten Oberkörper des Blonden, der noch auf dem Bett saß, lachte leise, als dieser errötete und formte sie dann wieder weg, da es an der Türe klopfte. "Ich denke, du solltest den Boy reinlassen, Chris – dies ist dein Zimmer, nicht wahr ?" Jener nickte leicht und stand schließlich doch auf, rief ein "Ich komme gleich !" zu der Türe und schlüpfte schnell in seine Hose, um dann die Türe aufzuschließen und dem Boy mit einem leisen "Danke und stimmt so." einen Zehner in die Hand zu drücken, den Servierwagen reinzuziehen und die Türe wieder zu schließen.

Auch Sui hatte sich derweil wieder in seine Jeans gezwängt, auch wenn er Jemanden kannte, der es schade finden würde. Trotzdem war es im Moment besser und sicher passierte später noch etwas mehr. "Mal sehen, was die hier so zu bieten haben." Das Hotel war ganz gut und Sui lupfte die Hauben, die über den Tellern standen. "Rührei mit Speck ... Pfannkuchen mit Sirup, Wurst und alles, was das Herz begehrt." Auch er hatte Hunger und half kurz dabei, den Tisch zu decken. "Althai, für dich habe ich ein paar rohe Steaks bestellt, ich hoffe, du magst ?"

"Aber natürlich, Sui – das ist wundervoll. Aber ich sage trotzdem nicht Nein zu einem dieser herrlich duftenden Pfannkuchen ..." Auch der Wersonnenadler half beim Aufdecken des Tisches und lächelte, als Chris ihm leicht rot werdend einen Pfannkuchen auf ein Teller gab und hinstellte, ehe er sich mit einem leisen "Du kannst dich ruhig bedienen, Sui ... ich begnüge mich mit den Brötchen und der Wurst." selbst setzte und dabei zwei der Brötchen nahm, um sie sich zu bestreichen. Auch wenn er einige Jahre auf einem Kreuzfahrtschiff gearbeitet hatte – an die Eigenart, gleich in der Frühe so viel und warm zu essen, hatte er sich nicht gewöhnen können.

Sui war da ein wenig anders ... er kochte oft für sich, teils deftig, teils süß, es kam auf seine Stimmung an und selbst, wenn hier Einiges übrig blieb, würde er nichts verkommen lassen. "Die Reste nehme ich dann einfach mit, dann habe ich Daheim noch etwas." erklärte er, schenkte sich Tee ein und nahm dann von dem Ei und dazu einen Toast. "Ach ja, du wohnst dann natürlich bei mir, ich habe mehr als genug Platz und du hast ja keine Wohnung hier in Amerika."

"Danke, Sui." Das hatte Chris schon Sorgen bereitet, da er eben hier noch keine Wohnung hatte. Währenddessen aß Althai mit sichtlichem Genuß das noch blutige Fleisch und nahm dazwischen immer wieder einen Bissen des Pfannkuchens, eine Mischung, die ihm sichtlich schmeckte. "Wann beginnt denn die nächste Entscheidung dieses Wettbewerbs, Kinder ? Nur, damit ich weiß, wieviel Zeit ich dafür habe, die Magie von Chris zu wecken."

"Heute Nachmittag, es sind nicht mehr allzuviele Kandidaten da. Aber immerhin so viel, daß ich eine Krise bekomme, die Anderen aus der Jury haben alle ein paar Lieblinge, die in Wirklichkeit weniger Talent als ein Brot haben." Allein der Gedanke an einige von denen ließen Sui schaudern. Aber immerhin war alles schon mal grob sortiert worden. "Ich denke, so haben wir genug Zeit."

"Natürlich – das reicht völlig. Bis dahin kann dein neuer, hübscher Lehrling auch noch ein wenig mit seiner Hypnose üben, damit das auch gut klappt, Hm ?" Chris nickte nur scheu auf die Worte Althais und lächelte, als er einen Bissen seines zweiten Brötchens kaute ... er traute sich noch immer nicht so recht, etwas zu sagen, denn dieser Schamane war nicht nur extrem schön und trotzdem maskulin, sondern auch fühlbar mächtig.

"Hey, alles Okay ?" Daß Christian so still war, beunruhigte Sui ein wenig. Er hatte Angst, daß er den Blonden irgendwie überfordert hatte. "Wenn du irgendwas nicht willst oder so, dann sag es, Okay ? Ich will dir nichts aufzwingen." Darüber machte er sich doch ein wenig Gedanken, schließlich hatte er Chris ziemlich überfallen.

Das ließ Althai wieder leise auflachen und er neigte sich näher zu dem jüngeren Blonden, nickte, als dieser wieder röter auf den Wangen wurde und antwortete Sui, während er sich wieder zurücklehnte und sich einen Tee einschenkte. "Laß ihn ruhig, mein Hübscher ... er ist nur ein wenig scheu wegen mir, das ist alles. Einerseits ist der Junge sehr neugierig – doch andererseits weiß er nicht, ob er fragen kann. Du kannst es aber, mein junger Sonnenschein ... auch ich war einmal jung und ich gebe zu, daß ich noch immer etwas dazulernen kann." Das wiederum sorgte dafür, daß Chris verdutzt aufblickte – und sich schließlich zu einer Frage durchrang. "Wie meinen sie das ? Sie sehen doch nicht älter als dreißig aus, auch wenn sie schon silberne Schläfen haben." Und das brachte den Wersonnenadler dazu, ein wenig verschmitzt zu lächeln, ehe er sich zu Sui drehte und ihn neckend fragte. "Und für wie alt würdest du mich schätzen, mein Hübscher ?"

Wie alt Althai in etwa war, wusste Sui, denn Neige hatte es ihm mal erzählt. "So in etwa 15.000 Jahre glaube ich." murmelte Sui und zuckte erschrocken zusammen, als Chris sein Messer fallen ließ. Vor Schreck oder Verblüffung, aus dem Blick konnte man Beides deuten. "Es gibt noch ältere Wesen." erklärte Sui. "Es gibt ja auch Gott und Engel und so weiter."

"Wa...was ?" Man sah Chris an, daß er einen Moment völlig überfordert war – doch dann riß er sich zusammen und schluckte, nahm das Messer wieder auf und seufzte leise. "Autsch ... es scheint, als ob ich noch eine ziemliche Menge lernen müßte, oder ? Zum Glück kann ich es jetzt. Irgendwie ergibt jetzt vieles einen Sinn ... sie werden glaube ich in sehr vielen alten Märchen und Sagen erwähnt, Sir ... kann das sein ? Ich habe mich schon immer gewundert, ob dieser 'goldene Bringer des Frühlings' und auch die Sagen über den goldenen Sänger und Geschichtenerzähler wahr wären." Das wiederum brachte Althai dazu, stolz aufzulächeln und er nickte, als er Chris sanft über die Wange streichelte und ihm antwortete. "Das stimmt – es ist meine Aufgabe und auch meine große Freude, die Legenden, Kriegsgeschichten und Märchen zu sammeln und sie ebenso wie die Lieder der Völker zu bewahren und weiterzugeben. Ich habe schon sehr viele Sänger und Erzähler ausgebildet ... und doch lerne auch ich noch immer und genieße es, neue Sagen und Legenden zu erfahren und sie weiterzuerzählen. Mein anderer Titel kommt daher, daß ich Schamane bin ... so, wie der weiße Werrabenschamane Nakaya den Nordwind und damit den Winter bringt, bringe ich den Wind des Frühlings und fange das Licht der Frühlingssonne in meinen Flügeln. Und das werde ich auch mit dir üben, Chris – doch erst, nachdem ich deine Magie erweckt und du ein wenig mit Sui gelernt hast."

Viele der Legenden kannte auch der Schwarzhaarige. Er war damit aufgewachsen und hatte auch in der Magierschule Einiges darüber gelernt und auch bemerkt, wie neidvoll die Magier über die Schamanen dachten. "Ich denke, du lernst schnell, du hast wirklich Talent und deine Neugierde ist gut. Aber ich sage es gleich ... ich weiß nicht, wie gut ich als Lehrer bin, aber ich bin ziemlich ehrgeizig." Das war einer seiner Makel. Mit seinem Ehrgeiz war er oft kein leichter Mensch, er lernte verbissen und wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, versuchte er es durchzuziehen.

"Und gerade deshalb hast du nun auch einen so ruhigen und sanften Lehrling bekommen, Sui – denn Neige fiel nur zu deutlich auf, wie sehr du dich in etwas verbeißen kannst. Und ich denke, du weißt ganz genau, daß das nicht unbedingt immer gut ist, Hm ?" Bei dem Letzteren blitzten die goldenen Augen des Älteren verschmitzt auf ... denn er konnte sich noch gut daran erinnern, wie Neige ihm davon erzählt hatte.

"Also, bitte ... so schlimm ist das doch auch nicht." Sui plusterte sich leicht empört auf und schmollte tatsächlich ein klein wenig. "Ich weiß ja, daß es nicht gut ist, aber nur dadurch bin ich im Leben so weit gekommen, wie ich gekommen bin." rechtfertigte er sich und atmete tief durch. "Aber vielleicht tut er mir ja wirklich gut." Das gestand er sich dann doch noch ein.

Der 'er' seufzte nur innerlich, da er nicht unbedingt der Grund für einen Streit sein wollte – doch dann hörte Chris Althai schmunzeln und auch nicken, ehe er wieder weiteraß. "Ich denke, wir werden sehen, wie wir zusammenarbeiten, Hm ? Vielleicht ist es ja nicht so schlimm, wie du denkst, Sui ... ich bin eigentlich ein guter Zuhörer und pflegeleicht." Und gerade das brachte Althai wieder zum Lachen – denn dieser Ausdruck war einer seiner Lieblingsbegriffe der moderneren Zeiten.

Das 'pflegeleicht' brachte auch Sui zum Lachen. "Dann hab ich ja noch ein Haustier mehr im Haus ... Toki, Merlin und jetzt noch einen Christian." Er meinte das nicht böse und grinste jetzt vor sich hin.

"Merlin ? Wer ist denn das ?" Chris war neugierig geworden und er war auch nicht böse, daß die Beiden sich über seinen kleinen Scherz amüsierten, denn es nahm die Spannung aus ihrem Gespräch. "Und um dir die Sorge zu nehmen, Sui ... ich möchte gerne lernen, meine Kraft zu beherrschen und vielleicht für etwas Gutes zu verwenden. Und ich freue mich schon darauf, bei dir sein zu können." Als Althai das hörte, nickte er sacht und betrachtete die Beiden – sie paßten sehr gut zueinander, denn sie ergänzten sich wirklich gut.

Wie hieß es so schön ? Gegensätze ziehen sich an. Genau das passte auf Sui und Christian. Sie waren gegensätzlich und doch hatten sie etwas gemeinsam. Beide hatten ihre Eltern verloren, das verband sie wie mit einer unsichtbaren Schnur. "Merlin ist eine Kobra. Ein steinaltes Männchen, das bei mir in Haus und Garten wohnt. Es ist schön, sich mit ihm zu unterhalten."

"Du kannst mit Schlangen sprechen ? Wow." Chris war sichtlich beeindruckt – er mochte Schlangen, doch er hätte nie gedacht, einmal so nahe bei einer Schlange sein zu können. "Wird er mich beißen ? Ich kenne mich mit Schlangen leider nicht so gut aus, auch wenn ich sie mag."

"Nur, wenn du ihn ärgerst. Merlin ist ein ruhiger Geselle und hält das Haus und den Garten von Mäusen frei. Er zeigt sich, wenn er Lust hat und ja, ich kann mit ihm sprechen." Wie Merlin auf Chris reagierte, sollte sich noch zeigen, aber im Allgemeinen glaubte Sui nicht, daß die Kobra den neuen Hausbewohner ablehnte. Sui aß noch die letzten Bissen und vergewisserte sich, daß alle fertig waren, dann zauberte er die Lebensmittel, die übrig waren, weg und so standen nur noch die Getränke auf dem Tisch.

Das verblüffte den jungen Blonden sichtlich – doch dann lachte er leise und schüttelte nur den Kopf, denn dies schien eine der wirklich nützlichen Seiten der Magie zu sein. Dann trank Chris aus und entschuldigte sich, nahm sich kurz frische Wäsche und verschwand im Bad, um seine Morgentoilette zu erledigen. Althai hingegen trank noch immer genüßlich von seinem Früchtetee, beobachtete Sui und sprach ihn schließlich leise an. "Du magst ihn, nicht wahr ?"

Auch Sui nippte noch von seinem Tee und lächelte bei der Frage. "Ich mochte ihn gleich, als ich ihn das erste Mal sah." gestand er. Leugnen war eh zwecklos, weil Sui das so oder so nicht verbergen konnte. "Das hat das Schicksal schön eingefädelt." Er glaubte daran, doch hin und wieder zweifelte Sui an dem Sinn von manchen Dingen. "Wir haben eine ähnliche Vergangenheit, ich glaube, das verbindet."

"Natürlich ... und es hilft euch Beiden, es zu verarbeiten. Außerdem brauchst du seine liebevolle Art und seine Ruhe, so wie er es braucht, daß du sehr zielstrebig und eher dominant bist. Denn er gehört zu den Menschen, die Anderen Stütze und Ruhe geben und sie liebevoll umsorgen, während sie zusehen, wie ihre Lieben wachsen und voranstürmen, um den Himmel zu erobern." Gerade jetzt sah und hörte man, wie erfahren Althai war ... und daß er schon viele Menschen gesehen und auch viele Beziehungen gesehen und selbst erlebt hatte.

"Und ich trete ihn dann, damit er nicht zurückbleibt." wisperte Sui. Er verstand das Ganze ziemlich gut. Sie Beide hatten verschiedene Seiten und ergänzten sich sehr gut. Sui hatte einen ruhigen Pol und Chris hatte Jemand, der ihn etwas trat. "Irgendwie muss ich mich erstmal an alles gewöhnen, aber ich habe ja schon dazugelernt. Früher hätte ich ihn nicht in meinem Haus wohnen lassen."

"Das stimmt ... Neige hat mir viel von dir erzählt, denn auch deine Geschichte ist es wert, von mir bewahrt und vielleicht einmal weitererzählt zu werden. Ich kann verstehen, weshalb du dich so abgeschottet hattest ... gerade für ein Kind war dies sehr schwer zu verkraften. Und auch deshalb wurde dir damals Neige geschickt, denn es war wichtig, daß du dich änderst. Allerdings unterlief Neige dabei ein winziger Fehler: Er hätte sich beinahe in dich verliebt, auch wenn das Schicksal sowohl für ihn als auch für dich einen anderen Partner vorgesehen hatte. Er mag dich noch immer – auch deshalb hat er dir das Senden geschenkt, denn so könnt ihr euch immer wieder ein wenig unterhalten." Althai wußte, daß er hier ein kleines Geheimnis ausplauderte ... doch andererseits war es auch nicht schlimm, denn wenn Neige nicht wollte, daß Sui es erfahren würde, hätte er es dem Geschichtenerzähler nicht gesagt und Sui auch nicht das Senden geschenkt.

Sui seufzte leise und lächelte gleich darauf ein wenig schief. "Ich hab das irgendwie geahnt. Ich liebe ihn auch auf eine ganz bestimmte Art, und ich bin froh, daß er mir das Senden schenkte, ich rede gerne mit ihm und bin auch gern mit ihm in den Fellen." Aber etwas fehlte da immer noch, ein kleines Quentchen von etwas Undefinierbarem. "Und daß du meine Geschichte weißt und weitergibst, finde ich irgendwie befreiend."

Das ließ den älteren Blonden wieder zärtlich lächeln und er nickte, neigte sich näher und küßte Sui, ehe er leise an dessen Lippen wisperte. "Es ist mir eine Ehre, Sui. Du weißt, daß ich die Geschichten, die ich kenne, in Ehren halte – und nur dann weitergebe, wenn es auch Jemandem nutzen kann." Dann verstummte er aber wieder und setzte sich zurück, trank einen Schluck Tee und blickte zum Bad, denn dort war es leise geworden und gleich darauf kam Chris frisch geduscht und angezogen wieder, um sich ein wenig verlegen lächelnd zu ihnen an den Tisch zurückzusetzen und noch einen Schluck Tee zu trinken.

Man sah ihm an, daß er Neugierde in den Augen hatte, aber Sui wusste nicht genau, worauf. "Ich denke, wir fangen dann an, oder ? Dann hat Chris genug Zeit, sich mit den Kräften zurechtzufinden." Sui war auch neugierig, nur war er auf die Kräfte des Blonden gespannt.

Das ließ den jungen Blonden kurz schlucken – doch ein Blick auf die ruhigen und zuversichtlichen Züge des Wersonnenadlers genügte, daß er unmerklich nickte. Althais Lächeln vertiefte sich noch dabei und auch er nickte, ehe er die Teetasse abstellte und zu ihnen sprach. "Ich denke auch, daß wir beginnen sollten, Sui ... du erinnerst dich sicherlich noch daran, wie es war, als deine Kräfte wieder ungehindert und frei fließen konnten, und für Chris ist es noch ein wenig neuer und schwieriger. Doch ich habe großes Vertrauen in dich, mein Junge ... und ein gutes Gefühl." Als er endete, stand Althai auf und lächelte noch einmal zu dem jungen Blonden, der nun ebenfalls aus einem inneren Gefühl heraus aufstand und zu dem Schamanen kam. Und kaum, daß er zu ihm getreten war, ließ dieser seine Macht erwachen und der Raum begann in dem weichsten und wärmsten Licht zu erstrahlen, das eine Morgensonne spenden konnte. Ein Licht, das von den wieder gewachsenen Schwingen des Schamanen eingefangen und noch verstärkt wurde – und nicht nur den Raum, sondern auch die beiden jungen Menschen und ihre Seelen umfing, erleuchtete und in eine Wärme tauchte, die wie eine Sonne um sie strahlte.

Ein Strahlen, das Sui überwältigte, denn die Macht von Althai war so stark wie die von Neige, nur unterschied sie sich wie Tag und Nacht, denn Althai war der Tag und Sui die Nacht. Aber er dachte nicht weiter nach, nahm die Wärme in sich auf und ließ sich darin fallen.

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