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“The image of you” 01
 

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'Oh Gott ... ich hätte nicht herkommen sollen. Welcher Blödsinn hat mich nur geritten, ausgerechnet hierher zu kommen und ... Idiot.' Die leisen Gedanken Christians waren für die anderen Männer und Frauen neben ihm nicht hörbar und man sah sie ihm eigentlich auch nicht an – doch der junge Hypnotiseur seufzte innerlich, als er sich fragte, welcher Teufel ihn geritten hatte, daß er sich für dieses Tournament bewarb. Einmal alle drei Jahre fand in Las Vegas ein Mega-Event für alle Nachwuchs-Illusionisten und Zauberer statt, die sich einen großen Namen und damit auch eine Show in dieser Stadt verdienen wollten. Nur die besten und hochrangigsten Illusionisten und Unterhaltungszauberer saßen in der Jury ... und genau das war es eigentlich auch, das für den jungen Deutschen den Ausschlag gegeben hatte. Denn in dieser Jury saß auch Sui, ein Künstler, der ihn mehr als nur faszinierte, nachdem er ihn einmal in New York gesehen hatte. Doch dann wurde er aus seinen Gedanken gerissen, als ein Mitarbeiter eintrat und sie beim Namen rief, ihnen große Plaketten mit Nummern gab und dann wieder ging, nachdem er ihnen noch gesagt hatte, daß sie aufgerufen werden würden und dann durch die große Türe am anderen Ende des Raumes gehen mußten. Als einige der Frauen leise fluchten, da sie wenig trugen und damit auch wenig Stoff hatten, um die handtellergroße Plakette anzustecken, schmunzelte Christian leise ... es war immer wieder amüsant zu sehen, daß die Frauen versuchten, die Jury-Mitglieder mit möglichst viel nacktem Körper zu beeinflussen.

Welcher Teufel ihn geritten hatte, hier mitzumachen, fragte sich auch Sui. Aber er musste immer mal wieder etwas Präsenz zeigen - immer konnte er sich nicht verkriechen, aber gerade so etwas hasste der Magier eigentlich. Gerade seine Illusionisten-Kollegen rechts und links neben ihm nervten schon jetzt. Sie plapperten ihn zu und er antwortete, was nötig war. ‚Warum muss ich nur genau in der Mitte sitzen, verdammt ?!' Innerlich fluchend, seufzte er auch noch innerlich und blätterte die Papiere mit den Angaben der Künstler durch. Frauen und Männer, jüngere und ältere ... Menschen aus aller Welt, die eine große Show bekommen wollten. Als die erste Nummer aufgerufen wurde, schrak Sui aus seinen Gedanken hoch und blickte auf die Bühne. Eine Frau in einem Kostüm, das wie das eines Playboybunny's aussah, stolzierte auf die Bühne. Statt der dummen Ohren trug sie einen Zylinder, aber das machte den ersten Eindruck auch nicht weg. ‚Na, das kann ja heiter werden.'

Währenddessen wurden die Kandidaten im Warteraum ein wenig nervöser und manche begannen zu reden, um sich gegenseitig ein wenig zu beruhigen. Auch Christian wurde ein wenig unruhig, doch er begnügte sich damit, ein Buch aus der Tasche zu ziehen, die er bei sich hatte und begann zu lesen, auch wenn es nicht recht klappte. Immer wieder geisterte ihm durch den Kopf, daß er hier vor den berühmtesten Illusionisten eine Show bieten mußte, die ihnen gefiel. Langsam erwachten Zweifel, ob er hier wirklich richtig war ... er war doch eigentlich recht glücklich auf dem Kreuzfahrtschiff gewesen, doch dann erinnerte er sich wieder an die Begegnung mit dem schönen Vampir und seinen Vorsatz, ein wenig mehr aus sich zu machen, um vielleicht auch endlich seßhaft werden zu können. Doch dann wurden seine Gedanken unterbrochen, als seine Nummer aufgerufen wurde – ohne, daß er es bemerkte, waren inzwischen schon einige der Kandidaten drangekommen und so nickte er, klappte das Buch zu und steckte es in seine Tasche, ehe er durch die Türe trat und unwillkürlich schluckte. Vor ihm saß die Jury ... und mitten unter ihnen sein großes Vorbild, der große Magier Sui.

Der blickte jetzt von seinen Notizen auf, musterte den blonden Mann und schaute auf wieder auf den Zettel vor sich. ‚Christian Bauer, ein Deutscher ... zumindest sieht er anständig aus.' Er war gespannt, was der Mann draufhatte und schaute wieder auf, als einer der anderen Meister, zwischen denen er saß, sagte, daß Christian anfangen solle. Irgendetwas war in dem Mann, Sui fühlte es und hatte irgendwie ein gutes Gefühl, und das zum ersten Mal, seit er hier saß.

Davon ahnte Chris jedoch nichts und stellte sich galant vor, lächelte dabei und stellte seine Tasche auf einen Stuhl an der Seite, ehe er sich wieder der Jury zuwandte. Als er eintrat, hatte er noch Angst gehabt – doch irgendwie verflog diese Angst nun und er begann, mit seiner weichen und angenehmen Stimme sein Programm anzukündigen. Irgendwie verblüffte es ihn, wie leicht einige der Mitglieder der Jury zu bannen waren – sie verfielen seiner Hypnose fast sofort, lediglich Sui und noch einer der Meister-Illusionisten blieben noch Herren ihrer Gedanken. Doch Chris legte es auch nicht darauf an, diese Beiden zu beeinflussen, sondern zeigte sein Können stattdessen an den anderen Beiden, ehe er schließlich einen nach dem Anderen zu eher harmlosen Dingen gebracht und wieder aus der Hypnose entlassen hatte. Er wußte nicht, warum ... aber irgendwie fiel es ihm Heute leichter, seine Kraft zu benutzen und ebenso verwunderte es ihn, daß die dunklen Wolken, die zuvor noch die Sonne verdeckt hatten, verschwunden waren und stattdessen nur eine sanfte Brise ein wenig Kühlung schaffte und die Sonne wundervoll hell durch die Oberlichter schien. Doch Chris schob es einfach auf einen glücklichen Zufall und verneigte sich am Schluß seiner Darbietung mit einem freundlichen Lächeln, ehe er sich wieder aufrichtete und wartete.

Die Jurymitglieder, die von der Hypnose beeinflusst worden waren, wirkten etwas durch den Wind. Der Andere, der nicht beeinflusst worden war, sagte dazu lobende Worte und lachte neckend über die Hypnotisierten. Sui, der sonst nichts sagte und auch gleich nichts sagte, hob seinen Daumen nach oben und zeigte so das erste Mal eine wirkliche Regung. In Christian steckte ein echter Magier, Spuren davon hatte Sui fühlen können, allein schon, wie sich das Wetter verhalten hatte, war auffällig. Und ohne, daß die Anderen es sahen, huschte ein kleines Lächeln über Suis Lippen, das nur einen Wimpernschlag da war und dann wieder verschwand, als wäre es nie dagewesen.

Doch Chris sah es, da er genau in diesem Moment aufblickte – und es bezauberte ihn, auch wenn er sich sofort wieder fing und mit einem ehrlichen Lächeln die Fragen der übrigen Jury beantwortete. Noch würde keine Entscheidung bekannt gegeben werden, doch der junge Blonde fragte nicht nach, da er nicht so krankhaft neugierig war wie manche der anderen Teilnehmer. Jedoch geisterte noch immer das Lächeln Suis in seinen Gedanken, denn ein Jeder wußte, daß Sui nur sehr selten außerhalb der Bühne lächelte.

Die Entscheidung wurde am Ende der ersten Ausscheidung bekanntgegeben. Für Sui war klar, daß dieser Deutsche dabei war, er hatte Talent, war charmant und in ihm schlummerte etwas. Aber vorerst musste er sich noch die Anderen ansehen, und das zog sich noch gute zwei Stunden hin. Und nach den zwei Stunden beratschlagte die Jury noch, schrieb auf, wer weiter war und wer nicht, und erst dann war Sui für diesen Tag fertig. Allein die Nähe seiner ‚Kollegen' war für den Magier, der menschliche Nähe scheute, nicht einfach. Auf der Bühne konnte er stehen, aber da waren die Menschen auch weiter weg und rückten ihm nicht so auf die Pelle. Sui floh regelrecht aus dem Raum und ging in einen Ruheraum, den er zur Bedingung gemacht hatte, ansonsten hätte er hier nicht teilgenommen.

Währenddessen wartete Christian mit den Anderen in dem Raum, in dem sie schon zuvor gewartet hatten – und die Meisten waren vor Aufregung regelrecht hibbelig und redeten, während sie darauf warteten, wieder aufgerufen zu werden und die Entscheidung zu erfahren. Chris war nur froh, daß dies nicht vor allen Bewerbern geschah, sondern wie das Bewerben zuvor einzeln mitgeteilt wurde ... auf diese Weise vermied man, daß die Verlierer blamiert wurden und gehen konnten, ohne an Ansehen zu verlieren. Und schließlich war es soweit – einer der Angestellten rief die erste Nummer auf, und die aufgeregte Frau folgte ihm in den Bewerbungsraum.

Dort waren alle aus der Jury, außer Sui. Das Ganze verlief kurz und knapp. Christian war weiter, bekam eine Urkunde, daß er weiter war, die ihm als Eintritt für die nächste Runde nutzte und wurde dann auch schon wieder rausgeschickt.

Nun doch ein wenig verblüfft, stand der junge Blonde in dem Gang, der nach draußen führte, und betrachtete die Urkunde in seiner Hand. Dann seufzte er leise und steckte sie in seine Tasche, löste den schlichten Haargummi in seinem Nacken und strich kurz die lange Strähne aus, ehe er nach draußen ging und sich ein wenig umsah. Nun war er also fertig und hatte noch die ganze Nacht, um sich zu amüsieren ... doch er wollte nicht in ein stickiges Spielkasino, sondern ein wenig in der frischen Luft bleiben, um sich zu erholen. Und just in diesem Moment sprangen die Fontänen des riesigen, beleuchteten Springbrunnens an und Chris lachte leise, als er einen Entschluß faßte und dorthin ging, sich auf eine der Bänke setzte und mit leuchtenden Augen dem herrlichen Schauspiel folgte.

Andere Augen verfolgten jedoch, was Christian so tat. Sui hatte sich nochmal etwas umgezogen, trug die Haare jetzt offen und beobachtete Christian. Eigentlich war es der Jury verboten, sich mit den Kandidaten zu treffen, aber das war Sui ziemlich egal - er hatte seinen eigenen Kopf und tat, was er wollte. Christian war interessant, er war kein einfacher Illusionist und kein Zauberer, der nur mit Tricks arbeitete, er hatte ein wirklich magisches Talent. Dieses Talent schlummerte noch sanft, erwachte hin und wieder und wartete darauf, richtig geweckt zu werden. Mit einem Fingerwink lenkte er die Fontänen des Brunnens etwas ab und ließ sie etwas ganz anderes machen als das, was sie sonst machten. Mal sehen, was der Blonde dazu sagte.

"Was ?" Nun doch ein wenig verwundert, richtete Chris sich auf und blickte auf das Wasser, während die anderen Zuschauer nur applaudierten und sich über das vermeintliche Sonderschauspiel freuten. Doch es war etwas anderes ... Chris fühlte etwas, so schön wie ein weicher Sommerregen oder eine kühle Brise, das sein Innerstes berührte und ihn vollkommen ratlos zurückließ.

Die Freude von Christian strahlte durch dessen Augen heraus, körperlich zeigte er es kaum, aber an den Augen konnte Sui es sehen. Er grinste innerlich und lenkte die Wasserstrahlen so ab, daß sie die anderen Zuschauer durchnässten. Die Menschen quietschten und flohen, klatschten dann aber, weil sie dachten, das gehöre auch dazu. ‚Wie dumm die Menschen doch manchmal sind.'

Doch gerade das sorgte dafür, daß Chris ein wenig mißtrauischer wurde – denn er bemerkte sehr wohl, daß dies definitiv nicht mehr zum Programm gehörte. In ihm kämpften die widersprüchlichsten Gefühle ... einerseits hatte er Angst und war mißtrauisch, da er fühlte, daß das hier nicht natürlich war; doch andererseits fühlte er etwas in seinem Inneren, etwas Bekanntes und Wundervolles, das sich rührte. Völlig verwirrt senkte Chris den Kopf und vergrub die Hände in seinen Haaren, schüttelte den Kopf und wisperte ein leises "Spinn ich jetzt ?"

"Ich hoffe doch nicht." wisperte Sui und blieb noch hinter der Bank, auf der Christian saß, stehen. Der Kerl war Sui sympathisch, eine Tatsache, die Sui erstaunte, und daher suchte er die Nähe des Blonden.

Es dauerte noch einen Moment, bis sich Chris wieder gefangen hatte ... doch als das geschah, bemerkte er, daß Jemand hinter ihm stand und drehte sich verwundert um, ehe er erschrak und ein leises "Wah !" wisperte. Denn hinter ihm stand der gefragteste Illusionist, den es je gab – und irgendwie bekam nun alles einen Sinn. "Haben sie das mit dem Wasser gemacht ?"

Daß Christian vor Aufregung Deutsch sprach, war für Sui kein Problem, er beherrschte einige Sprachen und Deutsch gehörte dazu. "Ja, hab ich ... ich wollte nur kucken, wie sie reagieren." Der Magier ging um die Bank herum und setzte sich mit etwas Abstand darauf und somit neben Chris. Die Menschen um sie herum erkannten Sui nicht, weil er sich tarnte. "Ich war neugierig auf sie, Herr Bauer, in ihnen schlummert viel Talent und echte Magie."

"Echte Magie ?" Der junge Blonde schluckte schwer, als er das hörte – und nach einem kurzen Blick zu den umherstehenden Menschen fiel ihm auf, daß diese sie nicht mehr beachteten. "Sind sie ein Vampir ? Ich habe einen kennengelernt und der konnte das auch ... die Menschen von sich ablenken, daß sie weder etwas sahen noch etwas hörten. Doch er fühlte sich anders an wie sie, Herr Kudou."

Die Frage brachte Sui tatsächlich dazu, leise zu lachen. "Nein, ich bin kein Vampir. Ich bin ein echter Magier und ich verberge mich, weil ich es hasse, wenn mich die Menschen so umringen." Und kreischten und ihn antatschten. "Ich fühle, daß in ihnen ebenso echte Magie steckt, sie schlummert aber noch, daher nähere ich mich ihnen."

"Was ?" Chris war völlig überfahren – doch es würde so vieles erklären, wenn Sui wirklich ein richtiger Magier war. Doch dann kam ihm erst, was dieser noch gesagt hatte und Überraschung erwachte auf seinen Zügen, als er sich unwillkürlich ein wenig vorneigte und leise fragte. "Ich ... ich habe Magie ? Ist das ihr Ernst, Mister Kudou ?" Mittlerweile hatte der junge Blonde gemerkt, daß er ins Deutsch gerutscht war und wechselte wieder ins Englisch, da es höflicher war.

"Sicher ist es mir ernst, Mr. Bauer, ich kann es fühlen. Ist ihnen nie etwas Unerklärliches passiert ?" Langsam wurde Sui neugieriger, aber die Umgebung gefiel ihm nicht so. "Können wir an einen ruhigeren Ort gehen ?"

"Aber natürlich – ich habe gleich hier ein Zimmer, kommen sie." Noch während er sprach, stand Chris auf und zögerte, doch dann reichte er dem Schwarzhaarigen seine Hand, um ihm aufzuhelfen. Es war, als ob sein innigster Wunsch in Erfüllung gegangen wäre ... oder zumindest ein Teil davon. "Dort können wir ungestört reden."

Auch wenn die Hilfe eigentlich nicht nötig war, nahm Sui an und ergriff die Hand des Blonden. Er ließ sie langsam los, als er stand, und ging neben ihm her. "Ich habe sie ziemlich überfallen, es gibt noch viel zu erklären ... ich denke, ich habe sie verwirrt." Sui selbst wäre wohl verwirrt, wenn er als Mensch mit so etwas konfrontiert werden würde, aber scheinbar hatte Christian schon Kontakt zu übernatürlichen Wesen gehabt. Kontakt zu einem Vampir. "Der Vampir, den sie trafen, war nicht zufällig Afar ?"

"Huh ? Sie kennen ihn ? Ja, er war es ... er und sein Gefährte fuhren gerade auf einem Kreuzfahrtschiff nach Griechenland, auf dem ich die letzten drei Jahre als Unterhalter tätig war. Er war so anders, als man so gemeinhin denkt ... und wunderschön, ich habe zuvor noch nie einen Mann gesehen, der so schön war. Aber sein Herz gehörte nur seinem Gefährten, es war herrlich zu sehen, wie sehr er ihn vergötterte." Auch wenn er es nicht bemerkte – gerade in diesem Moment sah man dem Blonden mehr als nur gut an, daß er sich so etwas auch wünschte. Doch dann lächelte er wieder zu Sui, als sie zu seinem Hotel gingen und dann in den Aufzug stiegen, um nach oben zu fahren.

Das mit Afar schien kurz nach dessen Auffinden gewesen zu sein, als Sheldan seine Heimreise mit ihm antrat. "Wenn sie länger in Amerika bleiben und nach NewYork kommen sollten, dann besuchen sie Afar doch mal. Ich bin sicher, er freut sich darüber." Sui plauderte kurz und blickte auf die blinkenden Stockwerknummern. "Darf ich sie duzen, Christian ?"

"Das wäre schön, Sui ... auch wenn du schon soviel erfahrener bist, vom Alter unterscheiden wir uns ja noch nicht so, oder ? Und es wäre mir lieber ..." Sie waren schon wieder ins Deutsche abgerutscht – doch es fiel Chris ein wenig leichter und daß ihm Sui das 'du' angeboten hatte, sorgte dafür, daß er sich noch mehr entspannte. Dann wurde er jedoch wieder von seinen Gedanken abgelenkt, als der Aufzug pingte und sie in dem Stockwerk ankamen, in dem Chris sein Zimmer hatte.

Irgendwie wirkte Christian etwas verhuscht. Eine Eigenart, die Sui ganz nett fand, irgendwie war Chris im Allgemeinen sehr nett. "Weißt du, ich finde dich sehr angenehm, daher habe ich dich auch angesprochen." Das klang jetzt wahrscheinlich etwas seltsam, aber Sui sagte immer, was er meinte, und behielt selten was hinter dem Berg. Wahrscheinlich verwirrte er den Blonden damit wieder ein wenig.

Und wie erwartet, blickte dieser wieder verwundert auf und hielt einen Moment lang inne – dann wurde er ein wenig Rot auf den Wangen und schloß mit seiner Codekarte auf, trat ein und hielt Sui höflich die Türe auf, damit dieser eintreten konnte. "Danke ... ich ... ich habe dich schon lange bewundert, auch wenn du das bestimmt schon sehr oft gehört hast. Aber bevor du auf falsche Gedanken kommst – ich gehöre nicht zu den Fanatikern, die ihren heimlichen Schwarm zu sich locken und ihnen sonstwas antun ... so ein Mensch bin ich nicht. Ich bin einfach nur neugierig, auch wenn ich es nicht oft zeige."

"Das dachte ich mir." murmelte Sui und betrat das Zimmer. Dabei sah er sich auch gleich um und nickte innerlich, weil es sehr ordentlich war. Das Reisegepäck lag nicht wirr herum, die Schränke des Zimmer schienen benutzt zu werden. "Zumindest haben die anständige Zimmer für die Teilnehmer des Wettbewerbs." Er murmelte weiter vor sich hin und blieb mitten im Raum stehen. "Ist dir schon mal etwas Außergewöhnliches passiert ?" Er wiederholte die Frage, denn sie brachte ihn zum Thema 'magisch begabt' zurück.

Chris hatte sich schon zuvor ein wenig vor dieser Frage gedrückt, doch nun kam er ihr nicht mehr aus und seufzte leise, ehe er ihnen eine Flasche Wein und zwei Gläser holte. "Nun ... nunja ... manchmal ein wenig. Vielleicht. Manchmal wundert mich etwas, so wie Heute zum Beispiel das Wetter. Aber ansonsten ... nunja ... kannst du mir erklären, was du meinst ?"

Während Christian den Wein holte, setzte sich Sui auf einen der Sessel und nahm schließlich das Glas an, das der Blonde ihm reichte. "Dinge, die einfach passieren und die man sich nicht erklären kann. Ich selber bin von Geburt an Magier, meine Eltern waren welche. Aber hin und wieder schlummert es in Menschen und du bist so ein Mensch, und den Menschen passieren Dinge wegen ihren Kräften. Wenn du unruhig bist, verändert sich das Wetter ?" hakte er nach und nippte schließlich an dem Wein.

"Uhm ... nun, das habe ich eigentlich nicht so richtig untersucht. Das ist etwas, wo ich eigentlich noch nie so beachtet habe, mir fiel es nur manchmal auf, wenn es ein wenig extremer wurde. Wobei ich zum Beispiel Gewitter schon immer gern mochte, ich finde sie einfach nur wunderschön. Mir fiel nur manchmal auf, daß ich mich bei etwas wohler fühlte oder daß etwas da war – so wie bei deinen Shows. Dort kann ich etwas fühlen, so wie auch vorhin bei dem Brunnen, das warst du, nicht wahr ? Kannst du mir das vielleicht erklären ?" Chris drehte sein Weinglas ein wenig nervös in seinen Händen, nachdem er sich gegenüber des Schwarzhaarigen auf einen der Fußhocker gesetzt hatte – diese Situation war ein wenig peinlich für ihn, denn er kam sich neben dem erfahrenen Magier so dumm vor.

Daß Christian nervös war, konnte man kaum übersehen und so neigte Sui sich vor und hielt die Hände des Blonden fest. Das Drehen des Glases machte ihn nämlich nervös und daher stoppte er dies und sprach leise und beruhigend. "Ich bin ganz normal, du braucht echt nicht nervös zu sein, nur weil ich Sui bin, Okay ?" Das hatte Sui oft genug, es gab nur Wenige, die ihn so sahen wie er war, viele sahen in ihm nur den Star. "So ... und das mit dem Wetter ist so. Magier ziehen aus verschiedenen Quellen ihre Kraft oder können verschiedenes beeinflussen. Bei dir scheint die Wettermagie vorrangig zu sein und auch dein Hypnosetalent ist außerordentlich."

"Meinst du das wirklich ? Und nunja ... ich ..." Leise seufzend, ließ Chris den Kopf sinken und betrachtete die Hände, welche die seinen hielten. Die Hände eines Magiers – doch sie waren nicht anders als die eines anderen Mannes, es waren schöne Hände und zeigten, daß Sui sich auch nicht scheute, etwas zu arbeiten. Ohne es zu bemerken, drehte der Blonde seine eigenen Hände und berührte die Suis, lächelte unwillkürlich und hob schließlich wieder den Kopf. "Ich bin nicht deshalb nervös, weil du so berühmt bist – es ... hat andere Gründe. Auch wenn ich bewundere, wie gut du bist und wieviel du weißt."

"Andere Gründe ?" murmelte Sui und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. "Lass mich raten, du fühlst dich sexuell von mir angezogen." Es war ein Schuss ins Blaue, aber Sui war seit zwei Jahren Schüler von Xavier und Archaion und bemerkte so etwas in zwischen viel eher als früher.

Für einen Moment blickte Chris entsetzt zu dem Schwarzhaarigen – doch dann schoß ihm das Blut in die Wangen und er senkte den Kopf, nickte unmerklich und seufzte leise, als ihm kam, wie offensichtlich es sein mußte, daß er für ihn schwärmte. "Ja ... bitte sei mir nicht böse, ich kann mir nicht helfen. Ich wußte nicht, daß es so offensichtlich zu sehen ist ..."

Sui löste seine Hände von denen des Blonden und streichelte ihm kurz über die Wange. "Das ist es nicht." Bei den Worten lehnte er sich wieder zurück und erklärte leise. "Das kam mir erst, weil du meintest, deine Nervosität hat andere Gründe und viele andere Gründe gibt es da nicht mehr. Und das ist kein Grund, sich zu schämen."

"Natürlich ist es das ? Du hast doch bestimmt die Nase voll von all den Männern und Frauen, die dir nachspinnen und mit dir ausgehen möchten. Und jetzt kommst du mit mir mit, um mir das mit der Magie zu erklären, und stattdessen ist da schon wieder einer, der dich will. Du mußt doch denken, daß ich dich nur mit mir mitgenommen habe, weil ich dich ins Bett zerren will, oder ?" Leise seufzend, strich sich Chris die Ponys aus der Stirn und stutzte, ehe er sich erinnerte und den Haargummi aus der Hosentasche nahm und leise über seine eigene Zerstreutheit lachte.

Die Reaktion machte Christian fast schon noch charmanter und Sui schmunzelte. "Du bist so offen und ehrlich, da steckt ein weißer Magier in dir drin." Das war ziemlich offensichtlich. "Und wenn du so ein Typ wärst, der mich gleich ins Bett ziehen will, dann hätte ich es bemerkt. Ich habe sowas im Gefühl."

"Wirklich ?" Der Blonde hielt in der Bewegung inne und guckte ein wenig verdutzt zu Sui – doch dann seufzte er leise und schüttelte unmerklich den Kopf, ehe er ein wenig wehmütig lächelte. "In mir steckt garantiert kein weißer Magier, denn ich bin längst nicht so unschuldig, wie du vielleicht denkst. Und glaub mir, wenn ich könnte, würde ich dich zerren – doch ich traue mich nicht, dazu habe ich einfach nicht den Mut."

Jetzt lachte Sui auf und brauchte einen Moment, um sich wieder zu fangen. Aber als er sich gefangen hatte, lehnte er sich wieder vor und zwar so weit, daß sein Gesicht genau vor dem des Blonden war. "Du bist garantiert weiß, sonst hättest du das nicht so ehrlich gesagt. Glaub mir, ich kenne mich aus, und ich kenne auch den weißesten Magier, den es überhaupt gibt und ich kenne einen der schwärzesten Magier ... den Zweitschwärzesten, um genau zu sein. Ich weiß also wohl zu deuten, was schwarz und was weiß ist. Du könntest höchstens grau sein."

"Hä ? Grau ?" Chris war nun völlig verwirrt – doch auch mehr als nur beeindruckt und er lächelte scheu, als er leise nachfragte. "Der weißeste Magier ? Wie ist der ? Das muß bestimmt ein völlig reiner Mensch sein, oder ? Böse Gedanken sind doch schwarze Magie, denke ich ... bitte erkläre es mir, ich bin neugierig." Es tat Chris gut, daß ihn der Andere nicht auslachte – denn auch wenn er keine Jungfrau mehr war, so hatte der Blonde doch nicht die sexuelle Erfahrung, die Sui sichtbar besaß.

"Hmmm." überlegte Sui und lehnte sich wieder zurück. Er nahm auch noch einen Schluck von dem Wein und sprach erst dann. "Rein weiß ist kaum ein weißer Magier, es gibt nur wenige, denn viele sind doch irgendwie eigennützig. Archaion ist rein weiß, er denkt nicht eigennützig, hat aber trotzdem Sex und seinen Spaß. Er zieht Energie aus dem Sex, so etwas gibt es, Sexmagie ... es gibt auch einen Schwarzmagier, der darauf spezialisiert ist. Und Archaion ist mit dem Schwarzmagier zusammen, sie haben einen Lebensbund geschlossen und sie lassen es im Bett ordentlich krachen." Sui schauderte wohlig, als er an die Zusammenkünfte dachte. "Ich bin der einzige Magier, der sich zwischen weiß und schwarz bewegt ohne grau zu sein. Ich weiß auch nicht, wie das geht, das Ganze ist allgemein schwer zu erklären, denn die Übergänge sind fließend."

Ein leises "Aha ?" wispernd, zögerte Chris – doch dann seufzte er nur leise und lächelte ein wenig verwundert, nahm ebenfalls einen Schluck Wein und drehte das Glas wieder in den Händen, ohne es zu bemerken. "Das ist alles noch so neu und viel ... ich weiß gar nicht, wie ich das alles verdauen soll. Aber eines fühle ich, du sagst die Wahrheit. Ich muß dir wie ein Stümper vorkommen, nicht wahr ? Jung und dumm, und keine Ahnung von den Dingen, die du schon lange weißt. Egal, bei was."

"Unsinn, du bist bloß nie entdeckt worden und daher nicht gefördert. Ich erzähl dir jetzt ein wenig, wie es bei den Magiern zugeht." Sui wollte Chris etwas aufmuntern und fing nun leise an, zu erklären, wie das so war mit magischen Familien, die seltener waren und allem anderen, was der Blonde so wissen musste.

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