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“Jagd nach den verlorenen Legenden” 05
 

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Gegen frühen Abend erwachte Ravien und streckte sich kurz. Er war wieder vollkommen erholt, denn hier in seinem Versteck schlief er oft tief, da ihm hier keine Gefahr drohte. Neben ihm lag der Dieb und schlief noch immer, und so stand Ravien lautlos auf und ging an die Seite, um sich zu waschen.

Doch das Strecken hatte den jungen Dieb geweckt und als der Rotäugige aufstand, öffnete auch Arcon die Augen und sah ihm genießend lächelnd nach. Erst, als Ravien sich wusch, stand er auf und ging zu ihm, umarmte ihn kurz und nahm ihm dabei den Lappen ab, um ihm den Rücken zu waschen. "Du bist wirklich gut - so tief habe ich schon lange nicht mehr geschlafen, und wenn du dich nicht gestreckt hättest, dann wäre ich nicht einmal aufgewacht. Und es war auch schön, mit dir die Felle zu teilen ... vor allem, weil ich dich jetzt berühren konnte, ich mag es nicht, wenn ich gefesselt bin. Essen wir noch ein wenig, nachdem wir uns gesäubert haben ... dann würde ich gerne das Buch und die anderen Dinge, die ich in dem verborgenen Fach gefunden habe, zu dem Zauberer bringen und dich dabei haben, damit du ihm alle Fragen beantworten kannst, die er hat. Ja ?"

"Ja, obwohl ich nicht unbedingt weiß, was er fragen könnte. Aber Magier sind neugierig." Ravien drehte sich herum, nahm Arcon den Lappen ab und wusch nun ihm den Rücken. So war es fair, und danach reichte er ihm wieder den Lappen, damit er sich vorne selber waschen konnte. In der Zwischenzeit zog Ravien sich an, und legte auch für Arcon noch ein frisches Hemd bereit. "Ich denke, ein paar neue Sachen tun dir ganz gut."

Nachdem er sich gründlich gewaschen hatte, trat der Blauäugige zu dem Assassinen und nahm das Hemd mit einem Lächeln hoch, betrachtete es und nickte, ehe er es mitsamt einem neuen Lendentuch und der neuen Hose anzog. Auch wenn die Kleidung frisch und neu war, so wirkte sie dennoch nicht hochtrabend oder zu wertvoll - und damit war es ideal für den jungen Dieb, der ansonsten aufgefallen wäre. "Gut, daß du ebenso wie ich darauf achtest, nicht zu reich gekleidet zu sein - es wäre zu auffällig. Und ja, der Magier, den ich kenne, ist sehr neugierig ... und auch sehr alt und weise, er liebt es, neues Wissen zu sammeln. Und man hat ihn besser nicht zum Feind, ich bin froh, auf seiner guten Seite zu stehen. Aber egal, du wirst es sehen, wenn du bei ihm bist, ja ? Ich hole nur noch kurz die Sachen." Irgendwie war es schön, endlich einmal bei Jemandem zu sein, der ihn verstand ... und Arcon genoß es sichtbar, auch wenn er bis jetzt niemals einen Gedanken daran verschwendet hatte, einen Gefährten zu finden.

Auch Ravien fand es nicht unangenehm, er mochte den Dieb irgendwie, denn sie ähnelten sich auf irgendeine Art sehr. Er nahm noch seine Waffen, und war dann soweit bereit zum Weggehen. "Du führst dann am Besten wieder."

Inzwischen hatte der junge Dieb seine eigenen Waffen und auch die Gürteltasche sowie den Beutel mit der Beute an seinem Körper verstaut. "Natürlich - schließlich weiß ich den Weg." Mit den Worten trat Arcon aus dem Versteck und wartete auf Ravien, bevor er sich auf den Weg durch die Katakomben machte. Dabei führte er sie tiefer in das Erdinnere, bis sie in Korridoren gingen, die so schwarz wie die Nacht wirkten ... nur ein Leuchtkristall, den Arcon aus seiner Gürteltasche geholt hatte, erhellte ihren Weg und die vielen Skelette, die in den Gangmauern begraben waren. "Er wohnt in den tiefsten Gewölben, die selbst die anderen Zauberer fürchten ... und das aus gutem Grund, denn die Fallen dort hat er selbst gestellt. Nur die, die er zu sehen wünscht, dürfen sie gefahrlos passieren und er weiß sicherlich schon, daß wir kommen. Die Wände haben Augen und Ohren, die selbst der beste Dieb nicht täuschen könnte."

"Ich fühle die Magie." Ravien schauderte leicht, doch dann standen sie vor einem goldenen Tor, das sich langsam öffnete. Im Gang entzündeten sich Stück für Stück Fackeln, und scheinbar waren sie wirklich willkommen. Trotzdem war er angespannt, denn er mochte Magie nicht unbedingt, auch wenn er sie selber mit seinem Raben nutzte.

Arcon nickte einfach nur und schauderte ebenfalls, da er eine natürliche Abneigung gegen so viel Magie hatte. "Das sind all die Zauber, die hier alles am Laufen halten ... mir läuft auch immer wieder ein Schauder über den Rücken, wenn ich herkomme. Aber ich verdanke ihm sehr viel und er gab mir auch den Feuerzauber, so daß ich keine Sorge mehr wegen Feuer haben muß." Nach einer Weile kamen sie an einer weiteren, goldenen und mit Edelsteinen verzierten Türe an, die von selbst aufschwang und Arcon neigte respektvoll den Kopf, als er eintrat und den Magier grüßte. "Ich grüße euch, Palsperatas ... wie ihr bestimmt schon wißt, habe ich bei meinem letzten Raubzug ein wenig Probleme gehabt. Doch mein Freund hier, der Assassine Ravien, bereinigte alles und wir nahmen die Bücher und Rollen über schwarze Magie mit, um sie euch zu überlassen. Und dazu auch noch einen Dolch, den ich in dem Versteck mit dem Buch fand." Der alte Zauberer nickte nur und lachte schließlich leise, stand auf und stützte sich schwer auf einen langen Holzstab, der größer als er war und an seinem Ende einen riesigen, blutroten Kristall trug, der leicht glühte. "Ah, mein Junge ... wie recht du hast. Gib mir die Sachen, ja ? Und du, junger Assassine, du bist sehr interessant. Es ist gut, daß ihr beide euch versteht, ihr habt sehr viel Potential." Während er sprach, kam er zu Ravien und betrachtete ihn mit seinen erstaunlich klaren Augen, keckerte leise und nickte schließlich zustimmend.

Ravien neigte respektvoll den Blick, und sagte erstmal nicht viel. Er war sichtlich vorsichtig und wartete einfach, bis er etwas gefragt wurde. In dem Raum waren überall magische Dinge, und die sorgten nicht dafür, daß seine Gänsehaut verschwand.

Das merkte der Alte und keckerte erneut, ehe er den Beutel annahm, den ihm Arcon gab. Natürlich spürte er die Schutzzauber, die um das Buch, die Rollen und den Dolch gewoben waren und nickte kurz zu dem jungen Dieb, der wohlweislich die Finger von all den Dingen gelassen und sie nur mit dem Schutz der Tücher angefaßt hatte. Einige Worte in einer nichtmenschlichen Sprache genügten, um die Schutzzauber zu zerstören und Palsperatas nahm das Buch in die Hände, lachte leise und nickte erneut anerkennend. "Wundervoll - ich habe das Buch schon lange gesucht, so wie die Rollen und den Dolch. Ich danke euch beiden, bitte erzählt mir doch genauer, wie ihr in den Besitz dieser Kostbarkeiten gekommen seit." Noch während er sprach, ging der alte Zauberer zu einem der Tische und legte die Dinge darauf, setzte sich auf die weichen Kissen und wies einladend auf die anderen Kissen. Arcon zog Ravien mit sich und drückte ihn neben sich auf die Kissen, ehe er damit begann, von dem Raub und der darauffolgenden Jagd zu erzählen. Er kürzte lediglich, wie Ravien es fertigbrachte, ihm das Geheimnis und den Ort der Kugel zu entlocken ... und als er dabei ankam, wie sie wieder in den Palast einbrachen, überließ er die Erzählung dem Assassinen, da er nicht dabei gewesen war, als dieser seine Rache übte.

Ravien hatte sich langsam entspannt und erzählte nun, wie er sich gerächt hatte. Scheinbar wollte der Magier jedes Detail wissen, und so erzählte er es auch haarklein, und entlockte ihm immer wieder ein Lachen. Als er fertig war, blickte er in das zufriedene Gesicht des Magiers.

"Hervorragend, mein Junge - einfach nur hervorragend. Ihr habt beide richtig gehandelt, denn dieser feiste Dummkopf spielte mit Mächten, die er nicht kannte. Es ist nur schade, daß ihr die Kugel nicht mitgenommen habt ... sie ist noch immer eine Gefahr, wenn sie in die falschen Hände gerät. Doch zumindest habe ich nun das Buch und den Dolch - und dafür bin ich euch mehr als nur dankbar." Der alte Magier lächelte tief, als er das sagte und nickte kurz, ehe er mit einem Fingerschnippen einen Dschinn rief und ihm auftrug, eine bestimmte Truhe zu bringen. Der Dschinn neigte nur respektvoll den Kopf und verschwand, ehe er wieder erschien, eine kleine, flache Truhe vor den Magier auf den Tisch stellte und wieder verschwand. "Ihr beide arbeitet gut zusammen ... ihr solltet diese Partnerschaft weiter aufrechterhalten und für mich arbeiten. Ich bezahle euch gut, und das nicht nur in klingender Münze - ich kann euch auch den einen oder anderen nützlichen Zauber geben oder auch das eine oder andere magische Werkzeug, das euch helfen kann. Wollt ihr ?" Bei der Frage hob Arcon verdutzt die Braue - doch dann zuckte er nur mit den Schultern und blickte zu dem Assassinen neben sich. "Also ich habe nichts dagegen, für dich gegen Bezahlung zu arbeiten ... ich kenne Ravien zwar erst seit kurzem, aber ich mag ihn. Wir haben bisher gut zusammengearbeitet und ich denke, wir könnten Freunde werden. Was meinst du ?"

"Ich denke, wir sind schon Freunde ... zusammen arbeiten ? Nun ..." Ravien überlegte einen Moment, denn er war bisher immer allein gewesen, und hatte auch so gearbeitet. Aber mit Arcon hatte es gut geklappt, und der Job schien rentabel. "Ich denke, das könnte was werden, und noch was ... die Kugel habe ich vernichtet. Ich hab sie mit dem Raben hoch in die Lüfte getragen, und dann auf einem Stein zerschellen lassen, bevor ich Arcon um Hilfe rief."

Der junge Dieb hob überrascht eine Braue - doch dann seufzte er nur leise und wisperte ein noch leiseres "Gut, daß das Ding weg ist.", das dem alten Zauberer ein Schmunzeln entlockte. "Sehr schade ... es gab nur diese eine Kugel, und sie war wirklich einzigartig. Doch Arcon hat recht, es ist besser, wenn sie keinen Schaden mehr anrichten kann. Nun, da ihr beide einverstanden seit, steht ihr ab jetzt in meinen Diensten - ich werde auch deinen Gildenmeister davon unterrichten, junger Assassine, er wird nichts dagegen haben. Und damit ihr noch ein wenig besser zusammenarbeiten könnt, habe ich etwas für euch: Diese beiden Armreife, sie werden euch begleiten. In ihnen wohnt ein Luftzauber, den ihr mit einem einzigen Wort aufrufen könnt - er zeigt euch, wo der Andere von euch beiden ist und ihr könnt auch kurz miteinander reden. Die Wirkung des Zaubers ist jedoch nur kurz, da sein Element die Luft ist, und deshalb schnell verweht." Arcon sah den Nutzen dieses Zaubers jedoch sofort und nickte, denn gerade wenn man weiter voneinander entfernt war, konnte man sich auf diese Weise gut kontaktieren.

Ravien sah den Nutzen auch und blickte in die Schatulle, die der Magier geöffnet hatte. Darin lagen zwei schlichte, kleinfingerdicke Armreife aus Eisen, die sicher nicht gestohlen werden würden. "Ich bin damit einverstanden. Es beeinträchtigt aber nichts sonst, oder ? Also die Magie von meinem Späher zum Beispiel ?"

"Ich hätte es niemals vorgeschlagen, wenn es so wäre, junger Assassine." Der alte Magier lachte leise und schüttelte amüsiert den Kopf, ehe er kurz die Hand hob und einige leicht bläulich leuchtende Zeichen erscheinen und zu dem Rabentattoo schweben ließ. "Nein, der Rabe ist ebenfalls ein Luftzauber - und auch Arcons Feuerzauber wird sich damit verstehen. Ich bin schon alt genug, um zu wissen, was geht und was nicht ... vor allem, wenn dein Rabe von einem meiner Schüler gefertigt worden ist."

"Von einem Schüler ? Dann ist meine Gilde ja in guten Händen." Ravien war erst sehr überrascht, aber dann lachte er leise, und nahm einen der Armreife aus der Schatulle, um ihn anzulegen. "Ich vermute, da ihr Interesse an solchen Dingen habt, werden wir Aufträge bekommen, magische Dinge zu beschaffen, oder ?"

Auch Arcon nahm sich einen der Reife und als er ihn übergestreift hatte, atmete er erschrocken ein, als die Reifen enger wurden und sich ihren Handgelenken anpaßten. Sie konnten nun nicht mehr ohne Zauber abgenommen werden - doch Niemand würde sich die Mühe machen und die einfachen, eher schlichten Eisenreifen haben wollen. "So ist es, Ravien ... ihr habt die Fähigkeiten und den Mut, um diese Aufträge zu erfüllen, gerade weil du ein Dieb und du ein Assassine bist. Und jetzt paßt auf, mit diesem Wort aktiviert ihr den Zauber der Reifen ..." Dann sprach der alte Zauberer ein Wort einer sehr alten Sprache und nickte, als die beiden es fehlerfrei wiederholten und verdutzt aufblickten, als sie die Verbindung fühlten.

Ravien blickte den Dieb an, und lachte letztlich. "Das ist fantastisch, es wird uns sehr nutzen." Wie gut sie auf Dauer zusammenarbeiteten, würde sich noch zeigen ... aber es würde hoffentlich alles klappen, da sie sich bisher gut vertrugen.

"Er hat recht - das ist verdammt praktisch." Auf die Worte des jungen Diebes nickte der Alte nur und ließ mit einem weiteren Wink seiner Hand eine kleine Kristallkugel zu sich schweben, gab sie den beiden und nickte kurz darauf. "Wenn ich einen Auftrag für euch habe, werde ich euch damit rufen - es wäre gut, wenn du die nächsten Tage deinen Auftraggebern sagst, daß du einen anderen Herrn gefunden hast und nicht mehr für sie arbeiten kannst, Ravien. Und auch du solltest keine Aufträge mehr annehmen oder selbst ausführen, Arcon - damit ihr für mich da seit, wenn ich euch brauche. Damit ihr auch keinen Grund habt, Aufträge anzunehmen, bekommt ihr von mir diesen Beutel Gold, davon könnt ihr die nächsten Monate gut leben." Mit diesen Worten holte der Zauberer noch einen doch beträchtlich großen Beutel hervor und gab ihn dem jungen Dieb, der nur kurz schluckte und ihm gleich ein kurzes "Natürlich." antwortete.

Selbst Ravien war über das Gold überrascht, aber er nickte. "Ich verstehe, und wir werden euch nicht enttäuschen, Meister." Er neigte seinen Blick und erhob sich schließlich, denn es war Zeit, zu gehen. "Ich vermute, es wird unser Leben aufregender machen."

"Das kannst du annehmen ... aber das war unser Leben ja so oder so. Eine schöne Nacht noch, Meister Palsperatas, sie melden sich ja." Auch Arcon neigte seinen Blick und der Alte lachte leise auf, ehe er kurz schnippte und die beiden jungen Männer durch einen Zauber wieder in die Katakomben vor die äußere Türe schickte. "Verdammt - ich hasse es, wenn er das macht. Er hätte uns doch gleich in dein Versteck schicken können !" Doch die Worte des jungen Diebes waren ohne Biß, denn er war nur ein wenig mißmutig. "Wie machen wir es jetzt, Rotauge ? Zurück in dein Versteck ?"

Ravien atmete noch etwas schwer, denn ihm war fast das Herz in die Hose gerutscht, als der Zauber wirkte. "Ich denke in meines, ich möchte ungern woanders hin, und du hattest dich da ja recht wohl gefühlt." Somit war die indirekte Frage des Diebes beantwortet. Sie blieben zusammen und wohnten bei Ravien, und der Assassine war mehr als nur gespannt, wann der erste Auftrag reinschneite.

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