Balken01a


 ”Die Arena des Präfekten”  04
 

backset3line

}}|{{

Numa knurrte ungehalten, als die Wache hinter Rik abschloss, nachdem dieser erneut etwas Fleisch holte. Numa lag wieder in Ketten, denn er war in den letzten Wochen noch wilder geworden und er wusste auch, warum. Sein eigentliches Erwachen stand kurz bevor und er hatte immer mehr Mühe, sich zu beherrschen - sogar zwei Wachen waren ihm zum Opfer gefallen. In der Arena war er aggressiv wie nie, und jedes seiner Opfer wurde zum Teil von ihm verschlungen. Eine Tatsache, die ihn als Monster zu einer Legende gemacht hatte.

Und obwohl er nur noch so schwer zu kontrollieren war, freute sich Marcus, da die Einnahmen seiner Arena sprunghaft angestiegen waren. Die Adeligen überschlugen sich schon fast damit, ihre Champions gegen Numa antreten zu lassen - und oft genug war der Ausgang ungewiß und nur die außerordentliche Wundheilung des Schwarzhäutigen bewahrte ihn davor, den tödlichen Wunden nicht zu erliegen. Die mehr als nur hohen Eintritts- und Wetteinnahmen ließen den Arenabesitzer sogar darüber hinwegsehen, daß einige der Putzsklaven und Wachen von Numa getötet wurden ... denn seit sie entdeckt hatten daß es ausreichte, wenn man Rik bedrohte, fügte sich dieses Biest, wenn es zur Arena hin- oder wieder zurückgebracht wurde. Der junge Germane hingegen lief nur noch mit geducktem Haupt durch die Gänge, da die anderen Sklaven ihn schmähten und mieden ... sie hatten Angst vor ihm, denn für sie konnte es nicht mit rechten Dingen zugehen, daß dieses Biest ihn nicht zerriß und auffraß. Doch es war für Rik nicht mehr wichtig ... für ihn zählte nur, daß er so schnell es ging, neues Fleisch für Numa holte, denn er fühlte, daß dieser es brauchte.

Er brauchte es, weil sein Körper einen Wachstumsschub durchmachte. Etwas, das heikel war, denn seine Fesseln wurden langsam enger, und er dadurch immer unruhiger. Heute Nacht zeigten die Monde ihr volles Gesicht, und dann würde es passieren. Numa sorgte sich aber auch und knurrte, wenn er daran dachte, daß er Rik bei der Wandlung womöglich töten könnte.

Davon wußte der Blonde aber nichts, und er machte sich darüber auch keine Gedanken. Im Gegenteil - er fühlte sich inzwischen nur noch bei dem Nubier sicher und beeilte sich mit dem Fleisch, aß nur kurz ein wenig Eintopf und lief dann sofort wieder zu ihm zurück. Die Wache wartete schon auf den jungen Germanen und atmete erst auf, als die Zelle hinter ihm wieder geschlossen war und Numa ein wenig ruhiger wurde, zog sich sofort einige Meter von der Zelle zurück und blickte zu dem anderen Wachmann, der sich gar nicht mehr an die Zelle des Biestes traute. "Hier, Numa - frisches Fleisch, Blut und Milch. Und auch einige Trauben und Äpfel, sie tun dir gut."

Numa schnappte sich sofort das Essen, und schlang es herunter. Sein Körper brauchte im Moment so viel, und doch rechte das, was Rik ihm brachte, nicht. Aber er ließ es sich nicht anmerken und trank noch Blut und Milch hinterher, ehe er etwas weicher grollte und sein Blick zu den Wachen huschte. Als sie nicht in Sicht waren, sprach Numa leise. "Ich wünschte, du wärst heute Nacht nicht in meiner Zelle eingesperrt ... es passiert etwas, und ich habe Angst, daß ich dich töte."

Im ersten Moment war der Blonde zu erschrocken, um zu antworten - doch dann schluckte er kurz und nickte, als er auf den Abendhimmel blickte, den man durch eine der oberen Fenster im Gang sehen konnte. "Es sind die Monde, nicht wahr ? Sie sind wieder voll, und du bist immer so reizbar gewesen, wenn sie voll wurden. Aber niemals gegen mich, Numa - niemals gegen mich, auch wenn du alle Anderen verletzt und getötet hast. Ich habe keine Angst vor dir, Numa ... und ich möchte bei dir sein und dir helfen, dir ein wenig Ruhe geben." Es war Rik mehr als nur ernst - denn selbst wenn Numa ihn töten würde, er wollte nirgends sonst sein. Und bevor dieser etwas erwidern konnte, neigte Rik sich zu ihm und küßte ihn, lächelte sacht und wisperte noch ein "Ich vertraue den Göttern ... und auch dir, Numa." an dessen Lippen.

Numa war so überrascht, daß er nicht einmal die Arme um Rik legte, als dieser ihn küsste und leise zu ihm sprach. Erst nach einigen Momenten hob er seine Arme, und drückte den Blonden fest und doch sanft an sich. "Ich hoffe, daß ich dir nichts tue ... du gehörst zu mir, ich fühle es im Herzen. Aber ich erwache heute Nacht vollends und weiß nicht, was ich tun werde. Das, was ich jetzt bin, war nie das ganze ... es geschah, weil ich mich damit schützte, es war eigentlich zu früh."

Nun doch ein wenig verwirrt, blickte der junge Blonde zu ihm auf und hob eine Braue - doch dann zuckte er nur mit den Schultern und kuschelte sich entspannt an die breite Brust vor sich, schmunzelte leise und schloß vertrauensvoll seine Augen. "Auch wenn es komisch klingt, aber es macht irgendwie Sinn. In den Erzählungen meines früheren Stammes waren diese Tiermenschen immer schon erwachsen ... und man erzählte sich auch, daß sie erst erwachten, als sie erwachsen wurden und die Monde hell am Himmel standen. Ich lasse mich überraschen, Numa ... und ja, ich gehöre zu dir, sonst würde ich mich nicht so sicher bei dir fühlen. Mach dir nicht so viele Sorgen wegen mir - die Ketten sind das schlimmere Übel, sie schmerzen dich." Während er sprach, drehte Rik sich kurz, streichelte behutsam über die wirklich hauteng anliegenden Fesseln und seufzte leise, ehe er Numa wieder anblickte. "Ich kann versuchen, die Wachen zu überreden, sie dir abzunehmen ... ich sage ihnen einfach die Wahrheit: Der Schmerz reizt dich noch mehr und du wirst noch wütender, wenn du sie tragen mußt."

"Versuchen kannst du es ja mal. Ich werde, bis die Monde am Höchsten stehen, noch weiter wachsen, und schon jetzt ist es unangenehm." Das würde es leichter machen, und Numa wollte noch in dieser Nacht fliehen. Er musste in dieser Nacht fliehen.

Irgendwie ahnte es Rik und seufzte leise, ehe er nickte und sich wieder aus der Umarmung löste. Dann ging er an die Zellentüre und rief nach den Wachen, lächelte, als einer der Wachmänner kam und erklärte ihm das Problem mit den Ketten. Die Wachen hatten sich das schon gedacht - doch bisher nichts gesagt, da sie Angst vor dem Nubier hatten. Rik beruhigte sie jedoch, indem er ihnen erklärte, daß auch Numa dadurch ruhiger werden würde ... und nachdem dieser scheinbar wirklich ruhiger war, als er hörte, daß er die Ketten losbekommen sollte, entschlossen sich die Wachen und lösten sie, während sie den Schwarzhäutigen durch mehrere Speere in Schach hielten. Dann sperrten sie so schnell wie möglich die Zelle wieder zu und verschwanden, und Rik seufzte erleichtert, als er zu Numa zurückkehrte. "Besser ?"

"Sehr viel besser." wisperte Numa, und zog Rik wieder enger an sich heran. Es würde nicht mehr lange dauern - bald war es soweit, und Numa konzentrierte sich langsam auf die Wachen. Sein Hass galt ihnen, und er wollte seine Wut bei der Wandlung auf sie richten. "Wenn ich mich wandle, dann fliehen wir ... ich nehme dich auf meinen Rücken, du musst dich dann gut festhalten."

All das klang so unglaublich - doch Rik nickte nur und seufzte leise, ehe er sich wieder an den Größeren kuschelte und dessem starken Herzschlag lauschte. Auch die Raubkatzen ahnten, daß hier etwas geschah - sie waren unruhig und verängstigt, doch sie brüllten nicht, sondern verhielten sich ruhiger als je zuvor. Doch dann versickerten die Gedanken und der junge Blonde seufzte leise, als die Erschöpfung nach ihm griff und er langsam einschlief.

Auch Numa versuchte, etwas zu ruhen, jedoch erwachte er kurz vor Mitternacht und stöhnte dunkel auf. Sein Körper wurde von einem feurigen Schmerz durchzogen; er kannte es von damals, aber jetzt war es viel schlimmer. Instinktiv stieß er Rik von sich, damit er ihn nicht verletzte und knurrte verbissen, als sich sein Körper für einen Moment schmerzhaft verkrampfte.

"Numa !" Rik war schon bei dem Stöhnen aufgewacht und konnte sich einigermaßen abfangen, als der Größere ihn von sich stieß. Er ahnte instinktiv, daß Numa das getan hatte, um ihn zu schützen - und nun sah der junge Germane entsetzt dabei zu, wie der Körper des großen Nubiers von Krämpfen geschüttelt wurde. Das Fleisch unter der schwarzen Haut schien fast ein eigenes Leben zu entwickeln und die Knochen Numas knackten so laut, daß Rik schon Angst hatte, daß sie unter der Kraft der Muskeln brachen. Doch dann kam ihm, was hier wirklich passierte: Numa wuchs, er wurde noch größer und kräftiger, und sein Kopf wandelte sich zu dem eines Löwen, während seine Füße und Hände zu Pranken wurden und ein langer Schweif über seinem Hintern herauswuchs. Die Krallen und Fänge wurden noch länger und schärfer, und über die gesamte Haut schien feines, pechschwarzes Fell zu wachsen, das wie auch schon zuvor an den Unterarmen, der Brust und unterhalb des Nabels länger war. "Ihr Götter ..."

Die Verwandlung war abgeschlossen und Numa fauchte laut, als er die leisen Worte hörte. Aber er besann sich schnell, packte Rik und drehte ihn so, daß er sich auf dessen Rücken halten konnte. Als er fühlte, wie sich der Blonde an ihn klammerte, riss Numa die Gitter seiner Zelle aus den Wänden und stürzte knurrend in den Gang, um dort die herbeilaufenden Wachen zu zerfetzen und seinen Hunger an ihnen zu stillen. Es dauerte nicht lange, da er schlang, und gleich darauf rannte er los, riss im Vorbelaufen noch die Gitter bei den Katzenkäfigen weg, und stürmte auf den Hof.

Dort erwarteten ihn eine Kompanie Wachen, die von den Entsetzensschreien der Sterbenden angelockt wurden. Sie zitterten vor Angst, als sie dieses Löwenmonster vor sich sahen und einige schrien auf, als Numa erneut aufbrüllte und dann auf sie zustürmte. Rik klammerte sich ängstlich bebend am Rücken des Werlöwen fest und hoffte, daß er nicht von einem der Speere getroffen wurde ... doch dann schrie er leise auf, als eine der Spitzen ihn am Oberschenkel verletzte und eine weitere seine Schulter striff, denn die Wachen stachen blindlings auf die Fliehenden ein.

Als Rik verletzt wurde, brüllte Numa laut auf. Er rannte nun einfach los, sprang ab und setzte über die hohe Mauer. So schonte er Riks Gesundheit, sie flohen jetzt nur noch, ohne kämpfen zu müssen und Numa lief so schnell wie er konnte, damit sie genug Vorsprung bekamen.

Doch der junge Germane bemerkte davon nicht sehr viel, da der Schmerz seiner Wunden so groß war. Er bemerkte nur, daß die Stimmen leiser wurden und schließlich nicht mehr zu hören waren ... und daß Numa lief, immer weiterlief und manchmal auch sprang, so daß Rik seine Arme und Beine so gut es ihm möglich war, um den starken Körper schlang.

Es dauerte noch ein wenig, aber dann wurde Numa langsamer und blieb letztlich stehen. Er holte Rik von seinem Rücken herunter und grollte beunruhigt wegen der Wunden, die er hatte. Dann leckte er über die Verletzung am Bein, und schnurrte dunkel.

Rik wimmerte leise und schloß einen Moment lang die Augen, doch dann lächelte er schmerzlich und kraulte zärtlich über die weichen Katzenohren Numas. "Es geht schon ... sie haben mich zwar getroffen, doch es ist nicht ganz so schlimm. Wenn wir in Sicherheit sind, dann verbinde ich die Wunden, aber wir sollten unbedingt weiter, damit wir nicht gefangen werden. Wo sind wir eigentlich ?" Erst jetzt bemerkte der Blonde, daß sie in einer Art leerem Stall waren, und blickte sich verwirrt um.

"Erstmal sicher." wisperte Numa rau, denn es fiel ihm schwer, in dieser Gestalt zu sprechen. "Ich rasch jage, dann weiter." Er hatte noch immer großen Hunger und brauchte noch Fleisch, um die letzten Kräfte, die fehlten, anzusammeln.

"Geh nur ... ich bleibe hier und warte auf dich." Zuerst hatte Rik ihn nicht ganz verstanden, doch dann kam ihm, was Numa meinte, und er nickte nur darauf. Denn er konnte nur zu gut verstehen, daß dieser noch Hunger hatte, schließlich war er noch um einen Kopf in der Größe gewachsen und fast um die Hälfte kräftiger und breiter geworden. "Schlag dir den Bauch voll, du brauchst es. Du bist so sehr gewachsen, das ist so unglaublich."

"Verbinde dein Bein, hier liegt Stoff herum." Numa schob Rik einen Kleidungsfetzen zu, dann verschwand er rasch aus der Hütte, und schlug nicht weit entfernt ein paar Ziegen, um sich an ihnen zu sättigen. Seine Sinne waren bei der Hütte und der Umgebung, er wollte nicht, daß sie zu schnell gefunden werden. Als sein Magen voll war, schnappte er sich noch eine Keule und lief zurück in die Hütte.

Dort hatte sich Rik inzwischen die Beinwunde verbunden, doch die Wunde an der Schulter konnte er leider nicht erreichen. Aber die Blutung war schon versiegt und der Schorf sorgte dafür, daß kein Schmutz hineinkommen konnte. Als Numa wieder zurückkam, lächelte der Blonde, ehe er ein wenig verdutzt auf die Ziegenkeule in der Hand des Löwenmenschen blickte. "Wieso hast du die mit ?"

"Für dich ... ich weiß, ist roh, aber wenn du Hunger bekommst." Numa legte die Keule in Riks Hände, und wagte ein Lächeln in seiner Halbform. Aber er ließ es dann doch sein, weil er sicher beängstigend aussah, wenn er es tat. "Wir müssen bald weiter."

Ein leises "Ich weiß." wispernd, schmunzelte der Blonde leise, als er das unsichere Lächeln sah ... er konnte sich schon denken, was durch Numas Kopf geisterte und hob die Hand, legte sie unter der wallenden Mähne hindurch an den Nacken des Schwarzbefellten und zog ihn zu sich herab, um sacht mit der Wange an dessen zu schmusen. "Nur keine Scheu, Großer ... auch wenn du jetzt wie eine Mischung aus Mensch und Löwe aussiehst, du bist noch immer du. Und ich habe ganz gewiß keine Angst vor deinem Lächeln, nur weil du jetzt noch mehr scharfe Zähne hast."

Wegen der Antwort musste Numa unmittelbar grinsen, und zeigte so sein makelloses Raubtiergebiss. "Du bist seltsam, aber ich mag dich sehr, sehr gern. Iss bitte etwas, auch wenn es roh ist." Er lenkte wieder ab und hob die Keule auf, um kleine Stückchen Fleisch mit seinen Krallen aus der Keule zu zupfen, damit Rik sie essen konnte.

Jener schluckte schwer, als er eines der rohen Fleischstückchen aufnahm - doch dann seufzte er leise, da Numa recht hatte, und aß es auf. Es schmeckte sogar besser, als er gedacht hatte und so lächelte Rik ein wenig, nahm ein weiteres Stückchen an und aß auch dieses. Irgendwie war es regelrecht liebevoll von dem Löwenmenschen, so daß der Blonde näherkam und sich an Numa herankuschelte, während er wieder eines der Fleischstückchen aß.

Numa fütterte ihn geduldig weiter und wirkte erleichtert darüber, daß Rik das rohe Fleisch ohne zu zögern, aß. Es war das Einzige, was er ihm jetzt geben konnte und er hörte sofort auf, es anzubieten, als Rik nicht mehr konnte. "Wir ziehen sofort weiter. Ich will so schnell wie möglich aus der Reichweite der Spürhunde." murmelte er mit seiner grollenden Stimme, und half Rik wieder auf seinen Rücken.

Der junge Germane wurde langsam müde und seufzte wohlig, als er sich festhielt und an den warmen Körper des Größeren kuschelte. Rik wußte, daß er nicht einschlafen durfte - doch er konnte wenigstens für eine kurze Zeit Kraft sammeln, denn er ahnte schon, daß Numa noch lange durchhalten konnte. "Ich vertraue dir ... du weißt besser, was zu tun ist."

Numa grollte weich, dann verließ er die Hütte und lief sofort los. Seine Bewegungen waren so weich, daß Rik nicht sehr gerüttelt wurde und Numa legte ein enormes Tempo vor, um sehr schnell sehr weit zu kommen. Er achtete jedoch immer auf Rik, und holte ihn schließlich doch nach vorne, um ihn anders zu tragen. "Versuch zu schlafen, so geht es ... und keine Sorge, du behinderst mich nicht beim Laufen."

"Wenn es wirklich geht ? Danke, Numa." Der schlanke Blonde war ihm wirklich dankbar und kuschelte sich wieder an die Brust des Größeren, der ihn so sicher auf seinen Armen trug. Es dauerte nur wenige Herzschläge, dann schlief er ein - und das so tief, daß er nicht einmal aufwachte, als Numa durch die Wälder lief, die nach den Feldern kamen.

}|{

 

Website Design Software NetObjects Fusion
Bar08
Bar08b