Balken01a


 Kei und Ramon  01
 

backset3line

Das fehlte ja noch. Shagen legte leise fluchend den Telefonhöhrer auf und stöhnte leise. Wieder einmal kam alles auf einmal, warum konnten die Kunden sich nicht ganz normal anmelden und dann kommen, wenn Shagen es wollte. Nein, jetzt kam wieder Jemand und es würde nicht sehr einfach werden. Diese Kubaner waren wirklich das Letzte. "Ganz ruhig, Shagen... du schaffst das ja sonst auch immer." bestärkte der Silberhaarige sich selbst und stand von seinem Schreibtischstuhl auf. Er hatte ja noch einen Gast, sein Bruder Kei war da, weil er in ein paar Tagen einen Kunden erwartete, der auf das stand, was Matze nicht tat und auch nie tun würde. Reine Schmerzen. Kei war Folterer, es lag in seiner Natur, es war ein Gen, das in der Asatofamilie vorhanden war und hin und wieder auftauchte. Kei hatte es, das hatte man schon bei seiner Geburt festgestellt. Die linke Iris war weiß, es war zwar wissenschaftlich nicht belegt, aber aus den Familienchroniken ging es deutlich hervor, daß dieser Makel ein Zeichen für eine grausame Ader war und wie alle mit diesem weißen Auge wurde auch Kei ein Folterer. Aber Kei war kein Problem, er tat, worum Shagen ihn gebeten hatte. Er hielt sich auch von Craig fern, denn der würde einen Rückfall bekommen wenn Kei ihm zu nahe kommen würde. Das wollte Shagen nicht riskieren. Don Acosta Tajavir war das Problem. Als Shagen sein Büro verließ, traf er zum Glück gleich auf Hale. "Hale ! Wir bekommen einen Überraschungskunden. Don Acosta.... Shean soll wegbleiben, Omi, Cesare, Endira und alle Anderen auch. Chino sollte dabei sein und Tee oder Kaffee servieren und du bist auch dabei. Und such Kei, er soll sich auch nicht blicken lassen. Ich will keine Zwischenfälle, der Mann ist gefährlich." Hale nickte sogleich. "Wie du wünscht, Meister Shagen." Er beeilte sich, allen Bescheid zu geben, und würde sich selber noch umziehen. Auf dem Flur begegnete er Kei und er verneigte sich kurz vor ihm. "Ihr Bruder lässt ausrichten, daß er die nächsten Stunden keine Zeit hat. Er erwartet einen wichtigen Kunden und wünscht, daß sie sich nicht blicken lassen." Selbst Hale hatte Schiss vor dem kleinen und zarten Japaner, es war einfach krass, was Kei für eine Aura hatte. "Ich verstehe." wisperte der nur kühl und strich kurz mit den zarten Fingern über Hales Wange. Er lächelte, als er ein leichtes Beben fühlen konnte. "Ich bin unten in Matzes Reich, um mich mit den Sachen anzufreunden." Dann verschwand er lautlos und ging hinab in den Keller des Drachenhauses. Hale schauderte erneut einen Moment, atmete tief durch und machte seine Runde durch das Haus, um allen Bescheid zu geben. Zuletzt betrat er sein und Chinos Zimmer. Dort fand er seinen Liebsten am Fenster sitzend. "Liebling ?... Shagen braucht dich."

Ein Blick genügte, daß der schlanke Italiener zu seinem Gefährten kam und ihn sanft zu sich herabzog, zärtlich küßte und sich dabei eng an ihn heranschmiegte. Chino ahnte, daß Hale Kei begegnet war, sah es an dessen unterschwelliger Nervosität und fühlte es, als sein Liebster sich nun wieder entspannte. "Gehen wir, mio caro ... ist etwas passiert ? Alle gehen in den Garten, damit sie nicht gesehen werden können ?" Dies war etwas, das Chino ein wenig verwunderte, denn es schien fast, als wären sie Beide die Einzigen, die noch im Haus und nicht im Garten waren ... außer Kei und Shagen.

"Sie sollen auch nicht gesehen werden. Der Kubaner, der kommt, ist sehr gefährlich. Shagen verhandelt mit ihm. Ich passe wie immer auf und er möchte dich gern dabei haben, weil du eine so herrlich beruhigende Wirkung auf Menschen hast. Ich zieh mich rasch um, dann gehen wir. Der Kunde kommt in einer knappen halben Stunde." Hale küsste seinen Liebsten sacht und löste sich langsam, um sich umzuziehen. Im Hauskimono machte er nicht so einen guten Eindruck, also holte er einen seiner dunklen Anzüge heraus und ging ins Bad, um sich den Dreitagebart abzurasieren.

Chino murmelte nur ein leises "Ach du meine Güte....", ehe er nickte und ebenso zum Schrank ging. Es wäre auf keinen Fall gut, wenn er sein weites, halboffenes Hemd und den langen Rock mit dem Seitenschlitz anbehielt, also holte er sich eine der dünneren, schlichten, schwarzen Hosen heraus und dazu ein Hemd, das zwar nicht eng anlag, aber auch nicht zu weit und nur bis zum Brustbein geöffnet war. Der Schnitt glich ein wenig den japanischen Jacken, da das Hemd einen schmalen Stehkragen hatte, ideal, um den schmalen Spalt mit einer einfachen Krawattennadel aus Platin zusammenzunehmen und so kein Stückchen überflüssige Haut zu zeigen. Schwarze Socken und einfache, edlere, schwarze Halbschuhe rundeten seine Erscheinung ab und zu guter Letzt band Chino seine langen Haare noch im Nacken locker mit einem schwarzen Satinband zusammen, nickte zu seiner Erscheinung und wartete geduldig auf seinen Liebsten, der sich nun speziell für diesen Anlaß so anzog, daß er mehr als nur beeindruckend und auch leicht einschüchternd wirkte.

Hale war dann auch fertig. Er hatte im Anziehen schon einiges an Routine. Shagen würde sicher einen Kimono tragen, so wie er es eigentlich immer tat, wenn er Zuhause war. "Du siehst gut aus, Liebling." wispernd, küsste Hale seinen Schatz und ging dann mit ihm hinab. Im Vorraum des Hauses wartete Shagen, er würde seinen Gast Heute persönlich empfangen. "Chino, hol bitte schon Tee und Kaffee und geh dann in den Salon. Wir kommen dann."

"Natürlich, Shagen ... ich hoffe nur, er ist nicht so ungehobelt wie es die Kubaner im Normalfall sind, bitte paß auf, ja ? Und du auch, mio caro." Dem Maler war nicht wohl bei dem Gedanken, denn er hatte schon einmal das Mißvergnügen gehabt, in einem Konzert in Kuba aufzutreten - etwas, das er niemals vergessen würde. Doch dann schob er diese Gedanken beiseite und lief in die Küche, um dort Tee und Kaffee zu bereiten - den Letzteren besonders sorgfältig - und brachte die Kannen und entsprechendes Geschirr schließlich in den Salon, um es dort zu richten und sich schließlich unauffällig an der Seite zu halten, so wie es ein einfacher Diener tun würde.

Nur Minuten später fuhr der Wagen vor, in dem der Gast kam. Shagen trat vor die Tür und Hale öffnete, wie man es von einem Diener erwarten würde, die Tür der Limousine. Shagen beruhigte sich schlagartig und wirklich kühl und gelassen, wie man es normal von ihm gewohnt war, und das färbte auch sofort auf Hale ab.

Doch anders, als erwartet, stieg zuerst ein ungewöhnlicher Mann aus, dessen Ausstrahlung so gefährlich war, daß die meisten Leute sofort von ihm zurückwichen. Das Sonnenlicht fing sich regelrecht in dessen weißen, leicht rotschimmernden Haaren, die so gegensätzlich zu seiner sonnengebräunten Haut waren und er musterte nur kurz den großen Japaner an der Wagentüre, ehe er sich umsah, die schwarzrubinroten Augen beim Anblick Shagens kurz verengte und schließlich zur Seite trat, um den eigentlichen Gast aussteigen zu lassen. Es dauerte einige Momente, bis Don Acosta seinen feisten Körper aus dem Mercedes gehievt hatte - ein kurzer Blick zu dem Weißhaarigen genügte, daß er kurz grummelte und zur Seite spuckte, die Zigarre wieder zwischen seine Zähne klemmte und grinsend zu Shagen ging, der an der Haustüre auf ihn wartete. Ramon blieb nur einen Schritt hinter dem feisten Kubaner und musterte nun ihren Gastgeber, während sein Arbeitgeber laut auflachte und Shagen auf die Schulter klopfte. "Shagen, nicht wahr ? Ich muß sagen, ich bin von ihrem Anwesen beeindruckt - es muß sie eine schöne Stange Geld gekostet haben, sich ein so großes Grundstück zu kaufen. Gehen wir rein - mir ist es hier zu kalt für Verhandlungen !"

Hale wie auch Shagen hatten auf den ersten Blick gemerkt, daß der Leibwächter mehr als gefährlich und nicht nur Leibwächter war. Er war mehr und Shagen kam er irgendwie bekannt vor. Doch er kümmerte sich um seinen Gast und verneigte sich kurz. "Willkommen in meinem Haus. Bitte treten sie ein, im Salon ist es gemütlicher als hier." Er bat den feisten, kleinen Kubaner herein und ging neben ihn her. Hale ging hinter ihnen und auch hinter Ramon. Dieser Kerl hatte genau so eine Aura wie Kei, es war wirklich gruselig.

Der Weißhaarige hingegen schob die schwarzlederne Laptoptasche, die er über die linke Schulter trug, ein wenig nach hinten und ließ seinen Blick über die Gänge schweifen, die sie entlanggingen. Er bemerkte sofort die nur für ein geübtes Auge sichtbaren Kameras und konnte sich denken, daß überall versteckte Wächter standen, auch wenn sie im Moment nicht sichtbar waren. Ohne, daß er es bewußt bemerkte, berührte Ramon die Peitsche, die an der rechten Seite von dem breiten, schwarzen Gürtel hing; der Dolch an seinem rechten Oberschenkel gab ihm ebensolche Sicherheit wie die beiden breiten, schwarzen Lederschoner an seinen Unterarmen, die ebenso wie seine Stiefel versteckte Messer enthielten. Seine ganze Erscheinung zeigte, daß er ein erfahrener Kämpfer war - trotzdem, daß er nicht massiv wirkte, war er perfekt durchtrainiert und die enge, schwarze Lederhose, die er trug, zeigte dies ebenso wie das weite, weiße Hemd, das bis zu den Rippen offenlag und seinen Oberkörper zeigte. Was allerdings viele Menschen mit maßloser Furcht erfüllte, waren die kleinen Glöckchen, die er an seinen kniehohen, schwarzen Lederstiefeln trug - ihr Klingeln war vielen Menschen wohlbekannt, die seine Künste schon kennengelernt oder zumindest von ihm gehört hatten und ließ sie vor Angst erzittern. Ramon liebte den Geruch von Angst ... er liebte die Schmerzensschreie, die er seinen Opfern entlockte, und war nicht umsonst trotz seiner erst zwanzig Jahre der beste Folterer, den es auf Cuba gab und auch wohlbekannt bei den Bossen der übrigen Welt, die solche Dienste benötigten. Daß er jetzt hier als Leibwächter mitkam, war eigentlich eine Ausnahme - Don Acosta war sein Gönner und er hatte verlangt, daß der Weißhaarige ihn begleitete, und so stimmte er schließlich zu, da er hoffte, vielleicht etwas Neues zu lernen. Daß er während der Verhandlungen nicht bleiben würde, wußte der feiste Kubaner - doch zumindest davor und danach hatte er den Folterer bei sich, wohlwissend, daß sich bei dessem Anblick jeder Meuchelmörder zweimal überlegen würde, ob er wirklich angriff.

Bei dem Klingeln wusste Shagen nun auch, mit wem er es hier zu tun hatte. Jetzt hatte er zwei Folterer in seinem Haus, wenn das mal gutging. Hale bemerkte derweil die Laptoptasche, es war wirklich etwas ungewöhnlich. Als sie am Salon ankamen, nickte Shagen zu Chino, nicht, daß der etwas paranoide Kubaner seinen Folterer auf ihn hetzte. "Das ist mein Schmetterling, er wird uns bedienen." So stellte er Chino vor und nickte auf den gemütlichen Sessel, der für die Gäste vorgesehen war.

Als Chino sich mit einem respektvollen "Es ist mir eine Ehre ..." verneigte, wurde das Grinsen des Dons noch breiter - doch dann ließ er sich auf den Sessel fallen und schnaufte, blickte zu dem Weißhaarigen an der Seite und grummelte, als dieser fragend eine der ebenso weißen Brauen hob. "Gut, verschwinde - ich denke nicht, daß mir hier etwas passieren wird, dazu ist Shagen viel zu klug, nicht wahr ?" Ramon nickte nur und wendete sich zu Shagen, als er einen Moment lang kalt lächelte und ihn schließlich ansprach. "Wäre es möglich, daß ich mich ein wenig umsehen kann, Meister Shagen ? Ich suche eigentlich nur einen ruhigen Ort, an dem ich ein wenig meine Unterlagen durchgehen kann ... vielleicht etwas, das schalldicht ist ?"

Shagen hob selber kurz eine Braue, dann nickte er. "Im Keller sind die Räume von Schlange. Er ist unser SM-Spezialist und die Räume sind demnach auch schalldicht." Daß Kei dort unten war, wusste Shagen nicht. Hale wusste es allerdings, aber der hatte es bei der Aufregung ganz vergessen. "Im Flur die Treppe hinab. Es ist leicht zu finden."

Mit einem kurzen Neigen seines Kopfes verabschiedete sich Ramon, da er sehen konnte, daß hier keine Gefahr war - Shagen würde den Don nicht angreifen, der große, ältere Leibwächter bewachte Shagen und so, wie es aussah, paßte er auch auf, daß der Don diesen Schmetterling, der ihnen nun Kaffee und Tee servierte, nicht anfaßte. Also wurde seine Anwesenheit nicht benötigt und der junge Folterer drehte sich um, schloß die Türe des Salons hinter sich und machte sich nun auf den Weg zu den Kammern dieses SM-Spezialisten, gespannt darauf, was ihn dort erwarten würde.

Dort unten stöberte Kei ein wenig herum. Er machte sich etwas mit Matzes Werkzeug vertraut. Das Schlimmste, was er fand, waren einige Nadeln, die man durch die Brustwarzen stechen konnte. Matze war SM-Spezialist, er war anders. Er bereitete Lust durch eine gewisse Art von Schmerzen. Bei den verschiedenen Aufhängevorrichtungen schmunzelte Kei, er musterte die Ketten und lächelte kühl. Daraus ließ sich was machen. Die Liegen waren auch verlockend. So legte er sich selber auf das glatte Leder und nickte, neigte sich zu einer der Handfesseln, um zu prüfen, wie gut sie hielten. Er verschnallte sein linkes Handgelenk und zog ein wenig daran. Ja, das hielt sehr gut. Das Leder war weich und doch so fest, daß es nicht reißen konnte. Shagen und Matze legten wirklich großen Wert auf Komfort und Qualität.

Inzwischen war Ramon bei der Treppe angekommen und nickte, als er langsam die Stufen hinabging und bei dem Gedanken an die Arbeit, die er noch vor sich hatte, lächelte. Die schalldichten Räume waren dafür unerläßlich - denn er sollte einige seiner Videos, die er während dem Foltern aufnahm, zusammenschneiden und für einen sehr guten Kunden auf DVD brennen, der sich daran ergötzte. Doch dann riß ein leises, doch wohlbekanntes Geräusch ihn aus den Gedanken und er zog eine helle Braue herab - erneut erklang das leise Knarren von Lederfesseln, ein Geräusch, das Ramon nur zu gut kannte, und so trat er näher an die geöffnete Tür und lächelte unwillkürlich hart auf, als er den jungen Japaner auf der Liege sah. Dieser junge Mann hatte die gleiche, gefährliche und rücksichtslose Aura wie er selbst - und er schien gerade eben die Liege samt der Fesseln zu prüfen, so daß der weißhaarige Kubaner schließlich nähertrat und die Türe hinter sich schloß, zu ihm kam und leise fragte, während er mit den Fingerspitzen über die andere Lederfessel strich. "Bist du dieser Schlange, dem die Räume hier gehören ?"

Kei setzte sich gleich auf, als er das leise Klingeln der Glöckchen wahrnahm, und musterte den seltsamen Mann, der zu ihm gekommen war und über die Lederfessel strich, als würde er sie geradezu liebkosen. "Ich bin nicht die Schlange. Ich bin Shagens Bruder und soll hier einen speziellen Kunden verwöhnen, so wie Schlange es nie tun würde. Ich vermute, wir sind vom gleichen Schlag." Kei fühlte das förmlich und er hatte auch schon von dem Weißhaarigen gehört. "Du bist Ramon der Skorpion, oder ?"

Dies ließ den Kubaner leise lächeln und er ging um die Liege herum, um nun über die andere Fessel zu streichen, in der noch immer das Handgelenk des Anderen lag. "Der bin ich. Und du bist Shagens Bruder ? Also ein Asato ... ich habe schon viel von den Folterern deiner Familie gehört, es ist mir eine Ehre, dich kennenzulernen, Kei." Man sah und hörte, daß seine Achtung vor dem jungen Japaner echt war - die Folterer der Asatos waren wohlbekannt und berühmt und auch dieser junge Sproß war keine Ausnahme und in ihrer Zunft wurde er als großes Talent gepriesen.

"Mir ist es ebenso eine Ehre, ich habe schon viel von dir gehört." Kei löste die Fessel von seiner Hand und lächelte, als er die verschiedenfarbigen Haarsträhnen sah, die an dem Tragegurt der Laptoptasche hingen. "Von deinen Opfern ?... Das gefällt mir." Es gefiel ihm wirklich gut und seine Finger strichen kurz über eine der Haarsträhnen.

Das ließ den Weißhaarigen leise schmunzeln und er nickte, nahm die Tasche ab und setzte sich neben Kei auf die Liege, um ihm so die Gelegenheit zu geben, die Haarsträhnen näher zu betrachten. Eine jede war mindestens fingerlang und sie hingen an einem großen Schlüsselring, der wiederum um den Trageriemen befestigt war. "Sie gehörten meinen besten Opfern, zumindest von denen, deren Haare lang genug waren. Ich behalte sie als kleine Trophäe, neben anderen Dingen ... weißt du, daß du der erste außer meinem verstorbenen Mentor bist, der sie als etwas Schönes sieht ?" Langsam verlor sich die Kälte, die Ramon normalerweise immer in seinen Zügen trug - er fühlte eine verwandte Seele, und das dazu in einem Mann, der nicht älter als er selbst mit seinen zwanzig Jahren sein konnte. Als sich Kei jedoch vorneigte, folgten auch dessen lange Haare der Schwerkraft und schwangen ein klein wenig von dessen Gesicht weg - etwas, das Ramon neugierig eine Braue hochziehen ließ und er nahm behutsam eine der Ponysträhnen und strich sie hinter das Ohr des Japaners, um einen besseren Blick auf dessen Augen zu werfen. Das eine besaß das charakteristische Grün der Asatos - doch die Iris des Anderen war so hell, daß sie fast weiß war, etwas, das den Kubaner sichtbar faszinierte.

Das spürte Kei schon fast und er sah von den Haarsträhnen seitlich zu Ramon. "Das Zeichen der Asato-Folterer. Schon bei meiner Geburt war klar, was ich werde." Er hob seinen Kopf leicht und wandte sich direkt zu Ramon. Auch er fühlte sich wohl in der Nähe des Anderen. Es war angenehm, daß mal einer keine Angst vor ihm hatte. Obwohl Shagen auch keine hatte, aber das war etwas anderes. "Sammelst du noch mehr ?"

"Natürlich ... aber nur, wenn es sich lohnt. Ich habe zum Beispiel eine Sammlung der schönsten Augen, gerade, wenn sie ungewöhnliche Farben haben. Auch hübsche Lider sammle ich ... und schöne Haare, ich habe mir die Skalpe zu einer Decke genäht. In mein Haus wagen sich nur wenige, da es sie davor ekelt ... Keiner von ihnen weiß die Schönheit eines Organs zu schätzen oder die Schönheit eines geöffneten Körpers, so wie wir. Und ich sammle noch etwas ... ich mache von jeder Folter ein Video, magst du sie mal sehen ? Ich bin eigentlich hierhergekommen, weil die Wände schalldicht sind - ich habe einem meiner Kunden versprochen, ihm eine DVD mit meinen letzten Folterungen zu brennen, manche Menschen zahlen dafür die höchsten Summen." Die Stimme Ramons war ebenso dunkel und sanft wie auch schon zuvor, obwohl man mehr als nur gut heraushörte, wie sehr ihm diese Dinge gefielen. Dies war das erste Mal, daß Jemand nach seinen Sammlungen gefragt hatte - noch niemals zuvor hatte er Jemanden getroffen, der sich dafür interessierte, etwas, das den Weißhaarigen verwunderte ... und anzog, fast schon wie das Licht eine Motte.

Die Augen von Kei leuchteten ein wenig, als Ramon von der Sammlung sprach. "Das würde ich zu gern mal sehen." Allein der Gedanke war toll. Er selber sammelte nicht, er hatte es nicht gedurft. "Ich durfte nicht sammeln. Ich bin erst seit kurzem mit meiner Ausbildung fertig.... kann ich die Videos mal sehen ?" Im Moment wirkte er wie ein Kind im Bonbonladen.

So erging es ihm aber nicht allein - zum ersten Mal war Jemand ehrlich an seinen Vorlieben interessiert und Ramon schmunzelte, als er nickte, seine Ledertasche öffnete und ein schmales CD-Booklet herausnahm. Dann öffnete er es und holte aus dem ersten Fach zwei Fotos heraus, die er Kei gab, sich dabei ein wenig näherneigte und daraufzeigte. "Das ist ein Foto meiner Augensammlung - ich habe sie eigenhändig präpariert und auf den Samtkisschen in der Vitrine ausgestellt. Die Lider sind darunter im zweiten Fach, in den kleinen Acrylkästchen - so können sie nicht beschädigt werden. Auf dem anderen Foto ist meine Decke ... ich habe die Fotos immer dabei und erneuere sie auch, sobald meine Sammlung wächst, ich sehe sie mir immer wieder gerne an."

"Irre." wisperte Kei. Daß den Männern, die oben vor dem Monitor der Überwachung waren, fast schlecht wurde, ahnten die Beiden nicht, ebenso, daß sie die Kamera abschalteten. Jedenfalls vorübergehend. "Wie präparierst du sie, daß sie so gut erhalten bleiben ?" hakte Kei derweil neugierig nach.

Die Frage ließ Ramon leise schmunzeln und er blätterte in seinem CD-Booklet, nahm dann eine der DVDs heraus und öffnete den Laptop, um die DVD einzulegen. "Ich zeigs dir ... es ist eine verbesserte Form des Plastinierens, übrigens höchst faszinierend ! Auf diese Weise bleibt nicht nur die Form, sondern auch die Farbe erhalten, einfach nur herrlich. Einer meiner Lehrherren, ein Deutscher, hat es mir gezeigt ... er brachte mir die medizinischen Grundlagen bei, die ich als guter Folterer kennen muß, und er hatte nichts dagegen, daß ich mein Faible für Augen und Lider gleich als Übungsgrundlage nutzte. Seine Kollegen hielten ihn für geisteskrank - aber er war ein Genie, er hat mir ziemlich viel gezeigt. Zumindest, bis er völlig durchdrehte und ich ihn dann als Übungsobjekt benutzte. Ist übrigens auf DVD 27 zu sehen, falls du möchtest ?" Während er sprach, hatte der Weißhaarige den ersten Film auf der DVD angewählt, die er eingelegt hatte, so daß man sehen konnte, wie ein Auge in dieser verbesserten Version plastiniert wurde - und auch ein Vergleich mit dem Auge vor, sowie nach der Plastination.

"Das später dann." wisperte Kei. Er war gefesselt von dem jetzigen Bildmaterial. Es war wirklich faszinierend. Gerade weil Form und Farbe so gut erhalten blieben, war es einfach toll. Irgendwie mussten sie Beide aussehen wie Teenager, die irgendwelche Sammelkarten tauschten. "Letztens hatte ich Jemand, der hatte tolle Augen. Blauviolett... die hätten dir sicher gefallen."

Ein wenig überrascht sah Ramon zu ihm und nickte, ehe er ihm leise antwortete. "Diese Farbe ist selten - gerade, wenn sie tief ist. Hast du dein Opfer getötet ? Oder nur ein wenig damit gespielt ? Ich hatte leider noch kein Opfer mit solchen Augen. Und ich finde es klasse, daß dir das gefällt ... das ist selten, selbst unter unseresgleichen. Die Meisten haben anderen Fetische, sammeln Waffen oder Kleidungsstücke. Einer in Holland behält die Schuhe, kannst du dir das vorstellen ?" Zum ersten Mal in seinem bisherigen Leben konnte Ramon mit einem Gleichaltrigen über diese Dinge reden - und nochdazu mit Jemandem, der eine ähnliche Neigung wie er selbst hatte.

"Schuhe ? Tolles Andenken.. schnuppert er dran, oder was ?" Kei lachte leise, er wurde dann aber wieder ruhig. "Das Opfer lebt noch. Ich durfte ihn nicht töten, er sollte nur reden. Sein Gesicht durfte ich auch nicht verletzen, aber dafür den Rest. Er war ziemlich hartnäckig."

Das ließ Ramon sehnsüchtig aufseufzen und er lächelte, als er sich ein wenig näherneigte und leise antwortete. "Das hätte ich zu gern gesehen ... es ist immer schwieriger, wenn die Opfer hinterher noch leben sollen und noch schwerer wird es, wenn man Grenzen gesetzt bekommt, so wie du mit dem Gesicht. Mein kniffligster Fall war Jemand, dem ich nicht einmal Narben oder bleibende Schäden verpassen durfte - er mußte so makellos bleiben, wie ich ihn bekommen hatte. Kostete mich drei Tage, aber ich habe ihn zum Reden gebracht und er hatte keine Narbe. Von ihm habe ich diese schöne, schwarze Haarsträhne, er war ein Italiener ...." Inzwischen war das Video fertig und der junge Kubaner steckte die CD wieder ein, überlegte einen Moment und wisperte dann ein leises "Möchtest du es sehen ?" zu Kei, neugierig darauf, ob dieser ja sagte. Irgendwie war dieser Japaner für Ramon mehr als nur faszinierend - nicht nur, daß er im gleichen Alter war und das Foltern liebte, er sah auch noch mehr als nur gut aus und es kostete ihn immer mehr Kraft, sich ein wenig zurückzuhalten, da er nicht wußte, ob Kei Interesse hatte - und er nicht riskieren wollte, ihn zu verärgern.

"Gern... drei Tage und keine Narbe ? Das muss ich sehen." Kei war begeistert. Es war selten, daß man so etwas tat und noch seltener, daß man dabei zusehen konnte. "Vielleicht sollte ich meine Arbeit demnächst auch aufnehmen... wenn es so lohnend ist."

Leise schmunzelnd nahm Ramon die DVD aus dem Booklet und legte sie ein - er entspannte sich zusehends, etwas, das an sich schon ungewöhnlich war, doch dann kam ihm ein Gedanke. "Sag mal - was hältst du davon, wenn wir uns dort drüben auf das Bett legen ? Ist gemütlicher zum Videosehen als die Liege ?" Es war ein sachtes Vorantasten des Weißhaarigen - so direkt er auch sonst war, wenn ihm Jemand gefiel, es blieben immer One-Nights, die er danach nie wieder sah. Doch dieser junge Japaner war anders, es würde Ramon mehr als nur gefallen, wenn sie Freunde werden würden und so fragte er lieber ein wenig vorsichtiger.

Kei sah zum Bett und nickte. "Gern, dort ist es sicher gemütlicher.... magst du Männer ?" Kei fragte direkt heraus, was sollte schon schiefgehen ? Ramon gefiel ihm nämlich auch ziemlich und mehr als Nein sagen konnte Ramon ja nicht. Und selbst, wenn er Ja sagte, so hieß es nicht, daß etwas passierte. Wie auch immer. Kei rutschte schon mal von der Liege herab.

Diese Frage überraschte den Weißhaarigen - doch dann lachte er leise und nahm seinen Lap samt Tasche, folgte dem Anderen zum Bett und nickte kurz, während er sich neben ihn legte. "Ja, mag ich - sogar sehr gern. Interesse ?" Noch während er fragte, legte er den Lap über ihnen am Kopfende ab, so daß sie gemütlich auf dem Bauch liegen und die Aufnahme ansehen konnten, etwas, worauf sich Ramon ein wenig freute und hoffte, daß Kei es ebenso schön wie er fand.

"Vielleicht." antwortete Kei lächelnd. "Mal sehen nach dem Film." fügte er leise an und stützte sein Kinn auf die Hände. "Ich trage nix drunter." fügte er dann nochmal an und lächelte erneut kurz, dann aber startete Ramon die CD und Kei sah fasziniert zu, was passierte.

Mittlerweile hatte der Weißhaarige die Peitsche und den Dolch ebenso wie seine Stiefel zur Seite gestellt und legte sich neben den Japaner, kam dabei so nah, daß sich ihre Körper berührten und knurrte weich, als er ihm ein leises "Nichts, Hm ?" antwortete. Doch dann wurde er wieder leise und ein genießendes Lächeln erwachte auf seinen Zügen, als er die Aufnahme ansah, ein Lächeln, das schon vielen Leuten ein kaltes Schauern entlockt hatte.

Kei war eher entzückt von dem Lächeln und raunte ein leises. "Nichts." Dann schwieg auch er und sah ebenso kalt lächelnd zu, wie Ramon sich in der Filmaufnahme austobte.

}|{

 

Website Design Software NetObjects Fusion
Bar08
Bar08b