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 ”Die Bluteiche” 06
 

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Erneut war einige Zeit vergangen – und nun waren sie nurmehr zwei Tagesmärsche vom Dorf Alins entfernt, schlugen gegen Abend ihr kleines Lager auf und der junge Krieger zog seinen Liebsten zu sich, der schon seit dem Verlassen des Dämonenwaldes seine Tarnung trug. "Nicht mehr lange, Temau ... zwei Tagesmärsche noch, dann sind wir da. Wie geht es dir ? Möchtest du ein wenig Blut von mir ? Du bist ein wenig dunkler geworden." Alin wußte genau, daß es daran lag, weil das Aufrechterhalten der Tarnung auf so lange Zeit den schlanken Vampir viel Kraft kostete – Kraft, die er ihm gerne wiedergeben wollte.

"Ein wenig wäre gut." wisperte der Vampir und schmiegte sich an den Größeren. Es war schön, mit Alin zu reisen und nicht allein, so war die Reise nicht so einsam. Weil Alin es ihm angeboten hatte, knabberte Temau vorsichtig an dessen Hals, und erst dann biss er sanft zu und trank ein paar Schlucke von dem Blut. Als er genug hatte, leckte er wie immer über die kleine Bisswunde und seufzte wohlig. Für den Vampir war ihr Zusammensein immer noch wie ein Traum, ein Herzenswunsch, der endlich in Erfüllung gegangen war.

Etwas, das der junge Krieger sehr wohl einen jeden Tag merkte - denn er sah, wie Temau aufblühte und langsam auch etwas aus sich herausging und seine Schüchternheit ein wenig ablegte. Lediglich das Trinken war etwas, bei dem der schlanke Vampir noch immer Bedenken hatte ... auch wenn Alin sie ein jedes Mal zerstreute und ihn bei sich trinken ließ. Im Gegenteil – es bereitete ihm Freude, ihm helfen zu können und so neigte er sich auch dieses Mal wieder über ihn, küßte ihn sanft und leckte einen Tropfen seines eigenen Blutes von dessen Lippen. Gerade das Teilen des Blutes war inzwischen zu einer wundervollen und innigen Zärtlichkeit geworden, die nur sie Beide teilten ... und die ebenso wie ihre Liebe etwas war, das sie noch mehr zusammenschmiedete. "Es ist immer wieder schön, wenn du von mir trinkst, mein wunderschöner Bluttrinker ... ich fühle es gerne, es ist fast so innig wie die Küsse, die wir immer teilen."

"Das Teilen des Blutes ist auch etwas sehr inniges. Vampire, die sich gerne haben, tun das sehr oft, es ist etwas, das verbindet. Wie ein Kuss, nur inniger." Der Vampir erinnerte sich an die Zeit zurück, in der er bei seinem Ziehvater lebte. Mit ihm hatte er oft das Blut geteilt und so war er auch stärker geworden, als es seiner Mutter lieb war. Ob sie wohl immer noch hinter Seth her war ? Kurz versank Temau in Gedanken und seufzte leise.

Es geschah immer wieder, daß der schlanke Vampir in vergangenen Erinnerungen schwelgte und Alin ließ ihn auch ... er hielt ihn nur bei sich und streichelte sanft durch die weichen Haare, genoß es, ihn an sich zu fühlen und erst, als Temau den Kopf wieder hob, antwortete er ihm leise. "Das dachte ich mir schon ... ich fühle, wie weich und zärtlich du wirst, wenn ich an deinem Hals knabbere oder du mich beißen kannst. Und ich mag es, wenn du dich so wohlfühlst ... auch das ist so anders als bei den Männern und Frauen in meinem Stamm. Gerade die Männer zeigen selten Zärtlichkeit und das ist etwas, das ich niemals verstand." In den anderen Stämmen war es oft anders – und Alin hatte sich das abgesehen, auch wenn er bisher Niemanden gehabt hatte, dem er dieses Wissen hätte angedeihen lassen können.

Von dem Vampir kam ein leises Schnurren des Wohlbefindens, er mochte es, gekrault zu werden und kuschelte sich noch dichter an den starken Körper Alins. "Dein Stamm ist anders, das habe ich schon bemerkt und auch in den anderen Dörfern gehört. Daher habe ich mich nie dorthin gewagt. Sie sind alle rauer und scheinen Veränderungen weniger zugänglich zu sein." Er sprach leise und nachdenklich. "Verzeih, daß ich so über deinen Stamm rede."

"Weshalb ? Du hast völlig Recht, das lag aber vor allem an meinem Vater und dem Schamanen. Beide mögen es nicht, wenn sich etwas verändert ... deshalb gab es schon oft Probleme mit Nachbarstämmen, wenn es darum ging, Handel zu treiben oder wenn Lebensbünde geschlossen werden sollten. Außer mir gibt es nur ein paar junge Männer, die wie ich gerne in anderen Stämmen sind und Neues mögen. Das ist auch der Grund, warum mein kleiner Bruder bei dem Schamanen lernt – er will ihn ablösen und dann etwas verändern." Leise seufzend, dachte Alin daran, wie oft er deshalb schon mit seinem Vater gestritten hatte ... und daß auch das ein Grund war, weshalb er nicht mehr in diesen Stamm zurückkehren wollte, denn selbst, wenn sein Bruder Schamane wurde, konnte sich in den festgefügten Geistern der Menschen nicht viel ändern. Die, die anders dachten, wanderten weg – so wie auch Alin dies jetzt tun würde.

So würde dieser Stamm sicherlich nicht lange überleben. "Ich hoffe, dein Bruder schafft es, etwas zu ändern, Stillstand ist wie der Tod. Ich selber habe immer etwas getan und habe die Dörfer besucht, damit ich eine Aufgabe habe. Ich bin eurer Zeit voraus, daher habe ich eine Aufgabe." Jedoch war die Einsamkeit für ihn fast so schlimm wie Stillstand, doch das war vorüber, seit er Alin bei sich hatte.

"Du hast wie immer Recht, Temau. Und ich bin froh, daß du umherreist – es tut uns Beiden gut, wenn wir zwischendurch mal rauskommen und die anderen Stämme besuchen, um zu reden und die Dinge einzutauschen, die wir brauchen." Temau hatte schon öfters einmal von dieser Aufgabe geredet – doch Alin fragte nicht nach, denn es stand ihm nicht zu, sich in die Pläne seines Gefährten zu mischen. "Wir sollten schlafen, Hm ? Es ist schon spät und wir wollen Morgen ja schon früh raus."

Alin hatte Recht und Temau kuschelte sich noch dichter an ihn heran. "Ich bin schon gespannt auf dein Dorf, ich hoffe nur, ich bringe dich nicht in Schwierigkeiten. Aber ich denke, der Schamane wird durch den Eichenzweig milde gestimmt." Wie sehr die Blätter, Rinde und Eicheln von den Schamanen begehrt wurden wusste er, sie dachten, daß diese Zutaten eine besondere Kraft enthielten und sie hatten Recht. Der Baum hatte Temaus Blut bekommen und hatte dadurch minimale Kräfte, die eine Heilung beschleunigten.

"Weißt du was ? Er wird außer sich sein vor Freude, er versucht schon seit langer Zeit, an das Zeug zu kommen. Und er wird nun endlich die Anerkennung der anderen Schamanen bekommen – denkt er zumindest. Ich verstehe es zwar nicht, aber egal. Und noch einmal danke, daß du mir einen zweiten Zweig für meinen Bruder gegeben hast ... er wird ihn noch brauchen können. Ich denke aber nicht, daß es wegen dir Ärger gibt – die Frauen werden sich um deine Waren reißen und spätestens, wenn ich ihnen sage, daß du mein Gefährte bist, ist Ruhe." Vor allem auch deshalb, weil er in diesen fast zwei Monaten nicht nur an Größe, sondern auch an Kampfgewicht zugelegt hatte.

"Das hoffe ich." wisperte Temau nur noch und schloss seine Augen. Sie hatten den Schlaf Beide nötig, denn wenn sie das Dorf erreichten, mussten sie ausgeruht sein. Aber Temau freute sich irgendwie, vor allem auch auf die Kinder, denn er hatte Spielzeug mitgenommen, das er verschenkt.

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Mit einem innerlichen Aufseufzen bemerkte Alin, daß sie bald ankommen würden – er kannte die Findlinge, die neben dem Weg lagen und wußte auch, daß in der Nähe die Beobachtungsposten der Wächter waren, die den Weg zu seinem Dorf überwachten. Und so tat er das, was von jedem Mitglied seines Stammes erwartet wurde: Er holte tief Luft und brüllte den Erkennungsruf heraus, nickte, als einige Herzschläge später die Antwort kam und lächelte entschuldigend zu dem schlanken Vampir, der ihn ein wenig verdutzt anblickte. "So wissen die Wächter, daß ich zu diesem Stamm gehöre ... ich weiß, es ist dumm und unnötig, doch das ist schon lange so und auch mein Vater bestand darauf."

Temau war eher verblüfft, wie tief Alins Stimme geworden war und scheinbar ging es den Wachmännern, an denen sie vorbeigingen, nicht anders. Sie hatten Alin fast nicht erkannt und staunten nun auch ein wenig, weil er größer und breiter geworden war. Temau hielt sich zurück, er führte das erste Pferd, an dem die anderen drei festgebunden waren, und blickte kurz zu den Wachen auf. "Ich finde es nicht schlecht, es ist alt und bewährt." erklärte der Vampir, wurde dann aber abgelenkt, als sie das Dorf betraten. Die Menschen dort schauten neugierig aus den Hütten und tuschelten hier und da, Einige kamen auf Alin zu und freuten sich, daß er wieder da war.

Und auch der junge Krieger grüßte einige seiner Freunde, schlug ihnen freundschaftlich auf die Rücken und lachte, als sie unter seiner neuen Kraft aufkeuchten und wissen wollten, wie er es geschafft hatte, in den zwei Monaten so zuzulegen. Das wiederum brachte ein breites Grinsen auf Alins Züge und er legte den Arm um seinen Gefährten, als er ihnen sagte, daß es nur an der guten Pflege Temaus gelegen hatte. Er wurde aber übergangslos ernst, als ein lautes, tiefes Lachen aus dem Haus seines Vaters drang und verengte kurz die Augen, ehe er leise zu Temau sprach. "Komm –ich werde dir meinen Vater vorstellen."

"Ist gut." wisperte der Angesprochene und band die Pferde erst einmal an. Dann folgte er Alin und atmete tief durch, als sie die Hütte betraten. Dort saßen ein älterer Mann, einige wenige Frauen und wohl Tilan, der Bruder von Alin. Temau hielt sich noch bedeckt, fühlte aber ganz deutlich den Blick von Tilan auf sich ruhen.

Der Alte verengte ein wenig verwundert die Augen und richtete sich mit der Hilfe einer der Frauen langsam auf, um den jungen Mann zu beobachten, der nun hier in der Hütte stand. Es fiel dem Alten sehr schwer ... doch schließlich saß er aufrecht und lehnte leise ächzend an die dicken Felle, die ihm die Frau in den Rücken gelegt hatte, und nickte zu Alin, der respektvoll den Kopf neigte. "Ich bin wieder zurück, Vater – und ich habe die Aufgabe erfolgreich gemeistert, ich habe den Zweig der Bluteiche geholt. Wie ich sehe, ist auch Talin zurück und hat es geschafft ... ist denn Itma schon zurück ?"

"Itma ist tot, der Lindwurm hat ihn in Stücke gerissen." warf Tilan ein und stand auf. Er trug das Fell des weißen Bären über den Schultern und kam auf Alin und Temau zu. "Und wen hast du da mitgebracht ?" Er stellte die Frage an seinen Bruder und musterte den schlanken Mann. Temau blieb ruhig und hob kurz den Blick. Er sah das Verlangen in Tilans Augen und fühlte nach. Tilan wollte haben, was Alin hatte.

Und das wußte dieser ebenfalls und legte den Arm um den Vampir, zog ihn besitzergreifend zu sich und verengte leise knurrend seine Augen, denn er wußte, daß der ein wenig Ältere nicht für lange Reden zugänglich war. "Er ist mein Gefährte – ich habe ihn mitgebracht, um ihn Vater vorzustellen, ehe ich ihm den Zweig gebe und euch verlasse. Du brauchst dir also keine Sorgen mehr zu machen, großer Bruder – du wirst Häuptling." Daß Alin inzwischen genauso groß war wie dieser und sogar noch ein klein wenig breiter war, unterstützte den harten Ausdruck seiner Augen noch – er mochte nicht, wie Tilan den schlanken Vampir musterte und war froh, daß dieser sich ein wenig getarnt hatte.

Temau lenkte Tilans Geist auch etwas ab und so konzentrierte sich der Älteste auf seinen Bruder. "Du überlässt mir den Platz ? Wegen dem da ?" Er knurrte einen Moment und musterte seinen Bruder. "Wenn du meinst ? Dann fällt Vater die Entscheidung nicht so schwer." Er blickte zu dem Alten und setzte sich schließlich wieder zu ihm. Temau trat nun einen kleinen Schritt vor und neigte respektvoll den Kopf vor dem kranken Mann. "Ich würde hier gern etwas Handel treiben, wenn ich darf. Alin erzählte von Kristallen."

Als seine Söhne redeten, schwieg der alte Häuptling ... er hatte schon damit gerechnet, daß die beiden Brüder aneinandergerieten, denn gerade diese Beiden konnten sich noch nie leiden. Tilan war zwar der Älteste und auch bisher der Stärkste – doch er war ebenso reizbar, besaß keinerlei Geduld und ebensowenig Einfühlungsvermögen oder Weitsicht. Eigenschaften, die der Alte jetzt nur zu gut an Alin bemerkte ... denn gerade dessen Verzicht zeigte ihm, wie gut Alin eigentlich für die Nachfolge geeignet gewesen wäre. "Natürlich kannst du handeln – ich denke, mein Sohn wird schon darauf geachtet haben, daß du Waren dabei hast, die wir auch brauchen können. Dafür können wir dir die Kristalle anbieten und vielleicht auch einige andere Dinge ... doch darüber sprechen wir später. Zuerst möchte ich dich willkommen heißen, ich freue mich, daß es nun endlich Jemand geschafft hat, meinen ruhelosen Streuner zu packen und bei sich zu behalten."

Die Antwort ließ ein Lächeln über Temaus Lippen huschen und er neigte nochmals kurz den Blick, als er sich bedankte. "Vielen Dank ... und ich werde gut auf Alin aufpassen." Er ging auf die gut gemeinten und leicht neckenden Worte ein und lächelte tiefer, als Alin kurz schnaubte. Tilan schnaubte auch und knurrte ein "Ein Weib wäre besser gewesen, die könnte ihm einen Sohn schenken." Daß er seinem Bruder diesen hübschen Mann neidete war klar, aber er versuchte, daß er sich nichts anmerken ließ. Tilan musterte Beide nochmal und sein Blick blieb an dem Bärenfell seines Bruders hängen, das vorne von einer Brosche gehalten wurde. Am Gürtel sah er einen Dolch aus Metall und die Klinge war ganz neu. "Neue Waffen aus Metall ?"

"Jep – mein Gefährte kann nämlich nicht nur herrlich kochen, Felle gerben und Stoffe weben, sondern auch Metall schmelzen und schmieden, eine Arbeit, die ich gerade von ihm lerne. Er ist ein Könner ... und wesentlich besser als jede Frau, jedenfalls für mich. Außerdem, was kümmert es dich, Bruder ? Es ist nicht wichtig, ob ich Bälger in die Welt setze, das ist nun deine Arbeit. Und wir haben Waffen dabei, die du einhandeln kannst ... außer, du willst lieber bei den alten Feuersteinklingen bleiben ?" Während er sprach, war Alin wieder näher an seinen Gefährten gekommen und legte nun seinen Arm um ihn – ihm gefielen die Worte Tilans nicht und auch nicht der Blick, den dieser immer wieder auf Temau warf. Außerdem hatte er auch keine Angst mehr vor ihm ... denn zum ersten Mal war Alin stark genug, um es nicht nur mit ihm aufzunehmen, sondern ihn auch zu besiegen.

Tilan schnaubte wieder und grollte ein wenig, bevor er antwortete. "Das wird sich zeigen, wie sich die Waffen bewähren." Warum sagte sein Vater eigentlich nichts ? Tilan wurde immer unruhiger. Er wusste sehr wohl, daß er nicht ganz so klug war und wenn man ihm das wie jetzt gerade vorhielt, das hasste er einfach. Dann erklang jedoch wieder die schöne Stimme des Vampirs. "Ich habe genug Klingen, Pfeil- und Speerspitzen gefertigt und ich habe auch Metall, das hier bearbeitet werden kann. Ich würde gern ein paar Tage bleiben damit ich euch zeigen kann, wie man es bearbeitet. Jedenfalls die Grundkenntnis, wenn es erwünscht ist ?" Der Steinmetz würde sicher umlernen, das hatte Temau auch schon in den anderen Dörfern bewirkt und dorthin lieferte er oft nur noch das Metall. Temau richtete seine Aufmerksamkeit auf den jetzigen Anführer, denn noch war der Alte nicht abgetreten.

Ketan seufzte leise – er sah ganz genau, wie eifersüchtig Tilan auf den jüngeren Bruder war, da dieser einen Metallschmied hergeholt hatte und damit einen Vorteil erringen konnte. Und der alte Häuptling wußte auch, daß der Schamane das niemals zulassen würde ... davon abgesehen, daß es auch ihm ein wenig zu schnell mit den Neuerungen ging, auch wenn er dem Metall nicht abgeneigt war. "Es ist nicht nötig, daß du dem Steinmetz das Schmieden beibringst, Junge – wir werden die neuen Metallsachen erst einmal ausprobieren, ehe so etwas Einschneidendes stattfinden kann." Das hatte Alin sich schon gedacht und er lächelte, als er sich zu Temau neigte, ihn dankbar an sich zog und ihn fühlen ließ, daß er selbst das Angebot sehr schätzte und es bedauerte, daß sein Stamm zu festgefahren war, um zu lernen.

Damit hatte der Vampir gerechnet und daher auch gefragt. "Natürlich füge ich mich euren Wünschen, doch sollte Bedarf sein, so stehe ich auf Wunsch gern zu Verfügung." Die Worte ließen Tilan wieder knurren, aber er hielt sich zurück. "Dann zeig uns die Waffen und ..." Er kam nicht mehr zum Antworten, weil der Schamane in die Hütte stürmte. "Was soll diese Mannfrau hier, die sich immer in den anderen Stämmen herumtreibt ?" Er hatte von dem schönen Händler gehört und sah ihn nicht als schlechtes Omen, sondern als eine Gefahr, die Veränderung und somit eine Schwächung seines Ansehens mitbrachte.

Schon, als der Schamane in die Hütte gestürzt kam, verstärkte Alin den Griff um den schlanken Vampir und zog ihn ein wenig hinter sich, während er die Brauen tief in die vor Wut blitzenden Augen senkte und zu dem alten Scharlatan herabsah. "Er ist ein Mann – und er ist mein Gefährte ! Wenn du Ärger haben willst, kannst du ihn haben, Alter ... ich werde den Stamm nämlich verlassen und mit ihm leben, und wenn du auch nur ein Stückchen von dem Zweig der Bluteiche haben willst, dann halte die Klappe und laß ihn handeln !" Noch während er sprach, nahm Alin den Zweig aus dem kleinen Beutel an seinem Gürtel und zeigte ihn dem Schamanen, jedoch so, daß dieser ihn nicht greifen konnte.

Denn das hatte der Schamane tun wollen, als er den Zweig gesehen hatte. Die Worte ließen ihn jedoch kurz grollen, dann besann er sich. "Nun gut, er kann hier handeln." erklärte der Schamane. Im Grunde konnte ja nichts passieren und so schnappte er gleich zu, als Alin ihm den Zweig reichte. Damit entschwand er aus der Hütte und hinterließ bei Temau einen bleibenden Eindruck. Es war für ihn kein Wunder, daß dieser Stamm so hinterherhinkte.

Leise seufzend, da er sich das schon so gedacht hatte, nickte Alin nur und drehte seinen Liebsten ein wenig zu sich, hauchte ihm einen Kuß auf die Stirn und blickte dann abwartend zu seinem Vater, der ihm mit einem leichten, stolzen Lächeln dabei zugesehen hatte. "Ich danke dir, daß du den Zweig gefunden hast, mein Sohn – der Schamane hat uns die letzten Tage mit seiner Unruhe die Wände hochgetrieben, er konnte es gar nicht mehr erwarten, ihn in die Hände zu bekommen. Und du bist sicher, daß du nicht bleiben willst, Junge ? Ah, sag nichts ... ich sehe es. Nun, ich hoffe, ihr habt wenigstens ein paar Tage übrig, um noch ein wenig hierzubleiben ... schließlich gibt es viel zu feiern und auch bestimmt viel zu handeln, und dazu braucht man Zeit."

Tilan versuchte sich derweil unter Kontrolle zu halten. Zum Einen ärgerte es ihn, daß der Schamane sein weißes Fell die ganze Zeit kaum gewürdigt hatte und jetzt so scharf auf den Zweig war - und zum Anderen, daß Alin alles so leicht hatte lösen können. Obwohl er sich darüber freuen müsste, daß er keinen Konkurrenz mehr hatte. "Ich danke euch und wir bleiben gerne in paar Tage." erwiderte Temau und holte etwas aus einem Beutel. Es war ein längeres Kupfermesser, das er für den Häuptling gemacht hatte und ein zweites für Alins Bruder Tilan. Beide übergab er den neuen Besitzern. Es war ein Geschenk, das er machte, und Tilan musste zugeben, daß ihm das Messer gefiel.

Darauf hatte Alin auch spekuliert – er wußte, daß sein Bruder ein Waffennarr war und vor allem immer neidisch, wenn ein Anderer bessere Waffen hatte als er. Um die Wogen noch ein wenig mehr zu glätten, entspannte Alin sich noch etwas und schlug nun eine andere, versöhnlichere Richtung gegenüber seinem Bruder ein. "Ich verstehe auch nicht unbedingt, wieso der Schamane so scharf auf ein paar Blätter und Eicheln ist – als ich in dem Dämonenwald von einem Bären angegriffen wurde, hätte er mich beinahe getötet, und er war nicht annähernd so groß wie der Weiße, den du getötet hast. Selbst, wenn ich noch Interesse daran hätte, Häuptling zu werden – mit dem Sieg über den Weißen hast du bewiesen, daß du der bessere Jäger und Krieger bist, egal, was der Scharlatan denkt."

Der noch amtierende Häuptling hatte sich bedankt und legte sich wieder hin, während der Zukünftige wieder aufstand, das Messer in der Hand wog und schließlich in einen Gürtel steckte. Tilan stellte sich seinen Bruder gegenüber und sah ihm in die Augen. Sie waren sich nun wirklich ebenbürtig und daß Alin fast umgekommen wäre bei einem Bär, der kleiner war, stimmte ihn milde. "Das ist gut." grollte er somit etwas weicher und knurrte, als Ungeduldige wegen den Waren, die Temau mitgebracht hatte, die Köpfe in die Hütte steckten. "Geht besser, sonst plündern sie die Pferde."

"Laßt ja die Finger von den Sachen, verdammt ! Es ist genug für alle da, aber erst Morgen !" Noch während Alin sich umdrehte, brüllte er nach draußen und wie erhofft, sprangen die Frauen und Kinder gleich von den vollgepackten und leicht unruhig werdenden Pferden weg, während er sich Tilan zuwandte. "Am Besten wir gehen zu meiner Hütte – ich denke, der Schamane ist Heute noch beschäftigt, und Vater ist müde. Morgen können wir Beide uns noch zusammensetzen und alles regeln, während Temau das Handeln übernimmt, Hm ? So wäre es das Beste." Ein kurzer Blick zeigte Alin, daß der alte Häuptling schon fast schlief – es schmerzte ihn, daß sein Vater durch die Verletzungen innerhalb kürzester Zeit schon so gebrechlich geworden war, doch es war nicht mehr zu ändern und so wollte er wenigstens ein wenig Rücksicht auf ihn nehmen.

Temau lachte leise, als sich alle so verschreckt zurückzogen. Er holte dann aber schon mal etwas aus einem der Beutel und ging zu den Kindern. Er hatte ein wenig Spielzeug gemacht und gab den Kindern nun einiges davon. So war deren Neugierde schon mal gestillt und sie gingen nicht mehr an die Pferde, denn die blieben nur ruhig, weil Temau sie beeinflusste.

Etwas, das Alin nur zu gut wußte und so verabschiedete er sich von seinem Vater und auch Tilan, ging ebenfalls hinaus und wartete, bis Temau mit den Kindern fertig war. Erst dann nahm er die Zügel der Pferde und führte sie und auch seinen Liebsten zu einer eher kleineren Hütte ein wenig am Rand des kleinen Dorfes, nickte, als er sah, daß sie noch so war, wie er sie verlassen hatte und führte die beiden Pferde in den kleinen Stall daneben, so daß sie versorgt werden konnten. "Wir können die Waren in die Hütte bringen – dann ist ein wenig mehr Ruhe, und wir werden garantiert heute Abend nicht mehr gestört. Zum Glück ..."

Da Beide zusammenarbeiteten, waren die Waren auch schnell in die kleine Hütte gebracht. So hatten sie noch Zeit um zu essen, und um sich danach noch mit sich zu beschäftigen. Im Warmen und mit einem Dach über den Kopf, und somit vollkommen ungestört bis zum nächsten Morgen ... und das war eine Tatsache, die sie Beide gern ausnutzten.

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