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 ”Die Bluteiche” 07
 

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Am nächsten Tag verlief das Handeln etwas schleppend, aber letztlich ganz gut. Temau tauschte Felle und auch Stoffe gegen die Kristalle und gegen einige andere Dinge, die er brauchen konnte oder auch nicht brauchen, aber später wieder tauschen konnte. Die Menschen im Dorf so glücklich zu sehen, war schön für den Vampir ... aber er bemerkte nebenher immer wieder den Blick von Alins Bruder auf sich und Temau wusste auch genau, was Tilan wollte. Anmerken ließ er sich nichts, er packte die Sachen, die übriggeblieben waren, wieder in die Tragetaschen und summte leise vor sich hin. Es lag auch noch ein weiteres Augenpaar auf ihm, der Schamane ließ ihn ebensowenig aus den Augen und versuchte, irgend etwas an Temau zu entdecken, das sein Misstrauen bestätigte. Aber Temau gab ihm dazu keinen Grund, denn seine Tarnung saß, auch wenn sie ihn doch langsam anstrengte.

Das wußte Alin auch und deshalb hatte er sich jetzt schon auf den Weg zu seinem kleinen Bruder gemacht, um ihm den Zweig der Bluteiche zu bringen, den er extra für ihn mitgenommen hatte. Daß Tilan ein Auge auf seinen Liebsten geworfen hatte, ahnte er jedoch nicht ... er dachte, daß es sich mit dem gestrigen Gespräch erledigt hätte und achtete zumindest im Moment nicht auf ihn, da er schnell wieder von seinem kleinen Bruder zurück sein wollte. Denn passenderweise war auch der alte Schamane gerade nicht da – er schien sich wieder einmal in alles andere einzumischen und das gab Alin die Gelegenheit, seinem Bruder den wertvollen Zweig zu geben und auch ein wenig mit ihm zu reden, ohne daß der Alte dazwischenkeifte.

Daß Alin nicht da war, nutzte Tilan gleich aus. Er folgte Temau, als der die Pferde zur Hütte zurückführte und wartete ungeduldig, bis der hübsche Mann die Pferde in den Stall geführt hatte und in die Hütte hineinging. Jetzt war seine Chance gekommen und Tilan ging sofort zu der Hütte und schob das Fell am Eingang auf die Seite. Temau hatte ihn gefühlt, drehte sich aber erst jetzt überrascht herum. "So, Hübscher - jetzt gehörst du mir, ich erhebe Anspruch auf dich." Die Worte zeigten, wie rücksichtslos er war und es wurde untermauert, als er auf Temau zuging und ihn an den Armen packte, um ihn rau zu küssen. Für den Vampir war es nicht möglich, sich zu wehren, denn auch der Schamane war ihm nachgeschlichen. Wäre das nicht der Fall, hätte er sich gewehrt und Tilan vergessen lassen, aber jetzt war er ihm ausgeliefert. "Wenn du schreist, drehe ich dir deinen langen Hals um !" Tilan drohte Temau und drängte ihn zu dem Felllager. Jetzt brach Panik in dem Vampir aus und er sendete unbewusst zu Alin, der die Worte aber nicht verstehen konnte.

Der junge Krieger war gerade in ein Gespräch mit seinem kleinen Bruder vertieft und hörte erfreut zu, wie dieser schon Pläne dafür schmiedete, was er ändern wolle ... doch dann fühlte er irgendetwas seltsames in sich und runzelte die Stirn. Es fühlte sich an, als ob sein Liebster ihn rief – doch er konnte nichts hören, sondern nur dieses dumpfe Gefühl in sich spüren, das jedoch immer stärker und panischer wurde. Irgenwie ahnte Alin, daß etwas nicht in Ordnung war und verabschiedete sich von dem jungen Schamanen – er mußte zurück und zwar so schnell wie möglich, und so wurden seine Schritte immer schneller, je näher er der Hütte kam, in der sie übernachteten. Und wie um seine Sorge zu bestätigen, sah er den alten Schamanen mit einem breiten Grinsen durch ein Fenster blicken ... Alin dachte nicht lange nach und packte den Alten, knurrte ihn wütend an und warf ihn zur Seite, als ihn etwas anderes ablenkte. Ein erneuter und diesmal sehr lauter Ruf in seinem Inneren – und als er in die Hütte stürmte, sah Alin auch, weshalb. "Du verdammtes Aas ! Geh von ihm runter, oder ich töte dich ... und glaub mir, ich tue es !"

Tilan hatte Temau schon auf die Felle gedrückt, die Tunika zerrissen und ihn eben erst auf den Bauch gedreht, um besser tun zu können, was er vorhatte. Aber da kam Alin ihm in die Quere und Tilan knurrte auf. "Ich beanspruche ihn aber für mich !" Zwangsweise musste er Temau loslassen und aufstehen, und in seiner Bewegung holte der ältere Bruder aus, um Alin die Faust ins Gesicht zu rammen.

Der Jüngere wich mit einer Schnelligkeit aus, die er früher nicht gehabt hatte und schlug nun seinerseits die Faust in den Magen Tilans, ehe er mit der anderen Faust ausholte, um sie ihm ins Gesicht zu schlagen. Alleine schon die Vorstellung, daß der Ältere seine schmutzigen Pranken an Temau gelegt hatte, genügte, um Alin wütend aufbrüllen zu lassen – und daß sein Bruder das auch noch als sein gutes Recht sah, schlug dem Faß den Boden aus. "WAS willst du ?! Du verdammtes Aas ! Er gehört zu mir und du läßt deine dreckigen Finger bei dir, verstanden ?!"

Tilan konnte im Moment nichts sagen, denn Alin hatte ganze Arbeit geleistet. Zum Einen spuckte der Ältere Blut und zum Anderen war seine Nase gebrochen und seine Lippe aufgeplatzt. Daß sein Bruder ihn so schnell besiegt hatte, nagte an ihm und er knurrte letztlich ein "Verschwindet hier und kommt nie wieder !", was durch den Schamanen noch unterstützt wurde. "Ich hab ja gesagt, dieses Mannweib macht nur Ärger !"

Die Worte des alten Scharlatans waren wie Öl, das noch in die Flammen der Wut des jungen Häuptlingssohnes geschüttet wurde und er brüllte laut auf, packte den Alten am Kragen und schlug ihm dann ebenfalls die Faust ins Gesicht, ehe er ihn aus der Türe schleuderte und noch einmal Tilan an den Haaren packte, um ihn nahe an sich zu ziehen und dort zu halten. "Ich gehe, du Arschloch – aber nicht, weil du es mir befiehlst, sondern weil ich deine Fresse und die der alten Made hier nicht mehr sehen kann ! Ich warne dich nur einmal, Tilan ... halte dich von mir fern, denn wenn ich dich das nächste Mal sehe, töte ich dich. Und glaube mir ... auch wenn ich vor wenigen Monaten noch nicht dazu fähig war, jetzt bin ich es - ich zerfleische Jeden, der Temau auch nur ein Haar krümmt." Dann warf Alin ihn ebenfalls aus der Türe und knurrte laut dabei, ehe er ein sanfteres "Zieh dich an und packe unsere Sachen – wir verschwinden." zu dem noch immer auf dem Bett liegenden Vampir sprach.

Temau hatte sich vor Angst kaum rühren können, denn für ihn war diese Situation nicht sehr einfach gewesen. Wegen dem Schamanen hatte er sich nicht so wehren können, wie er es gekonnt hätte, und daß er so hilflos war, hatte alte Erinnerungen in ihm geweckt, die er jetzt wieder zurückdrängte. "Ist gut." wispernd, stand er auf und schlüpfte aus der zerrissenen Tunika, um sich schnell eine neue anzuziehen. Nebenher gewann er wieder gänzlich seine Fassung und tat nun auch noch etwas. Er verstärkte in Tilan das Gefühl der Angst, und die wurde so groß, daß er sogar den bewusstlosen Schamanen einfach liegen ließ und floh. Da sie nicht viel Zeit hatten, stopfte Temau ihre wenigen Sachen in eine Tasche und war dann auch schon fertig. "Lass uns gehen. Ich werde uns dann auch eine zeitlang tarnen, damit wir ruhiger wegkommen."

"Erst, wenn wir aus dem Dorf raus sind, Temau. Wir haben jetzt schon viel zuviel Aufmerksamkeit erregt und sie werden mißtrauisch, wenn du uns jetzt tarnst. Komm einfach mit – ich sorge schon dafür, daß wir unbeschadet rauskommen." Noch während er sprach, nahm Alin die Tasche auf und hängte sie sich über die breite Schulter, nahm seine Speere und brüllte den Leuten vor ihrer Hütte ein so lautes "Verzischt euch !!!" entgegen, als er raustrat, daß sie vor Schreck zurücksprangen und wirklich ein wenig zurückwichen. "Nimm die Pferde, ja ?"

Temau nickte und holte die Pferde, um damit seinem Geliebten zu folgen. Das Ganze tat ihm mehr als nur weh, die Blicke der Menschen und was Tilan dem Dorf damit angetan hatte, denn Temau würde nicht mehr zum Handeln herkommen dürfen und das Dorf bekam so weiter einen Rückstand zu den anderen Dörfern. Aber vielleicht bewirkte der junge Schamane mal etwas, wenn der Alte endlich abtrat.

Und gerade dieser junge Schamane stand an der Seite und ärgerte sich darüber, daß er noch nicht die Macht besaß, gerade solche Dinge zu verhindern. Er wußte, daß er seinen Bruder nicht wiedersehen würde, solange sich hier nichts änderte – und er schwor sich, daß es bald soweit war und auch, daß er ein Auge auf Tilan haben würde. Alin nickte ihm nur zu und lächelte einen Moment ... er wußte genau, was in dem klugen Kopf des Jüngeren vorging und klopfte ihm auf die Schulter, als er an ihm vorbeiging, neigte sich kurz zu ihm und wisperte ein leises "Wenn du uns mal besuchen willst, komm in den Dämonenwald ... dir wird nichts geschehen." und lächelte, ehe er wieder ernst wurde und mit seinem grimmigen Blick dafür sorgte, daß Niemand ihnen den Weg aus dem Dorf versperrte.

Das überraschte Gesicht des Bruders ließ Temau kurz lächeln, er folgte Alin aber weiter, bis sie aus dem Dorf heraus waren. Erst dort atmete er erleichtert durch und man sah ihm an, wie sehr ihn alles erschöpft hatte. "Ich konnte wegen dem Schamanen nichts tun, es tut mir leid, Alin."

Nun doch überrascht, drehte der junge Mann sich um und seufzte leise, zog seinen Liebsten eng an sich und vergrub das Gesicht in dem weichen Haar. Er hatte Angst um ihn gehabt, Angst, daß er zu spät kam und ihm etwas passiert war – und das zeigte sich einen Moment lang nur zu deutlich in dem festen Griff und dem kurzen Beben, das durch den kräftigen Körper rieselte. "Dir muß überhaupt nichts leid tun ... wenn, dann muß ich mich dafür entschuldigen, daß ich nicht bei dir war, um meinem Bruder gleich die Fresse einzuschlagen, sobald er nur in deine Richtung sah. Und wegen dem Schamanen – glaub mir, ich habe mir schon seit Jahren gewünscht, genau das zu tun. Ab jetzt lasse ich dich nie wieder alleine, wenn wir in den Dörfern sind ... das verspreche ich dir, Temau."

"Ich danke dir, aber in den anderen Dörfern wird es nicht nötig sein, denn dort kennt man mich. Aber danke." Temau küsste seinen Liebsten zärtlich und lächelte, weil er fühlen konnte, wie sehr es Alin gutgetan hatte, seinem Bruder und dem Schamanen eine reinzuhauen. "Lass uns weitergehen, ich muss mich nachher etwas ausruhen." Nach den Worten küsste er Alin erneut und sie folgten dem Weg, um zum nächsten Dorf zu wandern, das einige Tage entfernt lag.

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