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”Die weiße Rose des Ostens” 21
 

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Nach einigen Tagen war der Tross an Wagen, die Amalric und Tahir mit sich führten, auf dem Weg zu der Burg und wieder bewunderte Tahir das fruchtbar grüne Land, das nun ihnen gehörte. Im Gepäck waren die Bücher, denn fleißige Hände hatten die Nacht in der Stammburg genutzt und die Bibliothek in Wagen verfrachtet, dazu hatten sie einen Wagen voll mit jungen Pflanzen, die sie bei der Burg einsetzten wollten. Aber dann kam die kleine Burg, zu der sie reisten, in Sicht und Tahir lächelte einen Moment. "Ist sie das ?"

"Ja, das ist sie ... ein kleines Juwel, das noch von den Römern erbaut wurde. Deshalb führt auch diese Straße dorthin - sie ist noch immer intakt, auch wenn sie schon so alt ist. Die Pferde auf den Weiden hier gehören zu der berühmten Zucht der Burg ... der Verwalter müßte schon unterrichtet worden sein, daß ich komme. Er ist zwar schon alt, doch er bildet schon seit einigen Jahren seinen Nachfolger aus, wir kennen uns noch aus der Kindheit. Ich bin gespannt, wie er darauf reagieren wird ... doch das wird sich zeigen." Gerade das machte Amalric noch ein wenig Sorgen, denn sie brauchten einen Verwalter, der sich mit dem Gut und den Dienern und Arbeitern auskannte.

"Ich bin schon sehr gespannt. Ich denke aber, er wird ein guter Verwalter sein - du hast viel gutes von ihm erzählt." Tahir sah der Burg entgegen und hatte irgendwie ein Kribbeln im Bauch. Er freute sich, denn das war von nun an seine Heimat.

Ein Kribbeln, das auch Amalric fühlte und für einen Moment zeigte sich ein tiefes Lächeln auf seinen Lippen. Doch dann wurde er wieder ein wenig ernster, da sie fast da waren und wie erwartet, wurde der Troß schon von den beiden Wachen erwartet und sie traten mit einem kurzen Lächeln zur Seite, um ihren Herrn durchzulassen. Auch der junge Verwalter kam ihnen sogleich entgegen und Amalric lachte leise, als er im Hof abstieg, zu ihm ging und ihm kurz auf die Schulter klopfte. "Ich grüße dich, Avila - du bist groß geworden, wie geht es dir ?"

"Ausgezeichnet, und wie ich sehe, auch euch, Herr." Avila war unglaublich erleichtert, daß Amalric lebte und er fasste sich kurz, ehe er Amal kurz umarmte und drückte. "Ihr seid erwachsen geworden." Denn auch er kannte Amalric nur als ungestümen Kämpfer, der kaum zu bremsen gewesen war und immer mit dem Kopf durch die Wand ging.

Das ließ den jungen Adeligen leise schmunzeln und er legte den Arm um die schmaleren Schultern des jungen Verwalters. "Das bin ich, Avila ... das bin ich wirklich. Und wie ich sehe, hast du schon alles vorbereitet - ich bin sicher, Carlo war froh, daß er endlich in den Ruhestand gehen konnte, seine Frau nörgelte schon die letzten Jahre deshalb bei Vater herum." Allein schon der Gedanke ließ Amalric grinsen, ehe er kurz nickte. "Und wie ich sehe, haben die Mägde gemäß meinen Anweisungen alles geputzt und die Burg dann verlassen ? Eine der Regeln unseres Ordens ist, daß keine Frauen in der Burg geduldet werden."

"Ja, sie sind alle weg - wir müssten dann nur einen männlichen Koch herschaffen. Das, was ich kann, ist zu dürftig für euch ... und eure Begleiter." Erst jetzt trat Avila peinlich berührt zurück und verneigte sich vor Tahir, der abgestiegen war, um den Verwalter kennenzulernen.

Amalric schmunzelte kurz und blickte zurück zu seinem Gefährten, ehe er bei dessen finsteren Blick eine Braue hob. Dann kam ihm jedoch, wieso und er legte den Arm um die Mitte seines Gefährten, während er Antares und Juan befahl, noch bei den Wagen zu bleiben. Erst jetzt führte er Tahir und Avila in eines der gemütlichen Besprechungszimmer und schloß die Türe hinter ihnen, wandte sich zu seinem Jugendkameraden und seufzte leise. "Avila ... das, was ich dir nun sage, muß unbedingt in dieser Burg bleiben. Tahir ist nicht nur mein Waffenbruder, sondern auch mein Gefährte - ich liebe ihn und es wird sich niemals ändern. Ich merke, daß ich dir gefalle, ebenso wie mein Gefährte ... in dem Orden, der ab jetzt gegründet wird, kannst du es ausleben - doch nicht mit uns."

Avila starrte Amalric mit großen Augen an, denn blickte er zu Tahir und wieder zu Amal, ehe er knallrot im Gesicht wurde und sich setzte. "Herrgott ... ich ... also ..." Im Moment bekam er nichts heraus und Tahir lächelte einen Moment weich. "Ich glaube, so ähnlich dachte Amalric auch, als ich ihn verführte."

Das ließ diesen leise schmunzeln und er zog den Weißblonden in einen sanften Kuß, ehe er sich mit ihm auf das Sofa gegenüber seines Verwalters setzte. Avila hatte sich mehr als nur gut entwickelt - auf seine eigene, etwas herbere Art war er so hübsch wie Tahir oder Antares, obwohl er durch die langen, lockigen, schwarzen Haare und die hellbraunen Augen wärmer wirkte. "Das stimmt - und vor uns brauchst du dich nicht zu fürchten. Diese Burg und der Orden, den wir darin gründen werden, wird diese Neigung unterstützen und es erlauben, daß sich Paare bilden. Auch mein Junker und unser Leibdiener sind ein Paar und ich rate dir, es zu respektieren, da Juan sehr eifersüchtig ist. Hast du denn dein Auge schon auf Jemanden geworfen ? Oder dich bisher noch nicht getraut ?"

"Ich ? Nein, ich ... nun ..." Avila stammelte weiter herum und räusperte sich schließlich. "Der ... nun, der Sohn des Schmieds im Dorf wirkt sehr anziehend." Er stammelte noch immer und hatte Angst, daß gleich Gottes Strafe auf ihn herabgedonnert kam. "Gott wird dich nicht strafen für dein Denken." Tahir konnte sich denken, was los war und so versuchte er, den Schwarzhaarigen zu beruhigen.

Auch Amalric nickte und lächelte beruhigend zu seinem Freund. "Das stimmt - im Gegenteil, ich denke, daß Gott uns die Gelegenheit gibt, endlich zu lieben und in seinem Auftrag Gutes zu tun. Hmm ... nun, wir brauchen einen Schmied hier in der Burg - denkst du, der alte Schmied ist einverstanden, wenn wir seinen Sohn für den Orden anwerben wollen ?" Sie hatten noch sehr viel aufzubauen und ein Schmied gehörte definitiv zu den Männern, die sie noch brauchen würden.

Avila erschrak fast, als Amalric ihn fragte und atmete kurz durch, da sein Herz kurz einen Sprung gemacht hatte. Allein die Vorstellung, daß Renardo hier arbeiten würde, war für ihn kaum zu fassen. "Ich weiß es nicht. Mit einem entsprechenden Angebot wahrscheinlich ja."

Das ließ den jungen Adeligen wieder leise schmunzeln und er nickte kurz. "Nun - ich denke, daß ich genug Gold habe, um den Schmied eine ausreichende Ablöse für seinen Sohn zu bezahlen. Und hier gibt es viel genug zu tun ... wie alt ist der Sohn eigentlich und wie heißt er ? Und erwidert er deine Gefühle, oder verabscheut er diese Art des Zusammenlebens ?" Das war sehr wichtig - denn wenn der Sohn des Schmiedes etwas gegen diese Art der Liebe hatte, so würde er sich nicht für ihre Dienste eignen.

"Er heißt Renardo und ist so alt wie ich ... nun, und ich denke, er teilt diese Neigung." Avila wurde schon wieder rot im Gesicht und verkroch sich fast schon hinter seinen langen Locken. Tahir verstand sofort und lächelte warm. "Ihr habt euch schon getroffen, nicht wahr ?" Was Avila dazu brachte, verlegen zu nicken.

Dem Nicken folgte ein erleichtertes und volles Lachen Amalrics, dem nun ein großer Stein vom Herzen fiel. Und er merkte, daß auch sein Freund nun ein wenig ruhiger war, und nahm ihm nun den letzten Stein von dessem Herzen. "Nun - dann ist es perfekt, nicht wahr ? Es scheint so, als ob Gott uns allen die Möglichkeit gibt, endlich glücklich zu werden. Sobald Antares und Juan zusammen mit den Arbeitern aus meiner Heimatburg die Sachen aus den Wagen ausgeladen und in die entsprechenden Zimmer gebracht haben, reiten wir zu dem Schmied ... doch jetzt sollten wir uns um das Gepäck kümmern, damit die Karren wieder in die Burg meines Bruders zurückgebracht werden können. Hast du das Herrenzimmer herrichten lassen ? Dort werden Tahir und ich wohnen - und ich möchte, daß das Zimmer daneben für Antares und Juan hergerichtet wird, sie bekommen auch ein großes Bett. Welches Zimmer du haben möchtest, überlasse ich dir, Avila - wobei es vielleicht nicht schlecht wäre, wenn du in der Nähe bist. Wegen der Zimmer für meine zukünftigen Knappen, Junker und die Schüler meines Gefährten sehen wir noch - das hat Zeit, die Zimmer für uns und auch die Bibliothek und das Studierzimmer sind jetzt wichtiger."

"Es ist alles hergerichtet ... ich bringe euch hin." Avila war froh, daß sie das Thema nun auf die Räume bezogen, denn wenn er jetzt dran dachte, daß Renardo herkommen und hier mit ihm leben durfte, wurde er ganz aufgeregt. Also brachte er die beiden Herren zum Zimmer und wie erwartet, war darin nur ein großes Bett zu sehen. "Ich werde auf dem selben Flur sein, wenn es euch recht ist - und eure Ergebenden werden ebenso hier auf dem Flur nächtigen, wenn ihr es wünscht."

"Ich sagte ja schon, daß ich möchte, daß sie das Zimmer neben uns bekommen, Avila. Und es ist gut, daß du auf dem gleichen Flur bist - so kann man dich besser erreichen." Während Amalric sprach, war Antares mit ihnen mitgekommen und nickte nur, als er das Zimmer seiner Herren betrachtete - dann neigte er respektvoll den Kopf vor Amalric, ehe er mit einem leisen "Ich werde dann alles beaufsichtigen." wieder nach unten zu den Karren lief. Der junge Adelige schüttelte nur leise lachend den Kopf über soviel Eifer und zog Tahir kurz an sich, um ihn zärtlich zu küssen. "Vielleicht ist es besser, wenn auch du hierbleibst und das Ausladen beaufsichtigst, meine Rose - die Bibliothek mit dem anschließenden Studierzimmer sind im Nordturm untergebracht, dort kannst du dir dein eigenes Reich einrichten. Der Garten ist im hinteren Innenhof - er ist wie geschaffen für die Pflanzen, die du von Mutter mitbekommen hast. Ich reite mit Avila in das Dorf, um Renardo zu holen - dann ist das auch schon erledigt, Hm ?"

"Ich denke auch, das ist das Beste. Ich werde mich hier um alles kümmern." Tahir erwiderte den Kuss gleich darauf und lächelte, weil Avila etwas errötete, während er ihm die Schlüssel gab. Es so offen zu sehen, war für ihn doch sehr ungewohnt, obwohl er und Renardo auch schon vorsichtig geküsst hatten.

Amalric lächelte in dem Kuß und kostete ihn ein wenig aus, ehe er sich von seinem Liebsten löste und kurz nickte. "Ich danke dir, meine Rose." Dann schnappte er sich einfach den noch immer leicht roten Verwalter und zog ihn mit sich mit, nickte, als er die geschäftig abladenden Arbeiter sah und ebenso, daß Juan wie ein Wachhund auf ihren persönlichen Wagen aufpaßte, auf dem auch die drei großen Goldtruhen standen. "Wir sind im nahen Dorf und holen den Sohn des Schmiedes für die Burg - wenn die Arbeiter ausgeladen haben, lasse sie kurz essen und schicke sie wieder zurück, dann können du und Antares unseren persönlichen Wagen ausladen und die Dinge in unsere Zimmer bringen, Tahir wird alles beaufsichtigen und hat auch die Schlüssel zu den Zimmern." Da die Bibliothek und das Studierzimmer noch leer waren, brauchten sie bisher nicht abgesperrt zu werden - und so konnten die Arbeiter die Bücher und anderen Dinge auch gleich dorthinbringen. Die Schlüssel zu ihren Zimmern hatte Avila ja oben schon an Tahir übergeben, so daß auch hier schon alles hochgebracht und eingeräumt werden konnte.

Unter anderem auch Möbel, die sie aus der Heimatburg von Amal mitgenommen hatten. Seine Mutter hatte sie ihm überlassen, und so konnte das Arbeitszimmer auch gleich eingerichtet werden. Da alles geregelt wurde, konnte Avila ohne schlechtes Gewissen mit Amalric reiten und er wurde nun doch ein wenig flatterig, da er seinen Schwarm bald wiedersah. Vor Aufregung wurde er ganz still und wusste nicht so recht, was er mit Amalric reden sollte.

Etwas, das man ihm auch gut ansah und nachdem sie außer Sichtweite der kleinen Burg waren, sprach Amalric ihn leise an. "Wieso bist du so ruhig, Avila ? So kenne ich dich gar nicht, früher hast du so viel geredet, daß der alte Verwalter dir regelmäßig den Mund verbot. Ist es, weil ich jetzt die Burg führe und deshalb dein Herr bin ? Für mich ändert das nichts an unserer Freundschaft ... und ich sehe dir doch an, daß du Fragen hast, also frage sie, ehe wir im Dorf sind."

"Es liegt nicht an dir ... es ist wegen Renardo. Was ist, wenn er nicht will ?" Avila zweifelte zwar nicht unbedingt daran, aber die Angst war da. "Und ich ... ihn immer in meiner Nähe zu wissen, ist seltsam aufregend."

Die leisen, unsicheren Worte ließen Amalric leise schmunzeln und er ritt näher, um kurz auf die Schulter seines schlanken Freundes zu klopfen. "Mach dir darüber keine Sorgen, mein Freund - ich denke, er wird ganz gern mitkommen, schließlich ist er alt genug, um eine eigene Schmiede zu führen. Ich glaube, der einzige Grund, weshalb er noch hier ist, bist du ... und ja, es ist aufregend und wunderschön, wenn man immer bei dem geliebten Menschen sein kann und nichts fürchten muß. Ich hätte es niemals für möglich gehalten - doch ich sehe und erlebe es einen jeden Tag mit meinem Gefährten und auch bei unserem Leibdiener und meinem Junker."

"Ich hoffe er will überhaupt ... ich weiß nicht, ob ihn nicht nur das Abenteuer und das Verbotene reizte." Das hoffte Avila wirklich, denn es würde ihn das Herz brechen, wenn es so wäre. Weil er dann dumm in etwas reingerannt wäre. "Aber ich mache mir zu viele Gedanken."

"Wie schon früher, mein Freund - in dieser Hinsicht hast du dich überhaupt nicht geändert. Wir werden sehen, was er sagt, wenn wir ihn fragen, also mach dir nicht so viele Sorgen." Er konnte den schlanken Verwalter schon verstehen - bisher mußte Avila sich darüber keinerlei Gedanken machen und nun brach alles auf einmal auf ihn rein, besonders die Tatsache, daß er nun die Möglichkeit geboten bekam, mit seiner Liebe zusammen zu sein.

Avila nickte nur sacht und blickte zum Dorf, das nun schon in Sicht kam. "Am Besten übernimmst du das Verhandeln." Das Dorf gehörte zu den Besitztümern der Familie, und Amal war nun mal der Herr des Landes.

"Natürlich - du bist zwar nun der Verwalter, doch das ist meine Aufgabe. Ich hoffe, der Schmied ist nicht zu unverschämt mit dem Preis - aber das werden wir sehen." Dann verstummte Amalric wieder und nickte einem Bauern zu, der höflichst grüßte ... die Nachricht, daß der alte Herr im Kreuzzug gestorben war und dessen Sohn als Ordenskrieger zurückgekehrt und nun in die kleine Burg eingezogen war, verbreitete sich schnell und so wurden er und Avila auch immer wieder von den nun vorkommenden Dorfbewohnern, Bauern und Handwerkern gegrüßt und freundlich angelächelt.

Avila führte Amal direkt zu der Schmiede. Man hörte schon von weitem das laute Geräusch der Schmiedehämmer und Avila schluckte sacht, als er nun den Meister und seine heimliche Flamme sah, die zusammen an einem Werkstück arbeiteten. Die Oberkörper waren nackt und verschwitzt, und boten für ihn einen herrlichen Anblick.

Und auch Amalric wußte so etwas inzwischen zu schätzen, so daß er innerlich zu lächeln begann. Renardo war wie sein Vater groß und sichtbar muskelbepackt - etwas, das nicht nur für das Schmieden unerläßlich war, sondern durch die schwere Arbeit auch gefördert wurde. Die langen, pechschwarzen Haare waren im Nacken des jungen Mannes zusammengebunden und die fast schwarzen Augen glommen ebenso stark wie die Funken, die immer wieder von dem glühenden Metall stoben. Der junge Adelige ritt noch ein wenig näher und stieg dann ab, band das Pferd in Ruhe an den Ring, der für diesen Zweck an einen Pfosten angebracht war und wartete geduldig ab, bis die beiden Schmiede fertig waren. Erst dann neigte er kurz respektvoll den Blick, denn er hatte schon früh von seinem Vater gelernt, daß selbst ein König einem Schmied Respekt zollte. "Ich grüße dich, Schmied ... hast du ein wenig Zeit für mich ? Ich würde gerne mit dir und deinem Sohn reden."

Der Schmied musterte kurz den Herrn und blickte dann zu Avila und wieder zu dem Herrn. "Für den jungen Herrn immer. Bitte kommt in mein Haus, dort kann ich euch einen kühlen Wein anbieten." Es war recht warm und der Schmied ging voraus. Hinter Amalric folgte Avila, der kaum wagte aufzublicken, da er fürchtete, daß seine Augen verraten könnte, wie angetan er von Renardo war.

Doch Amal erkannte dessen Dilemma und handelte so, wie man es von einem Burgherrn erwartete. "Avila - bitte warte draußen. Ich danke euch, Schmied ... und ich nehme die Einladung gerne an." Dann folgte er dem Älteren in die Hütte und nickte dankbar, als ihm dieser einen Becher mit Wein einschenkte, während Renardo in der Türe stehenblieb und sich dort mit verschränkten Armen an den Rahmen lehnte. Er mußte nicht direkt am Tisch stehen und im Weg umgehen, um alles Gesprochene mitzubekommen - und so konnte er auch hin und wieder einen unauffälligen Blick auf den jungen Verwalter werfen, der sichtbar nervös zu sein schien. Dann wurde er jedoch wieder abgelenkt, da der junge Herr zu sprechen begann. "Nun ... ihr habt sicherlich schon gehört, daß mein Vater im Kreuzzug verstarb und mein Bruder der rechtmäßige Nachfolger ist. Jedoch habe ich für mich und die meinen die kleine Burg samt der Ländereien erhalten, die dazugehören, und bin nun der rechtmäßige Herr über das Land und die umgrenzenden Dörfer. Ihr habt sicherlich auch gehört und an meinem Schild gesehen, daß ich ein Angehöriger eines Ritter-Ordens bin und ich möchte in der Burg weitere Ordensritter ausbilden. Dazu brauche ich jedoch einen Schmied, und deshalb bin ich hier: Ich möchte euch fragen, ob ihr mir Renardo gebt, damit er für meine Ritter die Schmiedearbeiten erledigt. Natürlich bin ich bereit, eine Ablöse zu zahlen, da euch mit seinem Weggang eine Arbeitskraft fehlt ... bitte nennt mir euren Preis."

Die Bitte überraschte den Schmied und er überlegte einen Moment. Er hatte zwar noch drei Söhne, aber Renardo war nun mal sein Ältester, und so musste er den Preis bemessen. "Vierzig Goldstücke und das Land, auf dem Haus und Schmiede stehen, und der Wald daneben." So würde das Land endlich ihm gehören, und der Wald war wichtig für Holz und Kohle. Ob Renardo einverstanden war, zählte hier nicht, er hatte sich den Wünschen seines Vaters und dem seines Landsherren zu fügen.

Der Preis war hoch - doch durchaus angemessen, und so antwortete Amalric nach einem weiteren Schluck Wein. "Der Preis ist sehr hoch, Schmied - doch ich werde ihn bezahlen. Aber ich hänge Bedingungen daran: Sollte ich dich und deine anderen Söhne einmal für eine größere Arbeit brauchen, dann möchte ich, daß ihr kommt und helft ... und eure Loyalität gehört mir und meiner Familie, sowie meinem Orden. Ansonsten könnt ihr tun, was ihr beliebt und ich gebe euch mein Wort als ein del Ponte, daß ich schon Morgen die Verträge aufsetzen und mit ihnen zu euch kommen werde, damit sie unterzeichnet und besiegelt werden können und das Land euch und eurer Familie gehört. Die vierzig Goldstücke bekommt ihr schon jetzt - dafür möchte ich, daß Renardo samt seinem Werkzeug schon jetzt mit mir mitkommt." Der junge Adelige wußte, daß es üblich war, daß ein Schmied sein eigenes Werkzeug hatte - und der Sohn war alt genug, daß er ein eigenes besaß und es mußte mitgenommen werden, damit er in der Burg eine Grundlage hatte.

"Er hat eigenes Werkzeug. Ich vermute, eure Burg hat noch eine alte Schmiede - so kann er gleich mit seiner Arbeit beginnen, wenn ihr es wünscht." Der Alte blickte zu seinem Sohn und sah gleich, daß dieser nicht widersprechen würde. "In so jungen Jahren eine eigene Schmiede, du kannst dich glücklich schätzen, mein Sohn. Geh, und pack deine Sachen."

Renardo knurrte nur kurz zustimmend, ehe er für einen Moment den Blick vor Amalric neigte und dann nach hinten in die Schlafkammer ging. Er hatte nicht viel, das er packen müßte - und so kam er nach wenigen Minuten mit einem Sack wieder, den er sich über die Schulter geschlungen hatte, ging raus und warf ihn auf den kleineren Wagen, der ebenfalls ihm gehörte. Es dauerte schon ein wenig länger, bis er seinen Amboß auf den Wagen gewuchtet und auch seine Werkzeuge in Leder gewickelt und ebenfalls auf den Wagen gelegt hatte - doch dann kam ihm ein Gedanke und über die harten, rußigen, maskulinen Züge des jungen Schmieds huschte ein ebenso hartes Lächeln, als er noch vier Kohlesäcke aus dem Vorrat seines Vaters dazulud und schließlich eine Plane darüberwarf. Erst jetzt holte er den alten Esel, spannte ihn an den Karren und blickte dann zu Avila, der ihn die ganze Zeit über scheu beobachtet hatte. Sein Vater und der junge Lord waren noch im Haus und außer Sichtweite - doch Renardo ging kein Risiko ein und winkte den jungen Verwalter unauffällig in die Büsche hinter dem kleinen Haus, damit sie reden konnten.

Avila zuckte kurz bei dem Winken, aber dann folgte er unauffällig in die Büsche und lächelte scheu. "Es ist schön, dich wiederzusehen ... und ich hoffe, du kommst gern mit. Ich habe den Herrn auf diesen Gedanken gebracht, ich hoffe, du bist nicht böse ?"

"Böse ? Ich bin doch nur noch hier bei dem Alten geblieben, damit wir uns immer wieder sehen können. Daß ich jetzt bei dir in der Burg bin, ist gut - da müssen wir zwar noch vorsichtiger sein, aber es gibt auch mehr Gelegenheit, daß wir uns treffen." Während er sprach, zog Renardo den jungen Verwalter zu sich und drückte ihn mit der Linken eng an sich heran ... er mochte es, ihn zu fühlen und neigte sich zu ihm, um ihn kurz, doch heftig zu küssen und die schwielige Rechte in dem weichen, langen Haar zu vergraben.

Renardo war feurig, und gerade das mochte Avila. Er schnaufte leise, als sich ihre Lippen wieder lösten und lächelte breit. "Wir müssen nichts heimlich tun, der Orden gestattet diese Liebe. Aber das wird dir der Herr noch erklären, ich habe es selber erst erfahren und verstehe noch nicht alles."

"Was ?!" Im ersten Moment dachte der junge Schmied, er hätte nicht richtig gehört - doch das freudige Strahlen in den Augen und auf den Lippen des Schlankeren zeigte ihm, daß es wahr sein mußte. "Gütiger Gott ... das klingt wie der Himmel. Ich bin schon gespannt darauf, was der junge Herr alles zu tun hat - als Vater das letzte Mal in die Burg gerufen wurde, gab es noch sehr viel, das zu reparieren war." Dann lächelte Renardo und drückte Avila noch einmal kurz an sich, ehe er ihn losließ und mit ihm zurück zum Karren ging. Und auch keinen Moment zu früh - kaum, daß sie zurück waren, trat auch schon Amalric aus dem Haus, nachdem er dem Schmied die vierzig Goldstücke ausbezahlt hatte. "Ah, wie ich sehe, hast du schon gepackt, Renardo - das ist gut, dann können wir sofort zur Burg zurückkehren."

"Ja, das können wir." erwiderte Avila, und stieg auf sein Pferd. Er war sehr glücklich und freute sich schon, wenn sie da waren ... denn dort würde man Renardo alles erklären und sie konnten ihre Zuneigung genießen.

Amalric lächelte, als er die Gesichter der beiden sah ... denn auch wenn sie es für ungeübte Augen verbargen, er selbst sah die Hoffnung auf ihre Liebe erblühen. Als sie sich auf den Weg machten und nach einer Weile auch das Dorf hinter sich gelassen, huschte ein sachtes Lächeln über die Züge des jungen Burgherrn. Nun waren es außer ihm noch zwei andere Paare, die im Schutz des Ordens und der Burg das Glück ihrer Liebe wachsen lassen konnten ... und vielleicht würden es noch mehr werden, doch das würde die Zeit zeigen. Nun zählte nur, daß sie wieder in die Burg zurückkehrten und er seinen Liebsten in die Arme schließen konnte ... die weiße Rose, die er so weit im Osten gefunden hatte und die nun hier in seiner Heimat, in seinen Armen, endlich erblühen konnte.

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