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”Die weiße Rose des Ostens” 05
 

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Erst, als es Abend wurde, wachte Amalric wieder auf. Mit einem unwillkürlichen Lächeln dachte er daran, wie sie sich im Wasser der Oase geliebt hatten, den Hunger stillten, der in ihnen Beiden schlummerte. Erst, als sie erschöpft und befriedigt waren, kehrten sie in das Zelt zurück und schliefen in einer innigen Umarmung ein, und auch jetzt hatte der Spanier noch seinen Arm besitzergreifend um Tahir geschlungen, der dicht an ihn gekuschelt dalag. Das Lächeln Amalrics vertiefte sich noch und wurde liebevoll, als er das im Schlaf entspannte Gesicht des Schlankeren musterte .... die gerade jetzt noch besser sichtbare Schönheit der feingeschwungenen Gesichtszüge und des hellen, weichen Haares. Der Spanier wußte, wie kostbar dieser Moment war, denn Tahir schlief noch immer tief und fest - etwas, das ihm zeigte, wie sehr dieser Araber ihm inzwischen vertraute, ein Vertrauen, das Amalric auch nicht enttäuschen wollte. Es schien so seltsam - die letzten Tage schienen wie eine Prüfung gewesen sein, und je länger er darüber nachdachte, desto klarer wurde es ihm. Zuerst dieser innere Drang, seinem Vater in dem Kreuzzug zu folgen, in dem er durch die harte Arbeit zum Mann heranwuchs - dann die Schlachten und die Wüste, die ihn schmiedeten und läuterten. Und nun dies: Hier - mitten unter den Ungläubigen - Jemanden zu finden, der sein Innerstes ansprach, die Liebe weckte, die in ihm schlummerte und niemals einen Gegenpart gefunden hatte ... bis jetzt. Für einen Moment warf der Gedanke, daß sie bald getrennt werden konnten, einen tiefen Schatten auf seine Freude - doch dann wurde es ersetzt durch Entschlossenheit. Noch wußte Amalric nicht wie, doch er würde einen Weg finden, wie er für immer mit dem jungen Araber zusammen sein konnte. Denn daß dies gottgewollt war, daran zweifelte er inzwischen nicht mehr; die Ereignisse sprachen für sich und er erinnerte sich, daß in der heiligen Schrift, der Grundlage seines Glaubens, die Propheten immer gesagt hatten, daß die Liebe über allem stand und das Heiligste war. Und war ihre Liebe nicht rein ? Reiner als das, was er immer in seiner Familie oder anderen Familien gesehen hatte, wenn Ehen von den Eltern geschlossen und auf die Gefühle ihrer Kinder keine Rücksicht genommen wurde. Und da ihm als Zweitältester nicht die Aufgabe zukam, den Familiennamen und damit den Titel weiterzuvererben und Nachkommen zu zeugen, was sprach dagegen, wenn er nicht heiratete, sondern mit seiner Liebe zusammenlebte ? Wäre er Priester geworden, wie es seine Mutter wollte, so hätte er auch nicht heiraten können. Dieser Gedanke ließ ihn schmunzeln und er neigte sich über Tahir, hauchte einen sanften Kuß auf dessen Schläfe und kostete die weiche Haut, genoß das warme Pulsieren und den unverwechselbaren, so wundervollen Duft.

Tahir schlief tief und fest, es war selten, daß er so tief schlief und er war auch erschöpft. Aber er vertraute instinktiv und daher ließ er sich auch so gehen. Erst, als er spürte, daß er beobachtet wurde, schlug er seine Augen auf. "Amalric." wisperte er nur leise und lächelte sanft. "Ist schön mit dir... erwachen." Es war wie ein Wunder. Er vertraute ihm so sehr, es war als würden sie sich schon ewig kennen, und doch kannten sie sich nur wenige Tage.

Es war noch immer erstaunlich, wie schnell der Schlankere Spanisch lernte - es fiel ihnen immer leichter, miteinander zu reden und Amalric genoß es, seinen Namen von diesen herrlichen Lippen zu hören. "Ja ... ich wünschte, es wäre immer so. Ich möchte die Tage hier genießen, Tahir. Bitte bring mir soviel bei, wie du kannst - damit es leichter für mich wird, ja ?" Während er sprach, streichelte der junge Spanier mit den Fingerspitzen über die Wange zum Hals Tahirs und berührte schließlich dessen helle Haare, hob sie an seine Lippen und berührte die weiche Fülle mit ihnen, ehe er dem Schlankeren einen zärtlichen Kuß auf die Stirn und die Lippen hauchte. Amalric war klar, daß ihnen nur diese wenigen Tage blieben - und daß es eines Wunders bedurfte, um dafür zu sorgen, daß sie zusammen bleiben konnten. Doch der junge Kreuzritter betete still in seinem Inneren um dieses Wunder ... betete darum, daß sie entkommen und vielleicht an einen Ort fliehen konnten, in dem es möglich für sie war, ohne Gefahr zusammenzubleiben.

Dafür betete auch Tahir. Sacht hob er seine Hand und koste durch das schwarze Haar Amalrics. "Ich dich... ich nicht hergeben dich. Ich nicht will." erklärte er leise. Man sah, daß es ihm ernst war. "Du mein.... du mein Herz stehlen." Er gab es ohne Probleme zu, er hatte sich in der kurzen Zeit unsterblich verliebt.

So wie auch der Spanier, und so neigte er sich vor und küßte ihn zärtlich, ehe er ihm leise antwortete. "Ich liebe dich auch, mein Schöner ... gibt es denn keine Möglichkeit, daß wir zusammenbleiben ? Ich will nicht verkauft werden. Und ich will auch nicht, daß du immer bangen mußt, daß dein Vater einen anderen Sohn zeugt. Ich will dich bei mir haben, Tahir ...." Man merkte deutlich, wie sehr dies an ihm nagte - und auch, daß nicht nur sein besitzergreifendes, sondern auch sein beschützendes Wesen erwachte.

"Ich nicht kann... fliehen... mich finden. Andere Stämme mich finden, wenn mein nicht findet. Alle kennen mich... ich genannt Dschinn für Sand.... ist böser Geist. Ich verkauft besser, ich nicht immer fliehen." Das gab er schwerlich zu, aber Tahir hatte Recht. Zwar würde er gedemütigt als Sklave leben, aber er würde nicht ewig auf der Flucht sein. "Und du... nicht gehören mir, ich dich nicht behalten dürfen."

Das ließ Amalric leise aufseufzen; er kannte die Legenden über die Sanddämonen und er mußte zugeben, daß er anfangs selbst dachte, daß Tahir durch seine hellen Haare und Augen ein Dämon war. Doch nun hatte sich das geändert und der Spanier seufzte leise, ehe er ihn zärtlich küßte und dann wieder leise zu ihm sprach. "Laß uns fliehen, mein Herz. Hier sind wir Beide nur Sklaven und können niemals zusammen sein - dort, wo ich herkomme, bin ich ein Fürstensohn und du kannst bei mir bleiben ? Bitte ...."

"Fürstensohn ?...Aber ich sein dann dein Sklave. Dein Volk mich nicht akzeptieren, ich sein Ungläubiger für sie.. so wie du sein für mein Volk." Tahir setzte sich leicht auf und strich sein langes Haar aus dem Gesicht. Man sah, wie er nachdachte, es ratterte richtig in seinem Kopf.

Auch Amalric setzte sich auf und zögerte, doch dann schlang er seine Arme um ihn und zog ihn eng an sich heran, küßte zärtlich dessen Schläfe und wisperte danach leise in dessen Ohr. "Ich sage ihnen, daß du mich gerettet hast - nun mein Leibwächter und mein Leibdiener bist. Der Einzige, den ich so nahe an mich heranlasse, dem ich so vertraue. Und wenn ich dir ein Kreuz gebe, daß du um den Hals tragen kannst, täuschen wir die Priester - ich sage, du wurdest getauft, und wenn du ein paar Regeln befolgst, merkt Niemand den Unterschied. Trägst du andere Kleidung, hält dich Niemand mehr für einen Araber ... und Niemand wird dich mir wegnehmen, das schwöre ich dir. Ich will dich nicht als Sklaven - ich will dich als meinen Gefährten und Geliebten, Tahir. Auch wenn ich dich niemals heiraten kann, ich kann dir treu sein." Es verwunderte den jungen Spanier selbst, wie sehr es ihn danach verlangte, dies zu sagen - doch es kam aus seinem Inneren und er mußte es loswerden, hoffte, daß er den Anderen so beruhigen konnte.

Tahir versuchte erst einmal, alles zu verstehen, was Amalric gesagt hatte. Die Zusammenhänge musste er zusammenfügen und so verstand er erst spät. Es war jedoch schwer, sich zu entscheiden. Alles in ihm schrie danach, es so zu tun, aber seine Vernunft brauchte etwas länger. "Ich überlegen... ist schwer zu entscheiden. Geben mir ein paar Stunden bitte."

So etwas hatte der Spanier schon erwartet und so nickte er, lächelte und wisperte ein leises "Wie du es wünscht, mein Herz.", ehe er sich wieder hinlegte und den Schlankeren mit sich auf das Lager zog. Erst dort streichelte er zärtlich über den Körper des Hellhaarigen, jedoch nur leicht, so daß es nicht aufdringlich war, sondern nur zeigte, wie gern er ihn berührte.

Der Hellhaarige ließ sich auch gern so zärtlich berühren, er war allerdings etwas unruhig wegen seinen Gedanken und löste sich wieder aus den Armen. "Verzeih... ich müssen kurz raus." Und schon stand er auf und ging hinaus. Die Luft kühlte sich langsam ab und ging etwas weiter weg vom Zelt, setzte sich in den Sand und atmete tief durch. Adan kam vorsichtig zu ihm und stubste ihn leicht, und so redete Tahir ein wenig mit dem Kater und erzählte ihm seine Gedanken. Er wusste, der Kater war ein guter Zuhörer... aber was würde aus ihm werden, wenn er in das fremde Land ging ? Das ließ ihn etwas zweifeln.

Langsam kam auch Amalric aus dem Zelt und ging ein wenig weiter weg, erleichterte sich und schob ein wenig Sand darüber, ehe er zum Wasser trat und dort seine Männlichkeit wusch. Es war noch immer ein seltsamer Anblick für ihn, wie zutraulich dieser weiße Gepard war, doch irgendwie erinnerte es ihn an die kleinen Katzen seiner Heimat, als der große, weiße Kater sich an Tahir heranschmuste. Behutsam, doch so, daß er hörbar war, näherte sich Amalric den Beiden und setzte sich an der Seite hin, um sie lächelnd zu beobachten. "Adan ist wie die kleinen Katzen in meiner Heimat ... so verschmust."

"Kleines Katzen ?....Ich ihn haben seit kleines Kind. Sie ihn hätten getötet, weil Weiß... Weiß nicht kann gut jagen man sagen... aber er gutes Jäger. Ich ihn ziehen auf, er wie Bruder sein. Niemals ich ihn würde verlassen." Tahir wisperte fast nur und streichelte dem Kater über den Kopf. "Er können mitkommen zu dein Land ?" Bei den Worten sah er Amalric in die Augen, es war ein bittender Blick.

Nun doch ein wenig verblüfft, hob der Spanier die Braue - dann kratzte er sich den Kopf und überlegte, ehe er kurz auf das Halsband des Geparden zeigte. "Kannst du ihn an der Kette halten ? Zumindest, wenn wir unter Menschen sind ? Natürlich kannst du ihn mitnehmen, du hängst an ihm ?" Es wäre unmenschlich, von dem Hellhaarigen zu verlangen, sich von dem Tier zu trennen - Amalric verstand gut, daß er an ihm hing, schließlich war dies der einzige Freund, den Tahir hier gehabt hatte.

"Kette geht... du haben getragen seine Kette in meine Zelt." wisperte Tahir und lächelte etwas versonnen. Er war glücklich das Adan mitkommen konnte. "Ich kommen mir dir."

Dies ließ den Spanier wieder lächeln und er neigte sich zu dem Schlankeren, zog ihn zu sich und küßte ihn verlangend, ehe er leise zu ihm wisperte. "Adan kann frei laufen, wann immer es möglich ist ... aber wenn wir unter Menschen sind, dann sollte er angekettet werden, ja ? Solange wir hier in Arabien sind, ist es besser, wenn du so tust, als wärst du der Herr und ich dein Sklave. Später tauschen wir dann. Wir werden lange unterwegs sein ... und viel brauchen. Glaubst du, daß wir vielleicht das Heer finden können, in dem ich war ? Vielleicht können wir noch einige Dinge finden, die man verkaufen kann ...." Dies war etwas, das ihm schon seit dem Aufwachen durch den Kopf spukte - sie brauchten Gold oder zumindest Silber, um die Überfahrt zu bezahlen und damit er auch als Kreuzritter durchging, brauchte er wieder eine Rüstung, Waffen und auch ein Pferd.

"Wir sicher Weg finden." Da war sich Tahir sicher, zum Einen wusste er, wo er Amalric aufgelesen hatte, und zum Anderen hatte er noch dessen Spuren gesehen und wusste in etwa, aus welcher Richtung er gekommen war. "Ich noch haben dein.." Er wies auf seinen Finger und meinte den wertvollen Ring.

Dies ließ den Spanier schmunzeln und er nickte, ehe er die Hand Tahirs in seine Beiden nahm und ihm sacht ins Ohr wisperte. "Behalte ihn noch, solange du den Herrn spielen mußt ... ein Sklave trägt keinen Ring." So gern er den Ring wieder haben wollte, es war sicherer so. Schon seltsam ... sie machten Fluchtpläne, obwohl sie sich erst so kurz kannten - doch dann kam ihm ein anderer Gedanke und dies ließ ihn lächeln. Denn sie hatten noch einige Tage Zeit, die sie hier in der Oase verbringen konnten, und dieser Gedanke war schöner als alles Andere, da sie hier so sein konnten, wie sie es wollten.

Tahir dachte dran, die Sprache noch besser zu lernen und streichelte Adan dabei noch ein wenig über den Kopf. "Du mir bringen noch mehr bei. Ich muss gut lernen." Das war ihm jetzt wichtig, später konnten sie sich dann auch noch weiter vergnügen.

Leise lachend, nickte Amalric auf die Worte und hauchte dem Schlankeren noch einen Kuß auf die Wange - dann stand er auf ging zum Wasser, trank einige Schlucke und genoß die Ruhe, ehe er zu Tahir zurückkam und ihm dann wieder neue Wörter beibrachte, Fragen beantwortete und einfach nur dessen Nähe genoß.

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Vier Tage waren sie nun in der Oase. Am heutigen Morgen schlief Amalric noch und Tahir war schon wach. Tahir kniete sich auf einen kleinen Teppich und blickte gen Osten. Gerade, als er sein Gebet beginnen wollte, erstarrte er und blickte in den Himmel. Dort flog ein Falke. Trotz der Weite konnte man das blaue Band an dessen Bein gut sehen. Tahir wusste, was es zu bedeuten hatte, und sein Körper bebte leicht. "Allah steh uns bei." wispernd, krampften sich seine Hände in den Sand.

Bei dem Wispern wachte auch der Spanier auf und rätselte einen Moment, was ihn geweckt hatte - doch dann merkte er, daß er allein war und stand auf, ging nach draußen und sah Tahir, der die Hände in den Sand krampfte. "Tahir ?! Was ist los ?" Beunruhigt kam Amalric sofort zu ihm und kniete sich neben ihn, nahm dessen schlanke Hände in die Seinen und sah ihm voller Sorge in die furchtgeweiteten Augen.

"Die Falken... sie tragen blaues Bänder. Heißen, Sohn geboren." Tahir sank leicht zusammen, als er Amalric antwortete. Sie konnten also gar nicht zurück, wenn, mussten sie gleich von hier aus fliehen. "Wir gleich weg müssen, man uns holen werden... sehr bald, wegen großes Fest für Sohn von Häuptling."

Die Nachricht traf den Spanier wie ein Faustschlag - doch er faßte sich schnell wieder und nickte, zog Tahir nahe an sich und küßte ihn auf die Schläfe, während er ihn beschützend in seinen Armen hielt. "Gut - dann packen wir zusammen und fliehen von hier, mein Herz. Wir haben alles aus deinem Zelt, das wichtig ist - und wir wissen, wohin wir wollen. Komm." Nachdem er geendet hatte, stand er auf und zog den Schlankeren mit sich hoch, küßte ihn erneut und nickte schließlich aufmunternd.

Das tat Tahir sehr gut und er fasste sich wieder. "Packen... dann weg hier... wir haben gutes Vorsprung und Keiner denken, daß ich fliehen mit dir." Rasch rollte er den kleinen Teppich ein und ging dann mit Amalric zum Zelt, damit sie es abbauen konnten. Das Einzige war, daß sie nur das eine Pferd hatten. "Nur du müssen Kamel reiten, bis wir Stadt erreichen, wo wir zweites Pferd kaufen."

"Ich weiß ... leider. Aber es wird schon gehen." Amalric seufzte leise und holte den Kaftan aus dem Zelt, zog ihn an und half dem Schlankeren, das Zelt abzubauen und die einzelnen Teile zusammenzulegen, damit sie auf dem Kamel verstaut werden konnten. Dann füllten sie ihre Wasservorräte auf und hängten die Beutel zu ihrem Gepäck, ehe der Spanier leise seufzte. "Wir müssen zuerst etwas finden, daß du verkaufen kannst, um zu Gold oder Silber zu kommen - dann kaufen wir das Pferd und können weiterreisen. Es ist noch viel zu tun .... so viel, Tahir. Wenigstens haben wir uns, Hm ?" Bei dem Letzten drehte er sich wieder zu dem Hellhaarigen um und lächelte, da dieser gerade sein Gesichtstuch befestigte, so daß man nur noch seine Augen sehen konnte.

Der lächelte unter dem Tuch und nahm dann das von Amalric, um es ihm um den Kopf zu binden. Auch er bekam dann das Tuch noch um Mund und Nase, so bekam er besser Luft. "So, wir gehen..." Auch wenn er wusste, daß der Spanier das Kamelreiten nicht mochte, so ging es nicht anders. Das Tier brachte er wieder dazu, sich hinzuknien und er nickte aufmunternd, denn er hatte extra den Platz zwischen den Höckern ein klein wenig gepolstert.

Mit einem schweren Seufzer nickte auch Amalric und stieg zögerlich auf - als das Kamel wieder aufstand, hielt er sich fluchend fest und verstummte erst, als das Tier endlich stand und dann Tahir folgte, der ebenfalls aufgesessen hatte und den Zügel des Kamels aufnahm. Sie ritten wieder durch die Wüste - zu ihrem Glück war es die letzten Tage windstill gewesen, so daß man ihre Spuren noch erkennen konnte, denen sie nun wieder zurückfolgten.

Tahir hoffte aber, daß kurz nach ihnen wieder Wind wehen würde. Er bat Allah darum und sah hin und wieder zu Amalric zurück, um zu sehen, wie es ihm ging. Nach einiger Zeit erreichten sie die Stelle wo er ihn gefunden hatte. Die Spuren danach waren schon etwas verwischter, aber als erfahrener Araber konnte Tahir jede Spur wiederfinden. "Hier ich dich finden.. du noch weißt, wie lang du laufen durch Wüste ?"

"Vier Tage .... glaube ich ... nach zwei Tagen ging mir das Wasser aus und mein Pferd starb. Ich glaube, ich bin danach noch zwei Tage herumgeirrt, bis ich dich getroffen habe." Amalric war sich ein wenig unsicher - doch als sie ihren Spuren weiter folgten, schöpfte er ein wenig Hoffnung, daß sie vielleicht noch etwas finden konnten, jetzt, wo sie genug Wasser und auch Reittiere hatten.

"Gut, wir finden Pferd, wir finden auch das, wo du hergekommen... Adan Spuren finden, wenn weg sein.... wir reiten Nacht durch, Tag dann ruhen unter Tuch, das wie Zelt." Nachts zu reiten war besser, es war kühl bis frostig und der Tag, den sie jetzt geritten waren, hatte das Pferd und sie selber schon ziemlich erschöpft. Aber jetzt, wo es dunkel wurde, würde es besser werden.

Amalric nickte einfach nur, denn er merkte, wie die Sonne an ihm zehrte ... erst, als es dunkel wurde, verschaffte ihm die Kühle ein wenig Erleichterung und es fiel ihm nicht mehr so schwer, die übelkeiterregenden, schaukelnden Bewegungen des Kamels auszugleichen, auf dem er reiten mußte. Doch nach einigen Stunden konnte der Spanier nicht mehr und rief ein leises, erschöpftes "Tahir ?", ehe er einfach wegsackte und ohnmächtig von dem Kamel kippte.

"Amal ?" Tahir sah sich erschrocken um und sprang rasch vom Pferd, um zu Amalric zu kommen. Bei ihm kniete er sich hin und legte dessen Kopf auf seinen Schoß. "Amalric... aufwachen." Er schob das Tuch beiseite und tätschelte dessen Wange ein wenig. "Warum du nichts sagen, Dummkopf ?"

Es dauerte einen Moment, bis der Spanier wieder aufwachte und leise stöhnte, da sein Kopf hämmerte. "Ich bin diese Hitze so leid, bitte verzeih. Ich wollte nicht schwächer sein als du - aber ich halte diese Hitze einfach nicht aus. Nicht auf diesem Kamel ..." Amalric wußte, daß sein Verhalten dumm gewesen war - doch es stimmte, er wollte vor dem Hellhaarigen nicht als Schwächling dastehen, nur weil er nicht einen ganzen Tag durchhalten konnte.

"Dummkopf." schimpfte Tahir den Spanier an und seufzte leise. Er nahm den Wasserschlauch von seinem Gürtel und flößte Amalric etwas davon ein. Ein wenig vom Wasser gab er dann auf ein Tuch und legte es ihm auf die Stirn. "Du müssen mir sagen, wenn du nicht mehr können... du kein Araber, du nicht gewohnt, so lang zu reiten in Hitze." Man merkte, daß er sich sorgte. "Wir hier rasten, Amal... du dich ausruhen und Morgen du reiten Pferd und ich laufen ein wenig."

Das kalte Tuch sorgte gleich für Linderung, doch als Amalric den Hellhaarigen hörte, seufzte er und schüttelte kurz den Kopf. "Nein - ich werde auf dem dummen Kamel reiten, denn dein Pferd ist nicht stark genug, mich längere Zeit zu tragen, das weißt du. Wenn wir Nachts reiten, wird es leichter für mich - ich halte die Kälte besser aus als diese Hitze ...." Erst, wenn sie ein geeignetes Schlachtroß für ihn gefunden hatten, würde es leichter werden - doch das dauerte noch, wenn sie Pech hatten, noch sehr lange.

"Wir dann reiten nächste Nacht weiter und ruhen. Es werden in wenigen Stunden hell. Bleib noch liegen, ich machen kleines Zelt für Tag." Mit den Worten stand Tahir vorsichtig auf und bereitete alles soweit vor. Er baute eine Art kleines Zelt. Es war nicht viel Platz, aber es spendete Schatten für den Tag. Pferd und Kamel band er dann zusammen, damit sie nicht wegliefen. In der Wüste war es nicht so sicher wie in der Oase.

Inzwischen hatte sich Amalric aufgesetzt und stöhnte leise, als sein Kopf wieder zu dröhnen begann. Doch dann riß er sich zusammen und stand auf, ging zu seinem Liebsten und half ihm, nahm auch das Gepäck von dem Kamel und legte es unter eine der anderen Planen, ehe er die Plane noch mit Sand beschwerte, daß sie nicht weggeweht werden konnte.

"Gehen in Zelt und legt dich hin, Amal. Du müssen erholen... Ich machen dir Medizin, die helfen, daß dir geht besser." Tahir schob Amalric zum Zelt und dort hinein. Von der Seite nahm er seinen Beutel und holte einen kleineren Beutel mit einem Pulver hervor, das er ein wenig später in Wasser einrührte. "Trinken, dann gehen besser. Und nicht ausspucken." Er wusste, wie abscheulich das Zeug war.

Und der Stärkere hatte gut damit zu tun, dieses Zeug herunterzuwürgen, doch er fühlte schon nach wenigen Atemzügen, daß es ihm ein wenig besser ging. Dankbar gab er den Becher wieder zurück und seufzte - doch dann nickte er und legte sich schon auf die Schlafstelle, schloß die Augen und ruhte, da er sich noch immer nicht recht wohl fühlte.

Derweil rieb Tahir den Becher mit Sand aus um ihn zu säubern und stellte ihn dann beiseite. "Ich machen ein wenig Essen und ein heißes Trinken." Und schon machte sich Tahir an die Arbeit. Er machte draußen ein kleines Feuer und zermahlte ein paar dunkelbraune Bohnen. Das Ganze goss er dann mit heißen Wasser auf und brachte das heiße, schwarze Getränk zu Amalric. "Hier trinken... wecken Lebensgeister."

Nun doch verwundert, nahm der Stärkere den kleinen Becher an und schnupperte - dieses komische, dunkle Zeug roch einfach nur herrlich und so nippte Amalric und seine Augen weiteten sich bei dem Geschmack. Bitter - aber irgendwie wohltuend, so daß er noch einen zweiten Schluck nahm und den Becher langsam austrank. In manchen der arabischen Städte hatte er diesen Geruch schon einmal gerochen ... doch wußte nicht, was es war und schließlich gab er Tahir den Becher mit einem Lächeln und einem leisen, ehrlichen "Danke." wieder zurück.

Der Hellhaarige lachte leise. "Schmecken besser wie Pulver. Mein Volk trinken gern hin und wieder." Nach seinen Worten kroch er wieder aus dem Zelt und holte das Essen für sie Beide. Es war nicht viel, weil sie rationieren mussten, aber es war ausreichend. Den Fladen teilte Tahir durch. So hatte jeder einen Halben. "Erzählen mir von deines Land ?...Ich nix machen falsch wollen."

Das brachte den jungen Spanier dazu, leise zu seufzen ... doch dann lächelte er wieder und koste kurz mit der Hand über die Wange seines Liebsten, ehe er leise antwortete. "Es gibt so vieles, das ich dir erzählen möchte .... doch das Wichtigste ist, daß die Anderen unsere Geschichte glauben. Das Beste ist, daß wir die Wahrheit nur ein wenig ausschmücken, so daß sie uns hilft. Ich werde ihnen davon erzählen, daß unser Heer vernichtend geschlagen wurde und mein Vater starb ... daß ich gefangengenommen wurde und versklavt, und daß du mich gerettet hast. Daß du schon sehr lange bei den Arabern lebst, selbst Sklave warst und immer nach einer Möglichkeit gesucht hast, zu fliehen. Deine hellen Haare und Augen helfen dabei sehr ... sie werden uns glauben. Viel wichtiger ist, daß du unsere Sitten und Gebräuche lernst - und auch, dich gegen unsere Priester zu behaupten, du mußt lernen, deine Gebete lautlos und unauffällig zu sagen. Es wird alles noch so schwer ..." Einen winzigen Moment lang sah man Amalric an, daß er fast an dieser gewaltigen Aufgabe verzweifelte; noch niemals zuvor hatte er die Verantwortung für einen Anderen gehabt und nun ahnte er, was es bedeutete, der Fürst eines Landes zu sein, an so vieles denken zu müssen, wenn man gerecht und gut sein wollte. Doch dann verging dieser Moment wieder und der junge Spanier stählte sich - es lag an ihm, daß Tahir bei ihm bleiben konnte, sobald sie auf einem Schiff waren, und deshalb mußte er ihm so viel wie möglich beibringen. Und dazu mußte der Schlankere seine Sprache lernen, es gab so vieles, das beachtet werden mußte, daß Amalric sicher war, daß sie diese Nacht und die folgenden Tage, wenn sie rasteten, damit zubringen würden. Doch Tahir war es wert - dieser Gedanke festigte sich im Geiste des Fürstensohns und ließ ihn lächeln, als er damit begann, zu erklären.

Der Schlankere nickte leicht. "Ich werde beten leise... erzählen mehr von Sitten, ich nix falsch machen wollen." Tahir war in der Hinsicht weniger sorgenvoll, er würde alles lernen, was Amalric ihm beibrachte. Behaupten konnte er sich auch, das hatte er sein Leben lang tun müssen, und das würde er in dem neuen Land auch tun. Vielleicht würde es dann mit der Zeit leichter und vielleicht würde er akzeptiert werden.

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