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”Die weiße Rose des Ostens” 06
 

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Nach zwei Tagen von der Stelle an, wo Tahir Amalric gefunden hatte, entdeckten sie den Kadaver des Pferdes. Jetzt waren sie von dort an noch zwei Tage unterwegs und der Wind trug seit einiger Zeit den süßlichen Geruch von Verwesung zu ihnen. Adan hatte sie geführt, doch seit es angefangen hatte, zu riechen, brauchten sie ihn fast nur noch, um sie auch in die richtige Richtung zu führen. Als die Zwei oben auf einer der Dünen ankamen, verzog Tahir das Gesicht. Überall lagen verweste und zum Teil von Tieren angefressene Leichen herum. All die Gedanken, die er sich über die Kultur Amalrics gemacht hatte, verschwanden langsam. All das, was er erzählt hatte, klang so merkwürdig. Seine Sitten waren auch streng, aber es fiel ihm fast schwer, zu glauben, daß ein Mann, der nur eine einzige Frau hatte, ein großes Ansehen genießen konnte. Auch dessen Religion war ihm etwas suspekt. Er verstand nicht, daß die Christen versuchten, anderen Völkern ihre Religion aufzuzwingen. Sein Volk tat dies doch auch nicht bei den Ungläubigen. Er verdrängte all das und ließ seinen Blick etwas schweifen. Hier lagen keine Araber, man hatte die Leichen mitgenommen. Hier lagen nur die Ritter. "Wir kucken nach Dingen, die wir können brauchen. Du mir sagen, was wichtig sein."

Einen Moment lang mußte der junge Spanier einen Würgereiz unterdrücken - doch dann beherrschte er sich und betete lautlos für die Seelen der Toten, bekreuzigte sich und nickte dann zu Tahir. "Schmuck. Such überall nach Schmuck - ich denke, die Ringe werden ihnen die anderen Araber abgenommen haben, doch unter den Rüstungen tragen die Ritter Kreuze und Ketten, manchmal auch Oberarmreife. Ich suche mir eine Rüstung zusammen und Waffen - und falls ich Schmuck finde, auch den, wir brauchen unbedingt Gold, damit wir uns die Dinge kaufen können, die wir brauchen." In Amalric drängte alles danach, die Leichen zu begraben - doch sie hatten weder die Zeit noch die Kraft, das zu tun, was der nächste Sandsturm sicherlich so oder so schon erledigen würde. Es war schon fast ein Wunder, daß es die letzten Tage so windstill gewesen war und der Schwarzhaarige stellte sein Glück nicht in Frage, indem er ihre wertvolle Zeit und ihren Vorsprung mit solch unwichtigen Kleinigkeiten vergeudete. Also stieg er ab und ging zu den Leichen, musterte sie und nahm den Dolch eines Toten, um nun schonungslos die Riemen der ihm zu großen Rüstung aufzuschneiden und unter der Tunika nach Schmuck zu suchen. Nachdem er ein schlichtes Goldkreuz gefunden hatte, nickte Amalric und stand wieder auf - dieser Tote hatte nicht mehr Schmuck und so suchte er sich einen Toten, dessen Rüstung ihm passen würde, um sie ihm abzunehmen.

Tahir tat es ihm gleich. Er hatte einen der Dolche genommen und schnitt die Riemen der Rüstungen auf, um an den Schmuck zu kommen. Amalric hatte ihm erzählt, daß sie die Toten begruben. Das würde hier die Wüste tun, da war sich der Araber sicher. Bei fast allen fand er die Kreuzanhänger. Dieses Zeichen musste den Christen wirklich viel bedeuten.

So war es auch .... doch für Amalric bedeuteten die Schmuckanhänger nun eine Möglichkeit, wie sie wieder nach Spanien kamen, zu seiner Familie. Er nahm lediglich ein Goldkreuz, das mit Saphiren und Amethysten geschmückt war, an sich, das ihm vor mittlerweile so lange erscheinender Zeit einer der Ritter abgenommen hatte. Doch als er bei einem der anderen Ritter die Rüstung ablöste, da er für sich schon eine Passende gefunden hatte und nun keine Rücksicht mehr nahm, staunte er und lächelte, denn dieser Leichnam trug ein Kreuz, das wie geschaffen für seinen Gefährten war. Behutsam löste Amalric die zierliche Goldkette und nickte, ehe er aufstand und zurück zu Tahir ging, um sich neben ihn zu knien und es ihm zu reichen. "Das ist wie für dich geschaffen, mein Herz. Sobald es nötig wird, solltest du es tragen - es wird dich noch schöner machen."

Neugierig musterte Tahir das Kreuz. Es war wirklich nicht so grob wie die Anderen und der Stein hatte fast die Farbe seiner Augen. Die Kette war auch ganz schmal und dünn. "Ich danke dir... ich werde es tragen, wenn ich es tragen muss." Das Ganze behagte ihm noch immer nicht so recht, aber es musste sein.

"Es sichert dein Überleben, mein Herz. Wenn du es trägst, können sie dir nichts tun, ich habe es dir ja schon erklärt. Es tut mir selbst leid, daß ich dir das aufzwingen muß, aber es geht nicht anders." Es wunderte Amalric noch immer ein wenig, wo sein fanatischer Glaube geblieben war ... doch irgendwie wollte er schon immer lieber ein Krieger sein als die Ungläubigen bekehren, und wie könnte er Gott nicht dankbar sein, jetzt, wo er ihm diesen wundervollen Mann geschickt hatte, um ihn zu retten. Die Priester seien verdammt - sie würden dies zusammen durchstehen, denn der junge Spanier würde niemals zulassen, daß Tahir in seiner Heimat etwas geschah.

"Ich trage es als Schmuckstück, zusammen mit meiner Kette." wisperte Tahir und rieb ein wenig den kupfernen Anhänger, den er an einem Lederband um den Hals trug, zwischen den Fingern. Die Kette mit dem Kreuz steckte er vorerst in seinen Beutel. "Haben wir genug, oder sollen wir noch mehr Schmuck suchen ?" Er selber hatte ziemlich viel eingesammelt. Wenn sein Vater das wüsste, er würde sich draufstürzen und sein Zelt mit den Zeichen der Ungläubigen schmücken.

Leise seufzend, nickte der Spanier und stand auf, als er ihm leise antwortete. "Ich denke, es ist genug - hier, ich habe auch noch einige Kreuze und Armreifen gefunden, es wird bestimmt reichen. Wir sollten weiterreiten, am Besten in die nächste Stadt, damit du den Schmuck verkaufen kannst, wir müssen schnell weiter, ehe dein Vater uns sucht. Gehen wir ?" Es war Amalric auch unangenehm, weiter hier zu bleiben - der Gestank drehte ihm immer wieder halb den Magen um und der Anblick der halbverwesten Leichen tat sein Übriges, daß ihm ganz anders wurde und er nur weg wollte.

Das bekam Tahir nur allzu gut mit und er erhob sich und ging mit seinem Liebsten zurück zu Adan, Pferd und Kamel. "Wir kommen bald in steinige Wüste, es nicht leichter werden, aber man können auch mal zu Fuß laufen." Tahir vermutete das Amalric dort schon mal durchgelaufen war, es lag kurz hinter dem Schlachtfeld und direkt auf dem Weg zur nächsten großen Stadt.

Amalric wickelte die einzelnen Teile seiner Rüstungen vorsorglich in Satteldecken ein und band sie nun an den Tragegestellen des Kamels fest, ehe er einige tiefe Schlucke Wasser trank und den Schlauch an Tahir weitergab. "Ja, die Steinwüste - wir sind dort durchgeritten, vor der Schlacht. Es ist besser, wenn wir da gehen - dein Pferd könnte sonst stolpern und sich etwas brechen, das ging vielen der Ritter so. Die nächste Stadt ist nicht weit von hier entfernt, wir haben sechs Tage gebraucht bis zu der Steinwüste. Willst du dorthin, um den Schmuck zu verkaufen ?" Während er sprach, stieg der Spanier wieder auf und fluchte leise, als das Kamel sich aufrichtete, da er sich noch immer nicht recht an das große Tier gewöhnt hatte.

"Ja, dort verkaufen... dort es geben viele Händler, die gut zahlen. Und auch Pferde für dich gibt, die groß und stark sind. Pferde von dein Volk." Es tat Tahir noch immer leid, daß Amalric das Kamel reiten musste, aber es ging nun mal nicht anders. "Dann dein Hintern nicht mehr wehtun."

Dies lies den Spanier auflachen und er neigte sich zu Tahir, zog ihn in ein wenig an sich und küßte ihn leidenschaftlich, ehe er leise und liebevoll an dessen Ohr wisperte. "Der tut mir nicht vom Reiten weh, mein Herz ... und ich möchte es auch nicht missen. Ich bin es nur nicht gewöhnt, daß dieses Kamel so schaukelt und diese Höcker und vor allem, daß ich immer beinahe runterfalle, wenn es aufsteht. Ich bin froh, wenn ich wieder auf einem Pferd reiten kann ....."

Tahir wurde etwas Rot auf den Wangen. Er wusste gleich, was Amalric meinte, sie Beide hatten wirklich oft das Lager geteilt. Mehr, als Tahir es gewohnt war, auch wenn ihm selbst der Hintern davon nicht wehtat, so war es bei Amalric so. Kein Wunder, bis vor wenigen Tagen war er unberührt gewesen. "Du dich wirst dran gewöhnen, ich denke." grinste er und band sich dann sein Tuch vors Gesicht. Der Wind frischte ein klein wenig auf. "Du auch tun, es zwar Wind, wichtig du tun. Sand nicht gut für Gesicht."

Der Schwarzhaarige wurde sofort ernst und nickte, als er sich das Tuch vor sein Gesicht band. Die letzten Tage hatte er gemerkt, wie wichtig das war: Auch wenn Sonne und Hitze sein Gesicht wettergegerbt hatten, so war es soch angenehm, sich vor dem Wind und dem Sand zu schützen. Doch etwas Anderes beunruhigte Amalric ein wenig, ein leiser Instinkt, der sich meldete, und so neigte er sich während dem Reiten wieder zu Tahir herab. "Der Wind .... wird der noch stärker ? Zu einem Sandsturm ?"

"Nicht gleich, aber bald... wir müssen etwas zügiger vorankommen. In Steinwüste es gibt Nische, wo wir können uns etwas schützen. Sein nicht weit." Die Steinwüste konnte man auch schon sehen, es war wirklich nicht mehr weit.

Amalric nickte nur, antwortete ein leises "Reite voraus." und begann dann, mit seinem Kamel so gut es ging, zu folgen. Doch nach einer Weile mußten sie absteigen, da es für die Reittiere zu mühselig wurde - und langsam begann der junge Spanier, unruhig zu werden, da der Wind sich verstärkte und ihnen feinsten Steinstaub entgegenwehte, der immer wieder Wege durch ihre Kleidung fand. Auch der Himmel wurde zusehends dunkler - das schlechte Gefühl im Magen des Schwarzhaarigen verstärkte sich noch und er ritt näher zu Tahir, nahm dessen Hand und schloß kurz die Augen, als eine heftige Böe sie kurzzeitig ein wenig zur Seite wehte. "Brauchen wir noch lange ?! Der Wind wird immer stärker und wir müssen diese Nische finden !"

"Wir da sein... keine Angst, wir noch Zeit haben, bevor großes Sturm kommen." Tahir kannte die Wüste wie nichts Anderes, er wusste, wann es gefährlich wurde und ging auf einige große Felsen zu. "Hier sein." Er sorgte gleich dafür, daß sich sein Pferd hinlegte, dann warf er ihm ein Tuch über den Kopf, damit es nicht den Sand in die Nüstern bekam. Die Tiere waren es gewohnt. Einen Moment später ließ er das Kamel ebenso knien und wiederholte es. Beide Tiere waren an einen Felsen gebunden. Tahir nahm als Nächstes eine große Stoffbahn des Zeltes und ging zu der tiefen Nische. "Amal kommen....Adan !" Beide rief er zu sich. "Wir uns noch Stoff überwerfen, wir sonst nicht bekommen genug Luft."

Der Spanier gehorchte gleich, da er ihm vertraute, kam zu ihm und seufzte leise, als der schlanke Gepard sich als Erstes in die Nische drängelte. Dann schob er Tahir rein und ging ihm dann nach, nickte, als der Hellhaarige ihm die Plane überlegte und nahm ihn in die Arme, damit er ihn mit seinem breiteren Rücken schützen konnte. Amalric hoffte nur, daß dies genügte - der Wind wurde immer stärker und riß mit den scharfen Sandkörnern und winzigsten Steinsplitterchen an der Plane und auch an den Körpern der Schutzsuchenden, auch wenn es deutlich besser war als draußen in der offenen Ebene.

"Es nicht dauern lange... Stunde vielleicht." Tahir zog auch Adan an sich heran, so kamen sich der Kater und Amalric so nahe wie sonst nie. Adan störte es aber nicht, er vertraute seinem Herren und langsam gewöhnte er sich auch an dessen Geliebten.

Und auch dieser hatte sich inzwischen ein wenig an den großen Kater gewöhnt, so daß er nicht mehr erschrak, wenn dieser ihn beschnupperte oder kurz mit dem Körper streifte. Doch im Moment achtete er eigentlich nicht mehr auf den schlanken, warmen Katzenkörper, sondern auf Tahir, den er so nahe an sich gepreßt hielt. Langsam, da es mehr Schutz bot und auch angenehmer war, drückte er ihn an eine der Steinwände und sich an dessen Körper, kam so nahe, wie es ihm möglich war und vergrub sein Gesicht an der Halsbeuge des Schlankeren, während er die Plane dicht um sie zog und sie so fast völlig von dem Sandsturm abschirmte.

Irgendwie genoss Tahir das. Es war ein schönes Gefühl, beschützt zu werden. Der Sturm kam derweil in Höchstform. Dies würde er eine Weile halten und dann wahrscheinlich fast abrupt wieder abflauen. So war es oft, und nach einer halben Stunde war alles, wie erwartet, spontan vorbei. "Es ist vorbei, magst du noch bleiben, oder magst du gleich weiter ?"

Erleichtert ließ Amalric die Plane los und achtete nicht mehr auf den Stoff, der hinter ihm auf den Sand fiel. Er kam noch ein wenig näher und schlang seinen Arm um den schlanken Körper, der zwischen ihm und der steinernen Wand des Spaltes stand, während er mit der freien Hand die Tücher löste, die ihre Gesichter bedeckten. "Wir müssen weiter, damit wir so schnell wie möglich aus der Steinwüste kommen, weg von deinem Stamm ... aber nicht gleich, erst will ich dich ein wenig kosten, mein Herz." Und kaum hatte der Spanier geendet, legte er seine Lippen auf die Tahirs und hinderte ihn in dem darauffolgenden, zärtlichen Kuß daran, daß er ihm antworten konnte. Dieser Sturm war mehr als nur ein Sturm gewesen für Amalric - erst dies hier hatte ihm etwas klargemacht, daß er zuvor nur eher vage gewußt hatte: Er liebte Tahir - und er wollte ihn beschützen, wollte ihn bei sich haben und nie wieder loslassen.

Und das war befremdlich und doch schön für den jungen Araber. Immer war er als wertvoller Besitz und Eigentum angesehen worden, aber nie als Mensch und als das, was ihn ausmachte. Amalric sah ihn als Menschen, er liebte ihn und auch Tahir liebte ihn. Gerade das jetzt machte es ihm auch klar. Adan verzog sich aus der Nische, ihm war es zu eng. Tahir erwiderte den Kuss leidenschaftlich und doch sanft und gab sich Amalric willig hin. Auch ihn verlangte es nach dem Anderen, es war wirklich seltsam und schön.

Jener genoß den Kuß, solange er ihn halten konnte, doch nach einer Weile wurde der Drang, zu atmen, einfach übermächtig und er löste schon fast widerwillig seine Lippen. "Wir sollten weiter, mein Herz ... so gern ich dich jetzt haben möchte, es ist keine Zeit." Man hört und sah, wie betrübt Amalric darüber war - doch er bezwang sein Verlangen nach Tahir und löste sich nach einem weiteren, sanften Kuß, hob die Plane auf und zog ihn mit sich aus dem Spalt, um dann zu den Reittieren zu gehen und den Sand von ihrem Gepäck zu schaufeln.

Tahir blieb einen Moment in der Nische und atmete tief durch, um ruhig zu werden. Der Kuss hatte ihn erregt und er musste kurz klar werden. Adan kam derweil etwas dichter zu Amalric und beschnupperte ihn vorsichtig.

Nun doch ein wenig unsicher werdend, blieb der Spanier ruhig stehen ... doch dann hob er langsam seine Hand und ließ den Kater daran schnuppern, froh darum, daß auch Tahirs Geruch an ihm haftete, da sie zuvor noch so eng beisammen gewesen waren. Das brachte ihn auf einen Gedanken und er sah verwundert auf, da der Hellhaarige noch immer nicht aus der Höhle gekommen war.

Adan genoss es, daß Amalric durch seine Abwesenheit angefangen hatte, ihn zu kraulen. Als dessen Finger ein wenig an sein Maul kamen, leckte er leicht daran. Sie waren schön salzig und das gefiel dem weißen Geparden sehr. Jetzt kam Tahir endlich und er lächelte freudig, als er das sah.

Erst, als er das Lecken fühlte, merkte der Spanier, was er tat - doch er zuckte nicht weg, sondern sah verwundert auf den weich grollenden Geparden, der ihm die Hand leckte, und lächelte dabei ein wenig schief. "Er ist wie die kleinen Katzen aus meiner Heimat ... sie mögen das auch." Amalric fragte nicht nach, was Tahir noch im Spalt gemacht hatte - er vertraute ihm und der Schlankere hatte gewiß einen Grund gehabt, vielleicht nachgedacht oder etwas Anderes, doch der Spanier fragte nicht danach. "Gehen wir - durch den Sand auf den Steinen ist es noch gefährlicher für die Tiere, zu laufen, nicht, daß sie sich ein Bein brechen."

"Ja. Laufen ist bestes. Ich denke, es tut uns auch gut." wisperte Tahir und sorgte dafür, daß Pferd und Kamel aufstanden. Die Tücher hatte Amalric ja schon abgenommen. "Du musst Tuch wieder umbinden. Staub liegt noch in Luft." Er selber tat es bei sich und ging dann langsam neben Amalric her.

Jener folgte sofort und legte das Tuch wieder um - es blieb noch immer ungewohnt, auch wenn er wußte, wie nötig es war. Dann nahm er den Zügel des Kamels und folgte seinem Gefährten, da dieser besser als er wußte, wo sie hinmußten. Je länger sie gingen, desto karger wurde der Boden und die großen Steine wichen langsam wieder feinem Sand, so daß sie aufsitzen und reiten konnten. Da sie nichts redeten, dachte Amalric nach und seine Gedanken schweiften zwangsläufig dazu ab, was passieren würde, wenn sie die nächste Stadt erreichten. Dort mußte er einen braven Sklaven spielen und ihm folgen ... etwas, das sehr, sehr schwer für den stolzen, jungen Spanier werden würde.

Die Gedanken wurden aber durch Geräusche gestört, es waren schnaufende Pferde. Tahir sah sich um und fluchte laut. Hinter ihnen kamen vier Reiter, Männer aus Tahirs Stamm. "Bleib hier !" befahl der dem ein wenig Jüngeren und wendete das Pferd. Er galoppierte sofort auf die Reiter zu und zog dabei seine Klinge aus der Scheide, die am Sattel befestigt war.

Entsetzt sah Amalric auf die Reiter und auch auf Tahir, der nun auf die anderen Krieger zusprengte und sie angriff. Die Vier zogen ebenfalls ihre Schwerter und ritten auf den jungen Hellhaarigen zu, doch sie hatten von Anfang keine Chance, auch wenn sie das nicht wußten. Als die ersten Beiden zuschlugen, trafen sie nur leere Luft, da ihr Opfer sich geduckt hatte - und einer der Beiden schrie vor Schmerz auf, denn die Klinge des Hellhaarigen hatte ihn quer über die Brust erwischt und er fiel zu Boden. Überrascht zögerten die anderen Drei - und genau das kostete einem Weiteren das Leben, als der Hellhaarige sie einen nach dem Anderen tötete, bis nurmehr die Pferde der Vier reiterlos dastanden. Amalric sprang gleich vom Kamel und steckte das Schwert zurück, das er gezogen hatte - kam langsam zu Tahir und schluckte schwer, als er ein wenig von ihm entfernt stehenblieb und nur ein leises "Tahir ?" wisperte.

Als der sich zu Amalric umdrehte, brannten seine Augen regelrecht. Wieder hatte er etwas dämonisches und kaltes an sich und es würde wohl auch einige Momente dauern, bis dies wieder verschwand. Tahir stieg von seinem Pferd und sah kurz zu Alamric. "Nimm ihnen alles ab, was wir brauchen." befahl er fast etwas harsch und neigte sich selbst zu einem der Männer, um ihnen den wertvollen Schmuck und deren Beutel abzunehmen, in denen sie oft etwas Gold hatten.

Dies ließ den jungen Spanier kurz erstarren - dann knurrte er dunkel und zog die Brauen tief in seine Augen, schnappte sich stattdessen die Pferde und brachte sie zu dem Kamel mit ihren Sachen. Er weigerte sich bewußt - ihm war klar, daß er Tahir in der Stadt gehorchen mußte, doch er wollte verdammt sein, wenn er sich hier, in der menschenleeren Wüste, diesen Ton gefallen lassen würde. Stattdessen sah er nur kurz zu dem Hellhaarigen, ehe er schnaubte und sich erfahren die Sättel betrachtete, schließlich bei einem nickte und geschmeidig aufstieg, um auf den jungen Araber zu warten.

Das sorgte nicht gerade dafür, daß Tahir sich beruhigen konnte. Er selber knurrte leise und nahm den anderen Männern die restlichen Sachen ab. Er brachte alles zum Kamel und verstaute es. Es war eine leicht eisige Stille zwischen den beiden Männern. "Warum du nicht geholfen ?" Tahir durchbrach das Schweigen, man hörte, daß er versuchte, ruhig zu bleiben.

Leise grummelnd, lenkte der Spanier sein Pferd zu Tahir und sah ihm in die Augen - dann nahm er das Gesichtstuch ab und sah zu dem Hellhaarigen, als er ihm ernst antwortete. "Weil ich nicht dein Sklave bin, Tahir ! Hättest du mich gebeten oder wenigstens einen anderen Ton genommen, dann hätte ich es getan. Aber nicht so ! Wenn wir in der Stadt sind, muß ich dir gehorchen - doch nicht hier !" Man sah ihm mehr als nur deutlich an, daß er sich nur knapp beherrschte, denn er konnte es absolut nicht leiden, wie der letzte Dreck behandelt zu werden. Nicht einmal von Tahir, außer, es war für ihre Tarnung nötig.

Tahir senkte leicht den Blick, ihm war klar, was passiert war, und es tat ihm leid. "Ich war zu... zu voll mit Emotion... ich hab nicht mit Absicht gemacht so harsch. Ich hier drin aufgewühlt von Kampf." Er fasste sich an die Brust. Er hatte von klein auf gelernt, hart sein zu müssen. Gerade beim Kämpfen, und es fiel ihm schwer, dies abzulegen, solang das Adrenalin durch seine Adern fegte. "Aber du nicht vergessen... ich bald spielen muss für lange Zeit etwas, daß ich nicht sein.... in dein Land ich muss spielen, jeden Tag, wenn wir nicht allein."

Bei den Worten verrauchte die Wut, die zuvor in dem Spanier gewesen war und er ritt noch näher, um Tahir in seine Arme zu ziehen und ihn zu halten. "Das mußt du nicht, mein Herz. Du wirst kein Sklave sein, sondern mein Freund - mein Vertrauter, mein Leibwächter. Der Einzige, den ich an mich heranlasse, mein ein und alles. Nur deinen Glauben mußt du stumm ausleben - das ist das Einzige, das nötig ist. Ich habe mir das genau überlegt, mein Herz: Wenn wir über Konstantinopel reisen, dann können wir dir eine Herkunft kaufen - dann kannst du ebenso ein Fürstensohn sein, wie ich. Ebenbürtig."

Auf solch eine famose Idee wäre Tahir nie gekommen und seine Augen kuckten Amalric etwas ungläubig an. "Kaufen ?...Geht das. Eine Herkunft ?" Er konnte es fast nicht glauben. Aber es klang gut.

"Aber natürlich geht das - wenn man genug Gold hat. Viele der Ritter haben sich hier niedergelassen und kaufen sich Länder und Titel - und das können wir auch, wir haben genug Schmuck dafür. Und dann brauchst du dir keine Gedanken mehr machen ... Niemand wird es bezweifeln, da du helle Haare und Augen hast, mein Herz. So schön wie eine weiße Rose ..." Das Letztere wisperte Amalric in das Ohr des Schlankeren und beendete seine liebevollen Worte mit einem Kuß - er wollte, daß Tahir endlich nicht mehr kuschen und gehorchen mußte, sondern eine Herkunft besaß, die seinem Stolz und seiner Schönheit alle Ehre zu machte.

"Weißes Rose ?" Was das war, wusste Tahir nicht, und so wusste er auch nicht, daß es etwas sehr Schönes war. Aber er vertraute Amalric, auch, was das Kaufen des Titels anging. "Lass uns schneller reiten, wir ja wollen nochmal in dieses Leben ankommen."

Dies ließ den Spanier schmunzeln - er ahnte, daß Tahir das Kompliment nicht verstand, doch das würde sich ändern, sobald ihm Amalric eine solche Blume zeigen konnte. Mit einem Nicken löste er sich und lächelte, ehe er das Gesichtstuch wieder umlegte und die Zügel seines Pferdes in die Hand nahm. Nun konnte es schneller gehen - sie hatten genug Pferde, um zu wechseln, und Amalric konnte mit den Tieren viel besser umgehen als mit dem Kamel, auch wenn die Pferde fast zu schlank für ihn waren.

Aber daran musste er sich vorerst gewöhnen. Tahir galoppierte neben ihm her. Zu schnell konnten sie nicht, denn sie hatten das Kamel bei sich und auch Adan hielt nicht arg lange durch in dem Tempo. Für das Kamel und die anderen drei Pferde würden sie noch sehr viel Geld bekommen. Aber jetzt hieß es erst einmal, daß sie die Stadt erreichen mussten.

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