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”A thousand beautiful things” 04
 

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Am Morgen kam Oliver etwas übernächtigt zum Imbiss, um zu frühstücken. Auf das "Wie immer Oliver ?" nickte er und wisperte ein "Nur Heute einen großen Kaffee." Mr. Loreley hatte ihn ziemlich eingespannt und das nicht nur einmal. Gerade, als Oliver oben im Penthouse von Keiv war um die Arbeiten zu beaufsichtigen, hatte er einen seiner Schoßhunde raufgeschickt, weil ihm noch etwas einfiel. Loreley pfiff und er sprang, er kam sich vor wie eines der Schoßhündchenkerle. Eines stand fest, er ließ sich viel zu schnell ausnutzen. Daß Keiv wieder da war, bemerkte er erst, als er an den Tisch gehen wollte und ihn dort sitzen sah. "Oh, guten Morgen."

"Einen gu... Himmel, was ist ihnen denn passiert ? Sie sehen aus, als wären sie gewaschen, gemangelt und liegengelassen worden. Kommen sie und setzen sie sich erstmal. Mr. Loreley ? Oder ein anderer Mieter ?" Man sah Keiv seine ehrliche Sorge mehr als nur gut an und er stand auch auf, um Oliver das Tablett abzunehmen und ihn danach einfach auf die Bank zu bugsieren.

Daß Keiv so energisch sein konnte, erstaunte den Größeren über alle Maßen, er gehorchte aber und ließ sich auf die Bank schieben, wo er sich dann hinsetzte. "Jap, Loreley, aber ist nicht weiter schlimm." Er versuchte, den Braunhaarigen mit einem offenen Lächeln zu beruhigen und trank dann genussvoll einen Schluck Kaffee. "Ich hatte schon spätere und anstrengendere Nächte."

"Ihr Pflichtgefühl in Ehren – aber das ist zuviel, Oliver. Sie müssen ihren Kunden klarmachen, daß es Bürozeiten gibt – und diese auch eingehalten werden müssen. Sonst kommen sie überhaupt nicht mehr dazu, sich zu erholen, und wenn sie zusammenbrechen, haben ihre Kunden überhaupt nichts mehr von ihnen, oder ? So etwas muß auch Mr. Loreley akzeptieren, er steht ja auch nicht vierunzwanzig Stunden am Tag zur Verfügung. Denke ich doch zumindest ..." Auch der Schlankere hatte sich inzwischen wieder gesetzt und nahm nun einen Schluck seines Kakaos, ehe er leise seufzte und die Tasse in seinen Händen betrachtete. "Und ich sollte mich nicht in ihre Arbeit mischen – ich bin genauso schlimm, ich führe mich auf wie ein Diktator. Bitte verzeihen sie mir meinen Ausbruch."

"Sie haben ja ganz recht, Keiv. Ich bin zu gutmütig und das Problem ist eben, daß ich im selben Haus wohne. Er denkt, daß ich dann immer verfügbar bin, Gestern war ich es, normal habe auch ich feste Zeiten." Gestern hatte er ja auch noch die Handwerker beaufsichtigt, die dank dem versprochenen Zuschuss auch bis zehn Abends noch Fliesen gelegt und tapeziert hatten. Die Männer arbeiteten gern und sehr sauber. Oliver nahm gern kleine Betriebe, sie waren umgänglicher und pünktlicher. "Ach ja, die Fliesen sind verlegt und die Tapete ist an der Wand. Wie versprochen. Heute wird dann verfugt und gestrichen."

Bei den ersten Worten beruhigte sich Keiv schon ein wenig, da er befürchtet hatte, zu weit gegangen zu sein – bei den Letzteren verschluckte er sich allerdings fast an seinem Kakao und er sah ihn an, als ob er einen zweiten Kopf hätte. "Schon ?! Wie haben sie das nur geschafft ? Das ... ich bitte sie, den Arbeitern einen Extrabonus zu berechnen, denn ich möchte solchen Fleiß unbedingt auch entlohnen, ja ? Bitte ..." Viele nahmen solche Extradienste als selbstverständlich – doch Keiv wußte, wieviel Arbeit Extrawünsche machten und wollte sie auch entsprechend entlohnen.

Der Größere schmunzelte leicht und lächelte dann wieder. "Sie bekommen einen, machen sie sich keine Gedanken. Ich nehme auch bewusst kleinere Firmen für Einzelaufträge, sie arbeiten ordentlicher. Und die Männer tun es gern, ich habe ihnen erzählt, wie nett sie sind." Er wusste, daß er Keiv damit die Röte in die Wangen treiben würde, aber es stimmte und die Männern fanden es auch sehr animierend, wenn man es ihnen sagte. Für Loreley hatten sie ungern gearbeitet, denn der hatte sie herumgescheucht.

Und wie er es erwartet hatte, wurde Keiv Rot – doch dann seufzte er leise und trank noch einen Schluck Kakao, ehe er wieder zu dem Schwarzhaarigen aufsah und ein wenig schief lächelte. "Danke ... es ist mir nur ein wenig peinlich, wissen sie, auch wenn ich ihnen mehr als nur dankbar bin. Sie sind Heute im Büro, nicht wahr ? Gestern habe ich ihren Kollegen fluchen hören, daß ein anderes Projekt ansteht und sie es planen müßten." Der Schlankere wollte ein wenig von seiner Verlegenheit ablenken und aß ein Stück seines Kuchens, der wieder einmal einen sichtbaren Gegensatz zu der großen Portion des Anderen bot.

Das Projekt war der Sockel für das Aquarium, es war nur eine Kleinigkeit, aber Oliver wollte ihn perfekt haben und so, daß er ebenso perfekt zu dem Braunhaarigen und dessen Penthouse passte. Solche kleinen Projekte machten ihm große Freude, er hatte auch für seinen Kater einen Kratzbaum entworfen, der es wirklich in sich hatte. Dazu hatte er sogar ein Loch in die Schlafzimmerwand gemacht. So konnte Julius von einem Raum zum Anderen, selbst wenn die Türen zu waren und wenn man ihn einsperren wollte, gab es wie für Raubtiere eine Schiebetür. Julius konnte sogar auf die Terrasse, denn dafür hatte Oliver ein unauffälliges und schönes Sicherheitssystem entworfen. Alles war offen, aber Julius konnte nicht fallen. Das Ganze war nur zur Sicherheit, er wusste, daß sein Kater nicht fallen würde, aber sicher war nun mal sicher. Daß er in Gedanken gerade etwas abschweifte, sah man dem Schwarzhaarigen auch deutlich an, denn Oliver starrte Löcher in die Luft.

Doch er wurde dabei nicht unterbrochen, Keiv aß in Ruhe seinen Kuchen und beobachtete ihn ein wenig. Das markante Gesicht, dessen Härte jedoch ein wenig gemildert wurde, da sich durch die wenige Bewegung eine leichte Fettschicht entwickelt hatte. Es trug aber eher dazu bei, daß Oliver sanfter wirkte und Keiv gefiel es, er würde dieses Gesicht gerne berühren, doch er tat nichts weiter als es sich vorzustellen, während er geduldig darauf wartete, daß Oliver mit seinen Gedanken fertig wurde.

Das geschah nach einer Weile und der Träumer wurde etwas verlegen. "Entschuldigung, ich war in Gedanken." Dann fing er an zu essen, um seine Verlegenheit zu überdecken. Daß man ihn so abschweifen ließ war ihm neu, viele klagten dann über fehlende Aufmerksamkeit und so wurde er erneut von Keiv überrascht. "Sie können auch immer vorbeikommen und ein wenig nachsehen, wie die Arbeiten so laufen."

"Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen, Oliver ... ich kenne das, ich drifte auch manchmal ab, wenn ich über etwas nachdenke und mir Einfälle kommen." Auf das andere ging er nicht ein, denn er würde so oder so Heute noch zu den Arbeitern sehen und ihnen eine ausgiebige Pause bringen. "Einen guten Appetit wünsche ich ihnen noch, Oliver ... sie sollten aufpassen, daß es nicht kühl wird, Hm ?"

"Ach je, so kann ich es gleich essen." wisperte Oliver und futterte genüsslich los. Es war genau richtig, damit man sich nicht den Mund verbrannte und auch noch warm genug, daß es schmeckte. "Heute Mittag werde ich wohl nicht herkommen. Ich treffe mich mit Daniel." Er war bei Daniel und seinem Süßen zum Essen eingeladen. Hoffentlich hatte der Kleine nicht wieder einen Freund eingeladen ... obwohl Daniel das sicher verhindern würde. Das letzte Mal war eine Katastrophe gewesen.

"Das ist schade – aber ich freue mich, daß sie sich so gut mit dem Makler verstehen." Keiv war nicht enttäuscht, denn er verstand, daß solche Treffen nötig waren – und er hatte so oder so nicht das Recht, die Zeit Olivers für sich zu verbuchen. "Ich bin Heute selbst beschäftigt, schließlich muß ich ja all das Kleinzeug in meiner jetzigen Wohnung zusammensuchen und in Umzugskartons verpacken. Zum Glück brauche ich diesmal nicht die Möbel umzuziehen, da ich mich ja neu einrichte – das war immer das Nervigste an den Umzügen."

Das konnte Oliver gut nachvollziehen, er war selber schon öfter umgezogen und hatte auch schon oft von den Neubesitzern der Wohnungen gehört, wie stressig es war. "Diesmal ist für alles gesorgt und ich werde dann auch eine Firma beitragen, die ihre Kisten in das Penthouse bringt. Oder eher gesagt, ich werde Daniel Bescheid geben, denn das fällt in sein Aufgabengebiet."

"Das brauchen sie nicht, Oliver – ich mache das selbst, ich kann nicht ruhig danebensitzen und nichts tun, während Andere für mich die Arbeit machen. Es gibt mir ein gutes Gefühl, wenn ich auch etwas dazu beitragen kann, so wird mir die Wohnung vertrauter. Bitte verzeihen sie, das hätte ich ihnen schon zuvor sagen sollen." Es war Keiv ein wenig peinlich, daß er es vergessen hatte – denn er wußte genau, wie ungewöhnlich es in seiner Vermögensklasse war, solche einfachen Dinge selbst zu machen.

"Das macht doch nichts, ich kann es auch gut verstehen. Sie sind einfacher gestrickt als einige Andere der Mieter. Das wird das Haus angenehmer machen." Es war ein kleines Kompliment, denn viele der Menschen waren sehr extravagant oder seltsam drauf wie Mr. Loreley. Oder einfach sehr distanziert. "Ich muss dann los ... ich hoffe, sie haben noch einen schönen Tag, Keiv." Oliver eilte es, er wollte noch einiges schaffen und so bezahlte er und stand auf.

Sein Gegenüber nickte, reichte ihm zum Abschied noch die Hand und verabschiedete ihn mit einem leisen "Auch ihnen noch einen schönen Tag, Oliver – und ich hoffe, sie haben nicht so viel Streß.", ehe er die Hand wieder löste und ihm nachsah, als er ging. Leise seufzend, trank auch Keiv noch seinen Kakao aus und stand auf, um in seine Wohnung zu fahren – es war noch viel zu tun und vor allem wollte er noch die Pause für die Arbeiter in seiner Wohnung vorbereiten.

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Am frühen Nachmittag kam Oliver wieder zu dem Haus. Seine Stimmung war so ziemlich auf dem Tiefpunkt angekommen, denn Kory hatte es geschafft, einen Singlefreund hinter Daniels Rücken zum Mittag einzuladen, damit er ihn mit ihm verkuppeln konnte. Daniel war sichtlich sauer gewesen, jedenfalls Jemand, der ihn gut kannte, merkte es und somit war es eher ein gezwungenes Essen mit gezwungenen Unterhaltungen geworden. Als Oliver in den Lift stieg, seufzte er leise. Der Singlefreund war noch dicker gewesen als er selber und hatte eine tuntige Ader an den Tag gelegt, die zum Glück nicht an Mr. Loreley heranreichte. Das Ganze war noch recht höflich verlaufen, denn sie Beide hatten kein wirkliches Interesse aneinander gezeigt. Wie Kory darauf kam, daß gerade sie Beide ein nettes Paar wären, war ihnen Beiden ein Rätsel gewesen. Oben angekommen, stieg der Architekt aus dem Aufzug und hob eine Braue, als er sah, daß die Tür von Keivs Penthouse sperrangelweit offenstand und das leise Lachen der Handwerker zuhören war. Als er zur Tür kam, blieb er stehen und ließ das Bild auf sich wirken. Die Männer saßen auf einer Decke und machten ein Picknick.

Just in diesem Moment kam Keiv aus der noch unfertigen Küche und brachte den Arbeitern noch eine Schüssel mit Kartoffelsalat, stellte sie auf die Decke und lächelte Oliver an. "Kommen sie doch herein, es ist genug für alle da. Ich dachte, ich bringe ein wenig zu essen und zu trinken mit. Und ich danke ihnen, daß sie mir den Aquariumsockel gemauert haben, sie hätten sich doch noch Zeit lassen können." Noch während er sprach, kam der schlanke Autor zu Oliver und zog ihn am Gürtel in die Wohnung zu den Arbeitern, ehe er ihn auf die Decke bugsierte und auch ihm einen Teller in die Hand drückte.

Der Architekt kam gar nicht dazu, etwas zu sagen, und schon saß er auf der Decke und hatte einen Teller in der Hand. Vor ihm stand die Schüssel mit dem Kartoffelsalat und dann war da noch ein Teller mit Wiener Würstchen, belegtem Brot und Brötchenschnitten, ebenso noch Nudelsalat, also im großen und ganzen eine richtig gute Brotzeit. "Ich wollte es schnell erledigt wissen." murmelte er schließlich nur noch wegen dem Sockel und er nahm sich ein klein wenig von dem Kartoffelsalat und zwei von den Würstchen. Mit dem Sockel war es, als wenn ihn eine Muse dazu getreten hatte, daß er ihn bauen sollte.

Als Oliver sich etwas zu essen nahm, lächelte Keiv und nahm zwei der inzwischen leeren Bierflaschen auf, denn er hatte den Arbeitern auch etwas zu trinken mitgebracht. Der Architekt nahm sich jedoch keines und so ging Keiv wieder in die Küche, schenkte aus seiner Thermoskanne Tee in eine frische Tasse und süßte ihn mit Zucker, ehe er ihn Oliver brachte. "Schmeckt es ?"

"Ja, sehr gut." murmelte Oliver, er kaute schon und man sah ihm an, da es gut war. Man schmeckte auch, daß es selber gemacht war und gerade daher war es besonders gut. Alles um ihn herum futterte und so kam er sich auch nicht verfressen vor. "Sie sind ein guter Koch."

Dies ließ Keiv schmunzeln und er neigte kurz den Kopf, ehe er sich neben Oliver setzte und sich ein wenig Nudelsalat auf einen Teller gab. "Ich danke ihnen ... ich koche gerne und daß es euch allen schmeckt, ist mir die schönste Belohnung. Ich hoffe, ihr Tag war nicht allzu stressig – sie sehen müde aus." Die Arbeiter waren mittlerweile mit dem Essen fertiggeworden und tranken noch ihr Bier aus, gingen wieder an die Arbeit und kümmerten sich eigentlich nicht mehr um den Wohnungsbesitzer und den Architekten.

Der Größere trank erstmal einen Schluck Tee und lächelte dann ziemlich schief. "Daniels Freund hat mal wieder versucht, mich zu verkuppeln. Ich dachte, Daniel platzt der Kragen, er hats zwar nicht gezeigt, aber er war ziemlich sauer auf Kory."

"Verkuppeln ? Wieso denn das ? Nicht, daß ich mich einmischen möchte, aber ... sie sollten das doch eigentlich bei ihrem guten Aussehen nicht nötig haben ? Ich dachte, sie hätten schon ... bitte verzeihen sie, das geht mich nichts an." Der Schlankere war sichtlich verblüfft, daß Jemand dachte, daß Oliver einen Kuppler benötigte – doch er schämte sich ein wenig, daß er es offen gesagt hatte, auch wenn er innerlich mehr als erleichtert war, daß sein Gegenüber scheinbar noch ungebunden war.

Schon bei den Worten verschluckte sich Oliver so ziemlich und er hustete den Tee aus seiner Lunge. "Nein ... ich hab Niemanden außer Julius, und das ist mein Kater." Er räusperte sich noch immer ein wenig, daß Keiv meinte, er sähe gut aus, hatte ihn doch mehr als überrascht. "Sagen sie ... meinen sie das ernst ?"

Jener hatte ihm helfend auf den breiten Rücken geklopft und hob nun ebenso überrascht eine Braue, als er die Frage hörte. "Äh ... natürlich ? Aber was genau meinten sie ? Und bitte passen sie mit dem Tee auf, das klang gefährlich." Man hörte Keiv an, daß er sich Sorgen machte – und auch, daß er jetzt nicht genau wußte, auf was Oliver genau anspielte.

"Ich meine, daß ich gut aussehe." wisperte Oliver, er keuchte noch immer ein klein wenig, denn er hatte einen ziemlich großen Schluck eingeatmet. Was Keiv gesagt hatte, konnte er noch immer nicht ganz fassen. Früher war er sehr anziehend gewesen, doch das hatte sich drastisch verändert.

Das ließ den Schlankeren leise aufseufzen und er nahm die Hand wieder weg, legte seinen Teller auf die Seite und sah erst dann wieder zu dem Größeren. "Natürlich. Wieso wundert sie das ? Sie sehen doch gut aus ? Sie sind groß, kräftig, haben ein sehr markantes, männliches Gesicht und einen Charakter, den man sich nur wünschen kann. Sie sehen so verwundert aus, als hätte ich gesagt, daß sie einen zweiten Kopf besäßen ..." Keiv lächelte und hob erneut eine Braue, denn er wollte der scheinbar ernsten Situation ein wenig die Schärfe nehmen.

Das Lächeln erwiderte Oliver, nur verrutschte seins leicht und wurde etwas schiefer. "Wissen sie, die Meisten sehen mich auch so an. ... Sie sehen mit dem Herzen, Keiv. Das ist auf dieser Welt sehr selten geworden." Warum ihn die Leute blöd ansahen, sagte er nicht, er wusste es ja und wollte nicht noch anfangen, irgend etwas Dummes zu sagen.

Einen Moment lang wußte der Braunhaarige wirklich nicht, worauf Oliver anspielte – doch dann bemerkte er es und seufzte leise, schüttelte den Kopf und begann damit, das Geschirr zusammenzuräumen, während die Arbeiter nach unten fuhren, um neue Materialien zu holen. Diese Gelegenheit der kurzen Ungestörtheit nahm Keiv gleich beim Schopf und sah Oliver schließlich direkt und ernst in die Augen, als er wieder zu ihm sprach. "Die Meisten sind auch absolute Idioten – blind, dumm und voller Vorurteile. Und auch ich sehe sehr wohl mit meinen Augen, Oliver ... und ich sehe nichts, das mir nicht gefallen würde. Um ehrlich zu sein – wer ihnen diesen Unsinn eingeredet hat, daß sie nicht mehr interessant oder begehrenswert wären, nur weil sie ein paar Kilo zuviel auf die Waage bringen, der ist nicht ganz richtig im Kopf. Ich persönlich habe niemals viel von dem Schlankheits- oder Fitneßwahn gehalten – im Gegenteil, ich finde das total überzogen. Natürliche Muskeln sind etwas schönes ... und wenn sie ein wenig weicher und angenehmer verpackt sind, dann sogar noch ein wenig mehr. Gut, ich gebe zu, ab einer gewissen Grenze ist es wirklich zuviel – doch die ist bei ihnen wirklich noch lange nicht erreicht und sie sollten ihr Selbstwertgefühl dringend einmal aufladen, Oliver." Dann stand Keiv auf und nahm die Teller, brachte sie in die Küche und stellte sie in die große Klappkiste, in der er das Essen mitgebracht hatte.

Ein Schlag mit einem Baseballschläger hätte wohl ähnlich hart getroffen wie die Worte des Braunhaarigen - so sah Oliver jedenfalls aus, er wusste einen Moment gar nicht, was er nach der Kopfwäsche sagen sollte. Daß Keiv ihn wirklich attraktiv fand, dämmerte ihm nur langsam; es war fast nicht zu glauben, denn es gab wirklich sehr viele Menschen, die auf seinen Gefühlen herumgetrampelt hatten, als würden sie eine Spinne tottreten wollen. Nachdem er sich einigermaßen gefangen hatte, stand er von der Decke auf und ging zu Keiv in die Küche. "Sie sind eine Perle von Mensch."

"Hm ? Ach was. Nur eben nicht so oberflächlich wie die Meisten ... schließlich wäre es ziemlich unfair, wenn ich etwas von Anderen verlange, das ich selbst nicht kann. Und es ist mir wichtig, daß man mich nicht nach dem beurteilt, das man eben von der Oberfläche oder vom Hörensagen kennt, wissen sie ?" Mit einem kurzen, etwas schiefen Lächeln ging Keiv an dem Größeren vorbei und holte die beiden großen Salatschüsseln, verschloß sie und stellte auch sie wieder in die Kiste, ehe er kurz die Hände an der Jeans abklopfte und leise seufzte. "Und nun sind wir von den schönen Gesprächen in die Tiefenpsychologie gerutscht – bitte sehen sie mir das nach, das passiert mir manchmal. Weil wir gerade dabei sind – würde es sie stören, wenn wir uns duzen ? Das 'sie' kommt immer ein wenig schwer über meine Lippen, wenn ich Jemanden mag ..."

"Gern, wenn du möchtest." Oliver ging nicht weiter auf das, was vorher war, ein und lächelte nun auch wieder etwas gerader als die Male zuvor. "Möchtest du Julius kennenlernen ?" Oliver hatte mitbekommen, daß Keiv Katzen mochte, und er musste seinen Kater eh füttern gehen.

Auf die Frage blickte ihn Keiv ein wenig verdutzt an – doch dann klickte es und er lächelte, als er nickte und noch den Rest des Geschirrs und die Decke holte, um sie in der Kiste zu verstauen. "Gerne – das ist dein Kater, oder ? Mr. McAndrews hat mir erzählt, daß er ihn dir geschenkt hätte ... ich habe schon überlegt, ob ich dich frage, denn ich mag Katzen sehr gern." Er war wirklich schon gespannt auf den Kater – und auch, ob dieser ihn mochte, Katzen waren mehr als nur wählerisch und wenn der Kater eigentlich nur auf Oliver fixiert war, könnte es ein Problem geben.

Daß es da ein Problem geben würde, glaubte Oliver eigentlich weniger. Keiv war ein angenehmer Mensch und Julius mochte solche Menschen gern. Es zeigte sich eigentlich an Daniel und Kory. Zu Daniel kam Julius gern und Kory wurde verprügelt, wenn er es nur wagte, in die Nähe des Katers zu kommen. "Ich denke, er wird dich mögen." wispernd, ging Oliver vor und zu seiner Penthousetür. Seine Wohnung war ähnlich geschnitten wie die von Keiv, nur war der Boden mit dunklerem Holzboden belegt. Trotz allem wirkte die Wohnung nicht düster. Als Oliver die Tür geöffnet hatte, passierte noch nicht viel, außer, daß Julius von seinem Aussichtspunkt aus zur Tür sah und mit seinem puschligen Schwanz schlug. "Das ist Julius ... am Besten stellst du dich selber vor, Keiv."

Dies ließ den Schlankeren leise lachen. "Natürlich – ich weiß, daß Katzen ihren eigenen Kopf haben und sich nicht herablassen, auch noch zu Fremden hinzulaufen." Langsam ging Keiv zu dem Kater und lächelte, denn er war wirklich ein mehr als nur schönes Tier, nach dem sich die Züchter garantiert alle Finger lecken würden. "Hallo, Julius ... weißt du eigentlich, daß du ein wunderschöner Kater bist ? Ich bin der neue Nachbar deines Herrchens." Noch während er sprach, hielt Keiv dem Kater die Hand hin, doch mit der Handfläche nach oben – als der Kater sich seine Hand angelte, mußte er leise schmunzeln und erst, als Julius geschnuppert hatte und ihn durch ein kurzes Ablecken für würdig genug befand, drehte Keiv die Hand und begann behutsam damit, den Kater zärtlich hinter den Ohren zu kraulen.

Währendessen hatte Oliver ein wenig die Luft angehalten und atmete nun aus, wo Julius sich kraulen ließ. "Er hat dich gern und du gehörst nun zu seinem Freundeskreis. Wenn ich dich nicht gemocht hätte, dann hättest du schon seine Krallen zu spüren bekommen." Als Julius sich auf alle Viere erhob, lächelte Oliver, der Kater schmuste sich an die Hand und neigte sich dann zum Gesicht des Braunhaarigen, um es zu beschnuppern. "Er hat dich sehr gern."

"Ich ihn auch – er hat sehr viel Charakterstärke und er liebt dich. Ich glaube, er will dich beschützen ... es würde mich nicht wundern." Keiv sprach sehr leise und schmunzelte, als er mit seiner Nasenspitze die des Katers berührte und dann die Augen schloß, um ihm zu zeigen, daß er sich wohlfühlte. Und wie erwartet, spürte er, wie der Kater mit dem Köpfchen an seiner Wange entlangstrich, genoß das weiche, schwarze Fell und hörte schließlich mit dem Kraulen auf, als er fühlte, wie der Kater sich löste. "Du bist wirklich wunderschön, Julius – und du solltest unbedingt weiterhin auf dein Herrchen aufpassen." Nach seinen Worten löste sich der Braunhaarige, trat wieder einen Schritt zurück und weiter zu Oliver, ehe er sich in der Wohnung umsah und leise durch die Zähne pfiff. "Herrlich – du verstehst wirklich was von Inneneinrichtung. Es ist hier zwar ein wenig dunkler, aber deshalb nicht weniger gemütlich. Und ziemlich praktisch – auf den dunklen Möbeln sieht man die Haare von Julius nicht so stark ..."

Oliver rieb sich verlegen den Nacken und nickte leicht. "Zum Teil ja, aber ich mag die dunklen Teile der Wohnung, sie geben eine gewisse Wärme." Dann spürte er, wie sich Julius an seinen Beinen entlangstrich und dann in die Küche marschierte. "Er hat Hunger, ich mach ihm schnell was. Du kannst dich ja noch umsehen." Dann folgte er artig dem Kater und gab ihm zwei verschiedene Trockenfutter in einen Napf. Eines war wegen den Haarbällchen, denn durch das lange Fell hatte Julius einmal ziemliche Probleme damit bekommen und musste sogar zum Tierarzt.

Währenddessen tat Keiv genau das, was ihm der Andere vorgeschlagen hatte: Er sah sich um, jedoch langsam und so, daß man sah, daß er es aus echtem Interesse tat. Manchmal berührte er die Blätter der Pflanzen und lächelte, doch die meiste Zeit hielt er sich zurück und die Hände bei sich. Trotzdem, daß die Möbel eher dunkel gehalten waren, wirkten sie warm und eher heimelig – es wirkte fast wie ein Nest oder eine Höhle, ein Gefühl, das Keiv mehr als nur gut nachvollziehen konnte. Daß Oliver dem Kater Vorrang gab, nahm er ihm nicht übel, im Gegenteil – es wäre ein schlechter Charakterzug gewesen, wenn der Größere den Kater wegen ihm vernachlässigt hätte.

Oliver ließ sich auch die Zeit, die er sich immer für Julius nahm, er gab ihm noch Wasser und eine Schale mit Katzenmilch, in die er ein Ei und etwas Olivenöl gerührt hatte. So blieb das Fell glänzend und es unterstützte den Abgang der Haarbällchen noch ein wenig besser. Als Julius an seinem Futterplatz genüsslich zu fressen anfing, streichelte Oliver ihn nochmal und kam erst dann zurück ins Wohnzimmer. "Möchtest du dich noch weiter umsehen ? Ich habe nichts dagegen."

"Ich wäre schon neugierig, doch ich möchte nicht aufdringlich erscheinen. Zeig mir einfach, was du mir zeigen möchtest – ich denke, das ist das Beste." Das Angebot Olivers ließ ein weiteres Mal ein Lächeln auf den Zügen des Braunhaarigen erwachen, doch er wollte wirklich nicht aufdringlich erscheinen, so daß er fragte und dem Anderen eine Möglichkeit bot zu entscheiden, was er tun und wie weit er gehen wollte.

"Das bist du nicht, ich zeige dir gern alles." Oliver antwortete auch sehr ruhig und unaufdringlich. Gerade das Bad dürfte Keiv gefallen, denn auch dort standen Pflanzen. Also beschloss er, ihm zuerst das Bad zu zeigen, und er ging langsam vor. "Ich habe bei den Pflanzen ein Sorgenkind, vielleicht weißt du ja Rat." Im Bad angekommen, nickte er zu dem Farn, der war etwas Braun geworden und Oliver wusste nicht, warum.

Ein leises "Mein Gott ..." beim Anblick der großen, freistehenden Wanne wispernd, brauchte Keiv einen Moment, um sich loszureißen und seinem Gastgeber zu folgen. Beim Anblick des kränkelnden, riesigen Farnes wurde er jedoch übergangslos ernst, kam zu Oliver und hob seine Hände, streichelte durch die weichen, hell gewordenen Blätter und lächelte schließlich sacht. "Der Arme ... er braucht einen anderen Platz, näher beim Fenster und damit auch näher an der Wanne – und weiter von der Heizung weg. Außerdem glaube ich, daß er auch einen neuen Topf braucht, damit er sich ausbreiten kann. Wenn du möchtest, dann päppel ich ihn dir ein wenig auf, ich liebe Farne. Ich habe in meinem Bad zehn verschiedene Sorten und bin schon gespannt, wie sie sich in meinem neuen Bad ausbreiten werden."

"Das ist mein erster Farn, ich habe ihn zum Einzug geschenkt bekommen. Er ist schon ziemlich alt und groß, daher wäre es schade, wenn er eingeht ... es wäre nett, wenn du mir da helfen könntest ?" Das Angebot war sehr schön, denn er hatte nicht wirklich viel Ahnung von Pflanzen. Das war auch keine Anmache, denn er dachte nicht daran, Keiv anzugraben.

Auch wenn dieser es sehr begrüßt hätte. "Aber natürlich helfe ich dir – ich kann den Kleinen nicht so lassen, ich käme mir schäbig vor. Wenn es dir recht ist, dann nehme ich ihn Heute gleich mit und kann ihn dir Morgen dann wiederbringen ?" So bestand wenigstens die Möglichkeit, daß sie sich Morgen noch einmal hier in der Wohnung treffen könnten, auch wenn Keiv noch immer nicht sicher war, ob Oliver an mehr als an einer Freundschaft interessiert war.

"Aber er ist ziemlich schwer." bedachte Oliver und überlegte kurz. Der Topf war jetzt schon recht groß und später würde er noch größer sein, wenn er Farn umgetopft war. "Schaffst du das denn ?" Er wollte nicht damit sagen, daß Keiv den Topf nicht tragen konnte, aber er wollte ihm auch nicht zuviel Last aufbürden.

Jener lachte leise auf und schüttelte amüsiert den Kopf, während er seine Ärmel aufkrempelte. "Aber natürlich – du solltest einmal die Töpfe meiner Benjamin sehen. Außerdem habe ich nochwas vor, aber dazu muß ich mir deinen Farn erst genauer ansehen. Mach du dir darüber keine Sorgen – er wird es danach besser haben." Ein kurzer, fragender Ruf aus dem Gang ließ Keiv allerdings aufhorchen und er schmunzelte, als er nach draußen nickte. "Sieht so aus, als ob das mein Zeichen wäre – ich lasse euch eure Arbeit machen und halte euch auch nicht länger auf. Wenn du möchtest – ich werde Morgen wieder in dem Imbiß sein, das Frühstück ist herrlich und solange die Küche noch nicht völlig steht, ist es sinnvoller, dort zu frühstücken." Keiv drückte noch kurz die Hand des Schwarzhaarigen, ehe er den Farn aufnahm und mit ihm zum Aufzug ging, danach die Kiste aufnahm, die die Handwerker schon für ihn in den Gang gestellt hatten und schließlich nach unten in die Garage fuhr, um alles in seinen Kombi zu laden.

Derweil wurde Oliver von den Arbeitern in Beschlag genommen und nahm die Fugen des Badezimmers ab. Wie immer hatten sie gründlich gearbeitet, ebenso in der Küche, und auch die Wände waren sauber gestrichen. Morgen konnte die Küche aufgebaut werden und so widmete er sich dem Schlaf- und Ankleidezimmer und gab den Handwerkern Anweisungen, wo die Möbel hinmussten. Alles sollte perfekt werden.

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