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”Ruby Eyes” 03
 

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Als sich die Tür des Zellentraktes öffnete, lächelte Onderon zufrieden. Toola, der bei ihm stand, keuchte verschreckt und verbarg sich hinter ihm. Er wusste von dem Dunkelelfen, aber der Anblick erschreckte ihn sichtlich. "Wie ein Dämon." hauchte er. Das Sonnenlicht spiegelte sich in den Rubinscheiben der Maske und so wirkten sie, als würden die Augen leuchten.

Tark und Erik traten nach dem Maskierten heraus und Erik eilte sich, die Sachen, die er trug, wegzubringen. Der Folterer legte indes eine Hand auf die Schulter Aurons, dirigierte ihn so zu Onderon und gab ihm mit einem kurzen Druck zu verstehen, daß er besser Respekt zeigen sollte. "Wie man sieht, paßt die Maske perfekt, Onderon – der Schmied sollte dafür eine Belohnung bekommen, die Arbeit ist zu meiner vollsten Zufriedenheit ausgeführt worden."

Auron zeigte Respekt, indem er kurz seinen Kopf neigte. Eine Geste, die Onderon wohlwollend nicken ließ, bevor er Tark antwortete. "Die wird er erhalten." Er betrachtete sich den Dunkelelfen vor sich und wirkte sehr zufrieden. Von Toola wurde er nur kurz abgelenkt und zog den kleinen Elfen hinter sich hervor. "Er wird dir nichts tun und jetzt geh, bereite das Zimmer vor." Toola verschwand sofort, er hatte aber noch immer Angst vor seinem dunkelhäutigen Verwandten. Auron erfasste die Situation und ihm war klar, daß er dem kleinen Elfen nichts tun konnte, auch wenn er das nicht vorhatte. "Ich hoffe, du entschließt dich, bei uns zu bleiben ... aber ich gebe dir die Zeit zum Nachdenken." murmelte der Silberhaarige und umkreiste den Dunkelelfen. "Ich werde die Zeit brauchen, um zu überlegen, aber wenn sie abgelaufen ist, werde ich euch meine Entscheidung mitteilen." erwiderte Auron respektvoll. "Gut." Mehr sagte Onderon dazu nicht und nickte zu Tark. "Such ihm eine Aufgabe ... vielleicht als Nachtwache, in letzter Zeit treibt sich viel Pack herum."

"Eine gute Idee – ich werde ihn instruieren, sobald er sein Zimmer gesehen hat." Inzwischen war Erik wieder zurückgekehrt und Tark drehte sich herum, schob den Elfen kurz in die richtige Richtung und ließ seinen Schüler vorgehen, damit er ihnen die Türen aufhalten konnte. Sobald sie jedoch außer Hörweite Onderons waren, verengte der Folterer sein Auge und wisperte ein leises "Wenn du das nächste Mal sowohl mir als auch Onderon antwortest, hänge ein 'Herr' an, verstanden ?" zu dem Elfen, doch man hörte, daß es nur eine Verwarnung war.

Auron wusste, daß er sich jetzt Ärger einhandelte mit seiner Antwort. " Ich respektiere euch, aber noch habe ich mich nicht entschieden, also nenne ich euch noch nicht Herr." Seine Worte waren trotz des Widerspruchs nicht respektlos, sie zeugten von seiner Sturheit und seiner Freiheitsliebe. Tark hatte zwar bewiesen, daß er würdig war, ebenso Onderon, aber die Zeit war zu kurz, das Ganze konnte noch immer ein makaberes Spiel sein. Auron hatte schon zuviel erlebt.

Doch anders als viele Menschen dachte der Folterer nach, ehe er antwortete. "Du denkst noch immer, daß das ein Spiel ist ? Gut. Ich gebe dieses eine Mal nach – du hast zwei Wochen, um dich zu entscheiden, uns respektvoll anzureden. Bis dahin erwarte ich aber ein anderes Zeichen deines Respekts, und wenn es nur das Senken deines Blickes ist." Das war etwas, das er erwartete – und davon würde er auch nicht abgehen.

"Wie ihr es wünscht, darauf kann ich eingehen. Und ja, ich denke es ist ein Spiel - ich brauche Zeit, um mich zu überzeugen, ich wurde zu oft getäuscht. Mein Misstrauen ist berechtigt." Nach seinen Worten senkte Auron kurz den Blick, um zusätzlich zu zeigen, daß er auf die Forderung einging.

Und das genügte Tark völlig. "Gut, Auron. Und ich denke, du wirst schnell merken, daß meine Zucht nicht spielt. Nun, wir sind angekommen – die Gemächer dort hinten gehören Onderon und mir, du und Erik habt dieses Zimmer hier. Toola, beruhige dich ... ich habe ihm befohlen, daß er dir nichts tun darf, du kannst aufhören, so zu zittern." Erik hatte ihnen die Türe aufgehalten und das Erste, das Tark sah, war der vor Angst bleiche, kleine Elf, der mitten im Bettrichten erstarrt war und mit riesigen Augen zu ihnen aufsah.

"Ja, Herr." erwiderte Toola ganz erleichtert, er entspannte sich und strich noch das Bett fertig glatt. Auron musterte den kleinen Vetter, er war eindeutig Waldelf, das verriet dessen Körpergröße. Aber die Kleinen waren eigentlich stur und eigensinnig, wie ein wildes Tier, aber der hier diente gern. Seine Augen hatten bei den Worten Tarks geleuchtet vor Glück. Nur Momente später war Toola fertig, er nahm den Korb mit der gebrauchten Bettwäsche und eilte fleißig aus dem Zimmer. "Für einen Waldelfen ist er ganz schön ... zahm ?" Auron war erstaunt und speicherte diese Information.

Dies ließ Tark leise schnauben, doch es war offensichtlich nicht gegen Auron gerichtet. "Mein Gefährte hat ihn von seinem Vater bekommen – Mordred liebt es, die Elfensklaven völlig zu brechen. Als wir ihn bekamen, war Toola auch gebrochen – er gehorchte zwar, doch er tat nur das, was ihm befohlen worden war, nutzlos. Es hat viele Jahre gedauert, ihn wieder aufzubauen und eigenständig zu machen, doch es hat sich gelohnt. Er ist der beste Diener, den wir haben – und er wird auch nie verkauft werden. Mein Sohn hat einen anderen Waldelf von Mordred ... er forderte ihn als Belohnung für eine Gefälligkeit und bewahrte den Elfen so davor, gebrochen zu werden. Er dient ihnen ebenfalls perfekt, auch wenn er mehr die Aufgaben erfüllt, für die ich Erik habe." Ein kurzer Blick Tarks genügte, um zu sehen, daß das Zimmer gut eingeteilt war – sie hatten zu Zweit genug Platz und es würde weiterhin dafür sorgen, daß sie lernten, zusammenzuarbeiten.

"Mordred ? Ich habe schon von ihm gehört, aber wer hat das nicht ?" Allein der Gedanke an Mordred ließ ihn schaudern. Der hätte ihn wahrscheinlich in der einen Woche gebrochen und zu seinem Sklaven gemacht, zu einem seiner Vögelchen. Ja, er hatte schon viel von ihm gehört und nie etwas gutes. "Der Kleine kann sich dann glücklich schätzen, daß er hier ist." murmelte er und sah sich selber in dem Zimmer um. Es war groß, jeder von ihnen hatte eine Truhe für sich und ein mittelbreites Bett. Sie würden sich nicht unbedingt in die Quere kommen. "Wenn ich Nachts Wache halte, darf ich dann Tags schlafen ?" Er hoffte es, denn so konnte er seinen Rhythmus wiederfinden.

"Natürlich. Doch ich werde dich nicht nur für die Nachtwache brauchen, deine eigentlichen Aufgaben werden andere Dinge beinhalten. Mit der Maske ist es ein Leichtes, dir anzugewöhnen, auch tagsüber aufzubleiben – deshalb wirst du die erste Woche die ganze Nacht Wache halten, die zweite Woche nur die halbe Nacht und den Vormittag, die dritte Woche den Vormittag und Mittag und die letzte Woche deiner Probezeit den ganzen Tag über. Was dann kommt, werden wir sehen, doch jetzt mach dich mit deinem Zimmer vertraut, alles Weitere erkläre ich dir nach dem Abendessen." Damit verließ Tark den Raum wieder und ging zu seinem Gefährten, denn nach dem Gebrüll zu urteilen, wurde er dort dringend gebraucht.

Somit waren Auron und Erik wieder allein, der Dunkelelf legte seine Maske ab und schob den Stoff von Mund und Nase. Das Zimmer war nicht so hell, also gewöhnte er sich mit ein wenig Mühe an das Licht, auch wenn es seinen Augen wehtat. "Ich komme dir nicht in die Quere." erklärte er leise und registrierte kurz, welches Bett ihm und welches Erik gehörte, indem er die Nachttische betrachtete.

"Das hoffe ich – dies ist meine Seite und das ist deine. Wir sollen zusammenarbeiten, also ist es besser, wir tun es auch." Während er sprach, ging Erik zu dem Bett, das an der Wand stand, an der die Gemächer ihrer Herrn grenzten – dieses Bett hatte ihm auch zuvor schon gehört, denn so konnte er auch hören, was dort vorging. Er war kein Spanner ... doch er nahm seine Aufgabe sehr ernst und wollte nicht, daß Tark oder Onderon erst lauthals nach ihm brüllen oder Jemand nach ihm schicken mußten, wenn sie ihn benötigten. Daß nun auch Auron mit in seinem Zimmer war, irritierte ihn zwar ein wenig – doch nicht so sehr, daß es lästig wäre, denn einerseits brauchte der junge Krieger nicht viel Platz und andererseits mußten sie so oder so zusammenarbeiten, so daß es praktischer war.

"Ist gut." wisperte Auron und sah sich weiter in dem Zimmer um. Er war sichtlich neugierig, denn er hatte noch nie in seinem Leben in einem Zimmer gewohnt. Die Natur war seine Heimat gewesen, er war ein Waldläufer und lebte auch dort, weil er sich sicher fühlte. Jetzt musste er sich umstellen, und er versuchte seine leichte Unsicherheit zu verbergen.

Währenddessen hatte sich Erik frische Wäsche aus seiner Truhe geholt und ging zu der anderen Türe ihres Zimmers, öffnete sie und grummelte kurz, ehe er den Elfen ansprach. "Wir haben ein eigenes Bad – und es wäre gut, wenn du es regelmäßig benutzt. Der Herr Tark achtet sehr auf Sauberkeit, ich denke, das ist dir inzwischen schon aufgefallen. Die Kleidung wird von Toola geholt und in die Wäscherei gebracht, darum mußt du dich nicht kümmern." Dann schloß er die Türe hinter sich und zog sich aus, legte die gebrauchte Kleidung in den bereitgestellten Korb und wusch sich noch einmal ab, ehe er die frische Kleidung anzog und wieder in ihr Zimmer ging.

In der Zwischenzeit hatte Auron wirklich jeden Winkels des Zimmers erkundet, er hatte es mit der Vorsicht einer Katze getan. An Eriks Sachen war er nicht rangegangen, er wollte ihn nicht ärgern und wusste, daß Menschen Wert auf ihre privaten Dinge legten. "Meinst du, ich darf die Festung erkunden ?" Er wollte raus und sich umsehen, war aber nicht sicher, ob er durfte. "Wenn ich schon hierbleiben muss, will ich mich auskennen."

"Klar kannst du. Aber die Gemächer der Herren, die Schatzkammer, das Büro des Buchhalters und vor allem die Folterkammer des Herrn sind tabu – laß dich ja nicht erwischen, darin zu stöbern, der Herr Tark kann sehr wütend werden und das willst du nicht erleben." Erik erschauerte unwillkürlich bei den letzten Worten – auch wenn er seinen Herren völlig loyal war, auch ihn ängstigte alleine schon der Gedanke daran, zu was der Folterer fähig war. "Sei aber bis zum Abend zurück – wir sollen mit den Herren zu Abend essen und Verspätungen werden nicht geduldet."

Daß Erik schauderte, gab Auron schon zu denken, er kannte den Ruf der Folterer und der war scheinbar nicht übertrieben. "Ich werde pünktlich sein. Und ich werde nichts tun, was deinen Herrn verärgert." Mit den Worten nahm er den Helm, schob sich das Tuch wieder über Mund und Nase und setzte den Helm auf. Er würde alles erkunden, die Schatzkammer vielleicht nicht, sie interessierte Auron nicht, aber sonst wollte er alles sehen. Zuerst erkundete er das gesamte Herrenhaus, er wurde kaum gesehen, obwohl einiges los war, aber er wusste ja auch, wie man sich bedeckt hielt. Nach diesem Rundgang sah er sich die gesammte Festungsanlage an und dann kam er zu den Kerkern. Dorthin, wo er nicht hindurfte, aber da er nichts anrühren wollte, dürfte er sich wohl auch keinen Ärger einfangen. Unten fühlte er sich wohl, es war kühl, das Licht war nicht zu helle und es roch erstaunlich sauber. Selbst die Zellen, an denen er lautlos vorbeischlich, waren peinlichst sauber gehalten und als er in der Folterkammer angekommen war, nickte er innerlich. So ordentlich konnte nur so ein Folterer sein. Die Instrumente, von denen er selbst auch schon einige zu spüren bekommen hatte, glänzten sauber, lagen in Reih und Glied und kein Staubkorn lag darauf. In einigen Schränken standen Gifte und Kräuter und auch die Folterbank war absolut sauber. So sauber, daß Auron unbewusst schauderte, doch ein anderes Gefühl verdrängte dieses Schaudern, er fühlte einen leichten Zauber und zog sich so leise, wie er gekommen war, aus Tarks Reich zurück.

In seinem Büro merkte Tark auf, als er sah, wie sich die Farbe des Diamanten an seinem Silberring änderte. Es war eine sehr kostspielige, doch mehr als nur lohnende Spezialanfertigung: Überall in der Festungsanlage gab es kleine Überwachungszauber an den Räumen, die nur er oder Onderon betreten durften – und wenn Jemand in die Nähe der Räume kam, veränderte der Ring seine Farbe, trat Jemand ein, vertiefte sich diese Farbe noch weiter. Die Farbe des Steins änderte sich immer wieder – doch es zeigte niemals an, daß Jemand in die Räume hineingegangen war und als Tark aufstand und über den Burgplatz blickte, sah er Niemanden, der anders als sonst reagierte. Dies ließ nur eine Schlußfolgerung zu: Der Dunkelelf sah sich um und erkundete die Burg, doch so lautlos und unbemerkt, wie der Folterer es von ihm erwartete. "Perfekt." Mit diesem Wort drehte Tark sich wieder um, kümmerte sich um die Bücher und nickte nur kurz zu sich selbst, als die Farbe für dieses Büro aufleuchtete und er Niemanden durch die Fenster sehen konnte.

Aber Auron sah Tark, er hatte auch gesehen, wie er kurz rausgegangen war, um zu kucken, und auch der Ring war ihm aufgefallen. Scheinbar wachte Tark über alle Räume, er wollte es sich merken. Auron beobachtete Tark, der sich um die Bücher kümmerte und lauschte ein wenig, als Erik mit einem Tee hineinkam.

Dies ließ den Folterer aufblicken und für einen Moment huschte ein stolzes Lächeln über seine Züge, als er seinen Zögling betrachtete. Erik hatte sich in den letzten Jahren mehr als nur gut entwickelt – und er dachte mit, das zeigte alleine schon die Tatsache, daß er neben seinen Aufgaben für Onderon auch daran dachte, ihm einen Tee in die Buchhaltung zu bringen. "Ich danke dir, Erik ... genau das, was ich brauche." Der Jüngere senkte nur respektvoll den Blick und neigte einen Moment lang den Kopf – dann stellte er die Tasse auf den Tisch, achtete dabei auf die Bücher und ging neben dem Folterer auf ein Knie, um zu warten, ob er ihm helfen sollte.

Was Auron beobachtete, brachte ihm ein seltsames Gefühl ein, das er nicht definieren konnte. Die Zuneigung, die Tark seinem Zögling gegenüber zeigte, bewegte etwas in dem Dunkelelfen und er zog sich nun doch wieder zurück und ging in sein Zimmer zurück . Dort lag schon frische Kleidung für ihn bereit, die er nach einem Bad anziehen würde. Ein Bad war jetzt genau das, was er brauchte, dabei konnte er nachdenken und so verschwand er in dem Badezimmer, um seine Ruhe zu haben.

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