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”Die verbotene Stadt” 03
 

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Ein wenig dieser leichten Skepsis fühlte auch der Geflügelte und streichelte sanft und beruhigend über den Körper seines Gastes. Nach einer Weile legte er auch seine Schwingen um ihn und lächelte scheu, ehe er leise zu ihm wisperte. "Hat es euch gefallen, Herr ? Und möchtet ihr, daß ich euch noch etwas verwöhne, vielleicht eine Massage, mein Herr ?"

Doch Erdogan sah den Fah'krem nur undeutbar an. "Und wie ist es nun möglich, dass du Kinder bekommen kannst, ohne selber dabei zu sterben." erklärte er seinen Gedanken, denn er hatte sein Ziel noch nicht aus den Augen verloren. Das Gefühl in seinem Inneren, als wäre eine unbeschreibliche Spannung von ihm genommen worden, ließ ihn sich entspannen, doch er war zu sehr der Herrscher und verantwortlich für sein Volk, als dass er das einfach so hätte vergessen können.

"Wieso sollte ich dabei sterben, Herr ? Ich verstehe nicht ... wenn in mir ein Kind wächst, wird sich ein Spalt in meiner Bauchdecke öffnen, sobald es geboren werden soll. Dieser Spalt heilt wieder, wenn das Kind geboren wurde, doch es dauert ein wenig und in dieser Zeit bin ich sehr verletzbar, ebenso wie das Kind. Ich kann es euch leider nicht besser erklären, Herr ... dies ist etwas, das man nur zeigen kann." Bei den Worten huschte eine uncharakteristische Röte in die hübschen Züge des Geflügelten, da es ihm ein wenig peinlich war ... doch dann kam ihm eine Idee. "Vielleicht kennt der Palastmeister eine Möglichkeit, meine Erinnerungen für euch bildhaft werden zu lassen ? So könntet ihr es euch ansehen ..."

Erdogan erhob sich langsam, blickte auf den Sklaven hinab und überdachte die Worte, die der gesprochen hatte. "Weil wir zwei Männer geschaffen hatten, die fähig waren, Kinder zu bekommen. Doch der Erste ist gestorben, deswegen habe ich nicht zugelassen, dass mit Meodin das Gleiche passiert." erklärte der Herrscher kurz, warum die Frage nach dem Tod durchaus berechtigt war, doch dann willigte er in Ilavars Idee ein. "Meine Wissenschaftler besitzen einen Apparat, der es möglich macht, Erinnerungen in Bilder zu fassen. Sie sind ganz gut, wenn unsere ..." Erdogan brach ab. War er denn wahnsinnig, einem Fremden von der neusten Technolgie zu erzählen ? Lieber forderte er den Sklaven auf, sich zu erheben.

"Ich verstehe von solchen technischen Dingen nichts, Herr ... bitte verzeiht. Bitte kommt, Herr, ich werde mich um euch kümmern." Man hatte Ilavar nur zu deutlich angesehen, daß ihn technische Erklärungen völlig verwirrten – erst, als sie aus dem Wasser gingen, war er wieder in seinem Element und nahm von der Seite eines der angewärmten, weichen Badetücher, kam zu seinem Gast und trocknete ihn sanft, während das Wasser von seinen Flügeln und auch der blauen Haut perlte. "Soll ich euch einen Sklaven holen, der einen eurer Soldaten zu euch bringt ? Oder wünscht ihr, daß ich euch an den Eingang zu euren Soldaten bringe ?"

Erdogan ging langsam durch das Zimmer. Er war in seinen Gedanken versucken. Dabei bemerkte er kaum den Stoff auf seiner Haut, seine Gedanken rotierten. Ilavars Körper öffnete sich also, wenn das Kind auf die Welt kam und er verheilte wieder. Aber warum war Moedins Zwilling dann gstorben ? Was war an Ilavars Körper anders als der, den sie geschaffen hatten ?

"Ich werde selber gehen. Ich muss mit meinen Wissenschaftlern reden. Dann werde ich zurückkommen." erklärte er und stand - entgegen seiner Worte - völlig still, damit der Sklave ihn weiter trockenreiben konnte. Denn auch wenn Erdogan nicht wußte warum, diese fremden Berührungen auf seiner Haut waren angenehm.

Ein leises "Wie ihr wünscht, Herr." wispernd, folgte ihm Ilavar und trocknete weiterhin die Nässe von dessen Haut ... erst, als er damit fertig war, legte er das Handtuch zur Seite und nahm die Rüstung seines Gastes auf, kam zu ihm und errötete ein wenig, als er ihn leise fragte. "Wünscht ihr, daß ich euch beim Anlegen helfe ?" Der junge Geflügelte war sich ein wenig unsicher, wie das ging ... er hatte solch eine Rüstung bisher noch nicht gesehen und als Erdogan sie vorhin ausgezogen hatte, war er so abgelenkt gewesen, daß er sich nicht gemerkt hatte, wie es ging. Auf die Worte Erdogans, daß er gehen und wiederkommen würde, zeigte Ilavar jedoch keinerlei sichtbare Reaktion ... einerseits war dies das Recht seines Gastes und andererseits wußte der Geflügelte nicht, ob er ihn nicht erzürnen würde, wenn er sich darüber freute, daß dieser Gast wiederkam.

"Wenn du willst." sagte Erdogan nur. Er war mit seinen Gedanken schon wieder ganz woanders. Noch immer hing er der sich öffnenden Bauchdecke nach. Wie konnte so etwas passieren ? Was musste man einkreuzen, um dieses Phänomen passieren zu lassen ? Musternd lag sein Blick also auf dem blauen Sklaven mit den Flügeln, der sich gerade durch das Leder der roten Rüstung wühlte und wohl den Anfang suchte. Sein Bauch war makellos. Hatte er je ein Kind geboren ? Nachlässig schlüpfte Erdogan in seine Unterhose und wartete dann, bis Ilavar sich sortiert hatte. Er wollte den Mann nicht verärgern. Sklave hin oder her, Erdogan wollte etwas von ihm und solange hatte man ihn auch mit Respekt zu behandeln.

"Hast du je einem Kind das Leben geschenkt ?"

Diese Frage ließ den Geflügelten innehalten und für einen Moment huschte ein undeutbarer Ausdruck über seine Züge ... doch dann verging es wieder und er lächelte, wenngleich es auch nicht seine trauriger werdenden Augen erreichte. "Ja, Herr ... einmal war mir das Glück vergönnt, meinem ehemaligen Gefährten ein Kind zu schenken. Doch es ist schon sehr lange her, Herr ... darf ich fragen, weshalb ihr fragt ?" Ilavar hatte ein wenig Angst – denn diese Frage war sehr persönlich und das Wissen um die Antworten eine vorzügliche Möglichkeit, ihm wehzutun.

Doch Erdogan legte nur den Kopf schief. Er störte sich nicht daran, dass der Sklave seine Rüstung wieder hatte sinken lassen, sondern sah ihn nur fragend an. "Dein Bauch, er ist makellos." sagte der Herrscher, was er dachte und besah sich wieder die Haut, von der er sprach. Seine Finger strichen dabei über Ialvars flachen Bauch und er konnte seine Faszination darüber nicht verbergen. "Es ist unglaublich."

Erleichtert aufatmend, lächelte der Geflügelte wieder und errötete ein wenig, als ihn sein Gast wieder so sanft berührte. "Bitte verzeiht, Herr ... ich vergaß, euch etwas zu sagen: Eigentlich bleibt ein fast nicht sichtbarer Streifen zurück, der zeigt, daß man ein neues Leben hervorgebracht hat. Doch der vorherige Besitzer des Palastes wollte, daß ich makellos bin und sorgte mit seinen Heilkräften dafür, daß alle Narben auf meiner Haut verschwanden. Doch ihr braucht euch keine Sorgen machen, Herr – der Streifen ist so gering, daß man ihn fast nicht erkennt, vor allem, wenn die Männer eures Volkes solch schöne, helle Haut haben wie ihr, Herr."

Wieder legte Erdogan den Kopf schief, dann ging er vor dem Sklaven in die Knie. Er störte sich nicht an seinem Stand, er betrachtete nur die blaue Haut, die sich langsam hob und senkte. Doch wie schon von oben, so war die Haut auch aus diesem Blickwinkel ohne Makel. "Ach so." sagte er etwas enttäuscht. Doch wenn er die Reminder geholt hatte, konnte er vielleicht auch sehen wie ein Mann aussah, der neues Leben auf die Welt gebracht hatte. Warum er gerade diesen blauen, flachen Bauch mit Meodins verglich, wußte er nicht. "Schade."

"Es tut mir leid, Herr ..." Ilavar wußte nicht, was er sonst sagen sollte. Daß der Gast vor ihm kniete, war nicht nur ungewohnt, sondern auch etwas, das ihn verwirrte ... und noch mehr, daß dieser Mann so interessiert an etwas war, das bisher noch nie Jemand interessiert hatte.

Aber mit Standesrecht konnte sich Erdogan nicht herumschlagen, es war ihm schlicht egal, von welchem Stand Jemand war, so lange er wichtig war, so lange er tat, was von ihm erwartet wurde, so lange war er der wichtigste Mann des Augenblicks. "Na ja, ist ja nicht deine Schuld." sagte der junge Herrscher nachdenklich, kam aber wieder nach oben und baute sich zu seiner vollen Gestalt auf. "Zeig mir mit den Fingern, wie sie verläuft und wie groß sie sein wird." sagte er leise, machte sich aber mental die Notiz, auch diese Erinnerung von Ilavar einzufordern.

Sichtlich erleichtert darüber, daß ihm sein Gast einerseits nicht böse war und andererseits wieder aufstand, nickte Ilavar nur auf den leisen Befehl, ehe er die Rechte hob und mit den Fingerspitzen eine Linie nach unten zog, die etwa eine Handbreit über dem Nabel begann und bis etwa eine Handbreit unter dem Nabel reichte. "Dies ist in etwa die Länge des Spalts ... sie variiert, je nach der Größe des gebärenden Mannes. Die Krieger meines Stammes tragen meist auch größere Kinder aus und entsprechend ist auch der Geburtsspalt größer. Mein Kind ... Ialga war ... ein wenig kleiner, da auch ich zu den Schlankeren meiner Rasse gehöre." Es fiel dem Geflügelten sichtlich schwer, darüber zu reden – doch er tat es für seinen Gast und würde ihm auch bereitwillig die Erinnerungen schenken, die dieser wollte.

Nachdenklich starrte Erdogan auf den flachen, blauen Bauch, strich mit einem Finger die Spur nach, die Ilavar gezogen hatte. "Warum bist du dann hier und nicht bei deinem Kind." fragte er neugierig, weil er das nicht verstehen konnte. In seinem Volk waren Kinder das höchste Gut, sie waren ein Geschenk, das in seinem Reich so selten war, weil die Frauen fast alle im Krieg umgekommen waren.

Auch, als Erdogan begann, sich selbst die Rüstung anzulegen, betrachtete er noch den flachen Bauch des Sklaven. Seine Wissenschaftler und Ärzte hatten auch die Bauchdecke des Mannes geöffnet, um das Kind auf die Welt zu holen, das in ihm gewachsen war, doch als man sie trennte, starben Beide. Es musste noch ein Geheimnis geben.

Diese einfache Frage traf den Key sichtbar und er schloß die Augen, als er zur Seite blickte und schon fast schutzsuchend die Arme um seinen Körper schlang. Doch er fing sich nach einigen Momenten und blickte zu seinem Gast auf, lächelte wehmütig und antwortete ihm, als er ihm ein Teilstück der Rüstung reichte. "Das ist eine längere Geschichte, Herr ... vielleicht ist es besser, wenn ich sie euch erzähle, wenn ihr mit dem Gerät wiederkommt ? So wäre es einfacher, da ihr auch sehen könntet, was ich euch erzähle und woran ich mich erinnere."

Irgendwie hatte Erdogan gerade ein schlechtes Gewissen. Mit seiner Fragerei hatte er den Sklaven gekränkt, das spürte er. Auch wenn er für seine Mitmenschen nicht viel übrig hatte, so spürte er doch, wenn er zu weit ging. "Das werden wir wohl." sagte er und strich dem Key unbeholfen über eine Schulter und den Arm. Doch die Worte der Entschuldigung kamen nicht über seine Lippen. Er war kein großer Redner und Gefühle waren nicht seine Welt. Er war ungeschickt damit.

"Ich gehe dann." sagte er leise, seine Stimme wirkte etwas belegt, obwohl er selber nicht wusste, warum. Als er pfiff, kam Salcedo unter dem Bett hervorgelaufen und verschwand wieder in der Uniform seines Herrn, guckte oben aus dem Kragen und fiepte, er war zum Aufbruch bereit.

Die Berührung tat dem Geflügelten sichtlich wohl und er lächelte scheu zu dem Rothaarigen auf, als dieser sein Tierchen zu sich rief. "Ich freue mich, euch wiederzusehen, Herr. Habt ihr einen besonderen Wunsch, den ich euch bei eurer Wiederkehr erfüllen kann ?" Es war nicht nur die Pflichterfüllung, die Ilavar dazu brachte, diese Frage zu stellen – er wollte diesem so ungewöhnlichen und interessanten Gast eine schöne Wiederkehr bereiten und ihn so vielleicht auch dazu bringen, ein wenig eher wiederzukommen. Irgendetwas an ihm lockte ihn ... so sehr, daß er nicht wiederstehen konnte und noch einmal zu ihm kam, sich streckte und ihn zärtlich auf die Lippen küßte. Dann löste er sich wieder und trat zurück, senkte ergeben den Kopf und wartete auf die Antwort seines Gastes.

Doch Erdogan stand erst einmal nur da und sah auf den Sklaven. Er konnte mit dieser Bekundung von Emotionen leider nicht viel anfangen. Gern hätte er Ilavar etwas zurückgegeben dafür, doch er wusste nicht was. Also straffte er sich und strich dem kleinen Salcedo nachdenklich über den Kopf. "Alles was ich möchte ist, dass du ehrlich zu mir sein wirst in deinen Erinnerungen. Die Zukunft meines ganzen Volkes hängt davon ab." erklärte Erdogan und wandte sich zum Gehen. Doch er sah sich noch einmal nach Ilavar um, als er sich an das erinnerte, was sie geteilt hatten. Würde er dies auch mit Meodin teilen müssen, damit sein Diener ein Kind gebären konnte ? Und warum sah er sich selbst in dieser Rolle ? Erdogan schüttelte nur den Kopf. Er war verwirrt.

"Aber natürlich, Herr – ich antworte euren Fragen, so gut ich es vermag." Als der Fürst nach einem kurzen Nicken ging, seufzte Ilavar leise auf und blickte ihm noch durch die Türe seines Zimmers nach, bis der Gast abbog und nicht mehr zu sehen war. Erst dann schloß der Geflügelte die Türe wieder und legte sich in sein Bett, seufzte leise und lächelte sacht, als er sich unerfüllbaren Tagträumen hingab, die sich allesamt um diesen fremden, doch wundervollen Gast drehten, den er zuletzt gehabt hatte.

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