Balken01a


”A lifetime in a heartbeat” 01
 

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10.34 Uhr, auf die Minute genau. Die wuchtige, graue Stahltür öffnete sich und knirschte leise über den Kies, bevor sie zurück ins Schloss fiel und ein kleines, rotes Licht an der oberen Seite des Sicherungskastens in der Innenseite verriet, dass der Alarm aktiviert worden war. Ein kurzer Blick zur Seite, gefolgt von einem höflichen Winken zu dem Wachmann, der durch ein schmales Fenster alle Besucher, die das Firmengelände betreten oder verlassen wollten, kontrollierte, dann wandte sich der junge Mann dem firmeneigenen Parkplatz zu. Die selbe Routine – wie jeden Tag.

Ian lächelte leicht und setzte das Fernglas ab, um den Reißverschluss seines Parkas nach oben zu ziehen, so dass der frische Herbstwind weniger Angriffsfläche hatte. Oh ja, es war der selbe Tagesablauf wie immer, eine eingefahrene Gewohnheit, doch es war nicht die seine. Die Person, die er seit beinahe zwei Wochen nicht mehr aus den Augen ließ, hieß Colin Archer. 22 Jahre alt, 1,76m groß, seit drei Monaten als Wachmann bei der Aktiengesellschaft Herge&Carlson beschäftigt und eine kleine Augenweide – wenn man nach Ians Meinung fragte. Hübsches Gesicht, hohe Wangenknochen, blonde, kurze Haare, das Deckhaar ein wenig länger, elegant und schlank, doch durchaus trainiert genug, um sich als Wachmann behaupten zu können. Eltern geschieden, ein kleiner Bruder in Utah, sonst keine Verwandten in der Nähe, die sich darum sorgen könnten, wer ihrem Sohn zu jeder Tages- und Nachtzeit dicht auf den Fersen war, ohne dass dieser seinen Verfolger auch nur ein einziges Mal gesehen hatte.

Denn Ian war gut. Er hatte sich ein kleines Zimmer gegenüber dem Appartement seines "Opfers" gemietet, Kameras installiert, dessen Auto mit einem Sender versehen und sich sogar einmal unter falschem Vorwand den Wohnungsschlüssel von Colins Vermieter erschlichen, um danach jedes Zimmer gründlich unter die Lupe zu nehmen. An diesem Nachmittag hatte er einiges über den Anderen gelernt, aber noch lange nicht so viel, wie er gerne wollte. Colin war wie Ian ein Pedant, stapelte seine alten Zeitungen nach Datum, hatte den Gefrierschrank voller Tiefkühlgerichte und hob seine alten Familienfotos in einer kleinen Schuhschachtel auf, aber viel Brauchbares war in der kurzen Zeit nicht herauszufinden gewesen.

Und deshalb würde er Heute etwas anderes wagen, etwas, was er die letzten Tage stetig vor sich hergeschoben hatte, zum Einen aus der Sorge heraus, nicht den richtigen Moment zu erwischen, und zum Anderen deshalb, weil es trotz der kurzen Zeit viel zu sehr eine angenehme Gewohnheit geworden war, den Anderen heimlich zu beobachten.

Ians Blick richtete das Fernglas, mit dem er sich auf einem benachbarten, leerstehenden Fabrikgebäude postiert hatte, wieder auf sein Ziel, das gerade seinen Wagen ansteuerte, bevor er verschmitzt lächelte, als er das laute Fluchen des Anderen hörte. Also hatte dieser sein Geschenk wohl gefunden. Er war sich sicher, Colin konnte sich nicht erklären, wie es Jemand geschafft hatte, auf einem bewachten Parkplatz die Luft aus seinen Reifen zu lassen, aber Ian war auch nicht irgendjemand ! Er konnte sich durchaus vorstellen, dass ein unwissender Beobachter ihn wohl spätestens in diesem Augenblick als voyeuristischen, kranken und vor allem durchgeknallten Spinner bezeichnen würde, aber für ihn war diese Vorgehensweise Routine – auch wenn er nicht leugnen konnte, dass es ihm dieses "Opfer" besonders angetan hatte.

Ein kurzer Griff zum Handy, ein ärgerliches Kopfschütteln, dann eine energische Kehrtwendung zum Ausgang. Colin reagierte genauso, wie Ian es geplant hatte. Wäre er ein Gentleman gewesen, hätte er dem Anderen nun angeboten, ihn mit seinem Auto mitzunehmen, aber erstens war er sich relativ sicher, dass Colin niemals auf so ein Angebot eingehen würde, und zweitens war es nicht im Geringsten kreativ. Nein, er hatte sich für den Blonden etwas viel Besseres ausgedacht.

Nur zwei Querstraßen weiter war eine Bushaltestelle, die der junge Wachmann ansteuern würde, nicht wissend, dass ihn sein Weg genau durch eine vom Dach des leeren Fabrikgebäudes sehr gut einsehbare Seitengasse führte.

Nur noch zwei Minuten. Ian legte das Fernglas zur Seite, griff nach einem länglichen Gegenstand und visierte die selbst am Tag nur spärlich erleuchtete Gasse an, bis Colin in seinem Sucher auftauchte. Noch einmal lächelte Ian verschmitzt, bevor sein Gesichtsausdruck gefror und er die Brauen konzentriert zusammenzog. Er richtete den schallgedämpften Lauf des Gewehres aus, korrigierte den Winkel leicht – und drückte ab.

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"Au ..." Colin fühlte sich miserabel und sein Kopf hämmerte, sein Mund und seine Ohren fühlten sich so an, als wären sie mit Watte vollgestopft und er konnte nicht einmal eine Hand heben. Mit einem weiteren "Au ..." versuchte er nach einer Weile, erneut die Hand zu heben und rieb sich schließlich über die Augen, fluchte leise und öffnete sie zwinkernd. Der junge Wachmann erkannte so gut wie gar nichts und schloß sie leise stöhnend wieder, ließ sich zurücksinken und fluchte leise, als er einen Stich in seiner Schulter spüren konnte. Es fühlte sich so an wie sein Hintern, wenn er beim Arzt eine Tetanusspritze bekam – doch er war doch gar nicht ... völlig verwirrt versuchte Colin sich zu erinnern, doch alles war nur ein einziger, wattiger Nebel. Daß er aus dem Schatten beobachtet wurde, bemerkte er jedoch nicht – dazu war er noch viel zu benommen.

Ian lächelte leicht, als er den Anderen erwachen sah, regte sich jedoch nicht und lehnte weiter im Halbdunkel an der Wand des Raumes, der in der nächsten Zeit die Unterkunft für seinen 'Gast' sein würde. Er war sicher nicht so komfortabel, wie dieser es gewohnt war, doch er hatte ein Bett, einen Tisch und ... nun ja ... Ian konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. An dieser Stelle endete die Liste auch schon, denn abgesehen von zwei verschlossenen Türen und einer milchig trüben Deckenlampe war das Zimmer vollkommen leer.

Das Licht hatte er nicht angeschaltet, um seinen neuen Mitbewohner nicht zu wecken, so drang nur durch einen schmalen Spalt in Augenhöhe der Tür zu seiner Rechten ein matter Schein hindurch, der jedoch zu schwach war, um auch nur einen Bruchteil des Raumes zu erhellen. Nicht, dass Colin ihn dann sofort bemerkt hätte. Bei der Dosis Betäubungsmittel, die Ians Pfeil enthalten hatte, war es ein Wunder, dass er überhaupt schon so schnell wieder erwachte. Ian hätte gerne noch ein wenig mehr Zeit gehabt, ihn zu beobachten, doch nun schien es ihm angebracht, sich bemerkbar zu machen.

"Gut geschlafen ?" fragte er in die Stille, ohne jedoch seinen Platz an der Wand zu verlassen.

"Wah !" Colin erschrak bis ins Mark, als er die Stimme hörte und blickte instinktiv in die Richtung, aus der sie gekommen war. Er konnte aber nur einen verschwommenen Schemen sehen und schluckte, hustete schließlich leise und krächzte ein "Kann ich etwas Wasser haben ?" zu diesem Schatten. Soviel er in diesem fast nicht vorhandenen Licht sehen konnte, war hier nicht mehr als ein Bett, auf dem er lag ... und noch ein Tisch, doch nicht mehr.

"Kaum ein paar Sekunden wach und schon bedient werden wollen !" Ian lachte rau und fuhr sich über seine kurze Stoppelfrisur. Er wusste, der Andere versuchte verzweifelt, ihn in der Dunkelheit zu erkennen, aber er würde nicht den Fehler machen und ins Licht treten, so dass man sein Gesicht erkennen konnte. Er musste unerkannt bleiben, das war sein Job. Noch nicht einmal seine Auftraggeber wussten wie er aussah, und das war in seinem Geschäft ein nicht zu unterschätzender Vorteil.

Mit einer flinken Bewegung griff er in seine Hosentasche und streifte sich eine schwarze Latexmaske über den Kopf, welche die obere Hälfte seines Gesichts und den größten Teil seiner Nase vollkommen bedeckte. Nur sein Mund und die Kinnpartie waren ausgespart, selbst seine Augen schienen verdeckt, doch dies hatte nur von außen den Anschein. Das Material war an dieser Stelle durchlässig, so dass er sehr gut sehen konnte, jedoch Niemandem einen Blick in seine Augen ermöglichte. Was man in Fetisch-Läden nicht alles für praktische Arbeitsbekleidung finden konnte.

Erst, als er sich versichert hatte, dass alles dort saß wo es musste, trat er in das schummrige Licht, wohlwissend, dass sein Anblick auf seinen Gefangenen sehr einschüchternd wirken musste.

"Ich bin von jetzt an dein ‚Gastgeber’ stellte er sich höflich, jedoch mit emotionsloser Stimme vor. "Denk erst gar nicht dran, zu fliehen, das hat bis jetzt noch Niemand geschafft. Wir werden ab jetzt viel Zeit miteinander verbringen."

Mittlerweile hatten sich die Augen Colins etwas an das wenige Licht gewöhnt und er schreckte sichtlich entsetzt zurück, als der Maskierte näherkam. "Wer bist du ? Und was willst du überhaupt von mir ? Das ist doch völliger Unsinn, ich habe kein Geld und bin ein Niemand, das muß ein Irrtum sein ..." Der junge Wachmann war sehr irritiert, da er wirklich nur ein kleines Licht war und das Betäubungsmittel, das noch immer leicht wirkte, trug nicht dazu bei, diese Irritation zu lösen. Dieser andere Mann machte ihm Angst - und das nicht nur wegen der Maske, sondern vor allem wegen der Professionalität, die deutlich durchklang.

"An Geld bin ich nicht interessiert." Ian lächelte kühl und verschränkte die Arme vor seiner breiten Brust, so dass seine Oberarmmuskeln deutlich hervortraten. Es war immer hilfreich, den Gegner von Anfang an einzuschüchtern, so dass er nicht einmal dran dachte, irgendwann einen Fluchtversuch zu wagen.

"Ein paar Leute sind nicht sehr gut auf dich zu sprechen ! Sie befürchten, dass du ein paar Sachen über sie ausplaudern könntest. Wenn du das tust, werden sie sehr schlecht gelaunt sein."

"Was ?" Der Fremde war noch immer im Dunkeln, so daß Colin dessen Drohgebärde eigentlich nicht recht sehen konnte. Doch die Worte waren deshalb umso verständlicher, auch wenn sie ihn noch mehr verwirrten. "Wovon redest du ? Ich bin nur ein Wachmann und erst seit einem Monat angestellt. Ich habe nichts gesehen außer leere Räume und weiß auch nichts, das ich ausplaudern könnte. Und hättest du vielleicht etwas Wasser ? Meine Kehle ist trocken wie eine Wüste ..." Nachdem er geendet hatte, mußte Colin sich wieder räuspern und es wurde schnell zu einem trockenen, raspelnden Husten, da dies seine Kehle noch mehr reizte.

"So, so, du hast also nicht vor, mit mir zu reden ?" Ians Stimme klang verärgert, doch das war nur gespielt. Er wusste sehr genau, dass dies bloß der Anfang eines langen, langen Spiels werden würde. Früher oder später sangen sie alle, da würde dieser Kerl keine Ausnahme sein. Doch am Anfang bekam er selten mehr als Ausflüchte, Entschuldigungen oder manchmal auch Drohungen zu hören. Er ließ sich davon nie sonderlich beeindrucken.

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, trat er auf den Anderen zu, packte dessen Arme und drückte sie aufs Bett, ohne Colin auch nur den Hauch einer Möglichkeit zu lassen, sich zu wehren. Ein leises Klacken, dann waren dessen Gelenke in stabilen Metallmanschetten am Bettgestell fixiert.

Ian lächelte nur kurz, ließ sich von dem überraschen Aufschrei des Anderen nicht aus der Ruhe bringen, ehe er den Raum verließ, um kurze Zeit später mit einem gefüllten Wasserglas wiederzukommen, welches er Colin an die Lippen drückte.

"Ich bin gerade sehr nett zu dir." sagte er mit dunkler Stimme, und in seinen Worten klang deutlich eine Drohung mit. "Und wenn sich das nicht ändern soll, erwarte ich auch von dir, dass du nett zu mir bist. Haben wir uns verstanden ?"

Im Moment bekam der Größere jedoch keine Antwort, denn Colin war vollauf damit beschäftigt, das herrlich kühle Wasser zu trinken, ohne sich zu verschlucken. Es war ein wenig schwer, da er dazu den Kopf heben mußte, doch er schaffte es und sank schließlich mit einem erleichterten Seufzer zurück. Erst jetzt kam ihm wieder, daß er gefesselt war und er seufzte leise. "Ja, hab dich verstanden ... ich bemühe mich ja. Äh ... kann ich ... kannst du ... ich müßte mal." Während er sprach, bewegte der junge Wachmann ein wenig die gefesselten Hände, um zu verdeutlichen, was er meinte.

Ian rollte mit den Augen, doch zum Glück konnte Colin dies hinter der Maske nicht sehen. Das war der Nachteil, wenn er einen Auftrag bekam, wo er Denjenigen nicht einfach nur zusammenschlagen und dann verschwinden lassen konnte, sondern ihn festhalten musste. So gerne er den Anderen einfach gehässig sich selbst überlassen hätte, um ihm zu zeigen, wer hier den Ton angab, so wenig hatte er auch Lust, später das Putzmädchen zu spielen. Doch er wäre kein Profi gewesen, wenn er nicht gewusst hätte, wie er mit einer solchen Situation umzugehen hatte.

"Du wirst dich nicht mehr als notwendig bewegen, nicht einmal ansatzweise versuchen, mich zu überrumpeln – verstanden ?" sagte er in seinem gewohnt kalten Tonfall, welcher keinen Zweifel daran ließ, dass Colin nichts mehr zu lachen haben würde, würde er sich widersetzen.

"Als ob ich auch nur den Hauch einer Chance hätte." Das leise Grummeln Colins zeigte mehr als nur gut, wie sehr ihn diese Tatsache ankotzte. Doch er wußte nur zu gut, daß er gegen diesen durchtrainierten Kidnapper nichts ausrichten konnte, selbst wenn er nicht so gefesselt wäre. Doch er konnte sich einen erleichterten Laut nicht verkneifen, als er fühlte, wie die stählernen Handschellen sich lösten, rieb sich vorsichtig die Gelenke und richtete sich langsam auf, während er den Maskierten in dem wenigen Licht der Zelle aus dem Augenwinkel musterte.

Dieser lächelte kühl, ehe er aus seiner Hosentasche ein Paar Handschellen hervorzog, nach Colins Händen griff und ihm diese vor den Körper anlegte.

"Nur, damit du nicht doch auf schlechte Gedanken kommst." meinte er, bevor er Colin am Kragen packte und vor sich her auf eine der Türen des Zimmers zuschob. Im Gegensatz zu der anderen war diese massiv und hatte keinen Spalt, durch den man hindurchsehen konnte. Schnell hatte Ian sie aufgeschlossen und schubste den Blonden grob hinein, ehe er die Tür hinter ihnen Beiden schloss. Es war ein kleines Bad, einfach gehalten und nur mit einem Waschbecken und einer Toilette ausgestattet.

Ian lehnte sich lässig an die Tür und beobachtete den Anderen, wie er verloren im Raum stand, sichtlich unangenehm berührt, dass sein Kidnapper nicht den Anschein machte, als würde er wieder gehen. "Was, schüchtern ?" Der Dunkelhaarige lachte spöttisch. "Angst, dass ich dir was abgucke ?"

"Ja, verdammt – ich hab Probleme damit, wenn mir Jemand zukuckt, Okay ?" Es war Colin schon immer schwergefallen und alleine schon ein normales, öffentliches Klo stellte ihn vor Probleme. Es war weniger seine körperliche Ausstattung als ein prägendes, negatives Erlebnis, das er einmal mit einer Frau gehabt hatte. Doch wie es schien, würde er nicht allein gelassen werden und seufzte leise, stellte sich vor das Klo und fummelte an seinem Reißverschluß und Hosenknopf herum. Es war schwer, da die Handschellen ziemlich behinderten, doch schließlich schaffte er es und erleichterte sich, schloß dabei die Augen und atmete unwillkürlich entspannt dabei aus.

Ian grinste leicht und machte keinen Hehl daraus, dass er den Anderen von Kopf bis Fuß eingehend musterte. Demütigung war oftmals weitaus effektiver als nackte Gewalt. Und es war sehr viel amüsanter, die Reaktion auf sein Spielchen zu sehen. Er stellte sicher, dass Colin mitbekam, wie er seiner Leibesmitte ein klein wenig mehr Aufmerksamkeit schenkte als dem Rest seines Körpers, ehe er hinter ihn trat, sich zu ihm beugte und seine Finger in den blonden Haaren vergrub.

"Keine Angst." raunte er leise in dessen Ohr und ließ die Strähnen durch seine Finger gleiten. "Solange du mir alles verrätst was ich wissen will, brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Doch wenn du es nicht tun solltest ... gibt es noch weit Schlimmeres, als von mir verprügelt zu werden."

Ohne es verhindern zu können, erschauerte Colin tief bei den leisen Worten und der Nähe seines Entführers. Es war alles so falsch – die schon fast sanften Worte und das ebenso sanfte Kosen der Finger im Gegensatz zu der harten Maske und der noch härteren Bedeutung, die hinter den Worten lag. Auch die Handschellen erinnerten den jungen Wachmann beständig daran, daß er ein Gefangener war – und zu seinem Unglück nicht die geringste Ahnung davon hatte, was dieser Mann von ihm wollte. "Bitte, tun sie mir nichts ... ich weiß doch nichts, ich ... Bitte ..."

Ein leichtes Schmunzeln zog Ians Mundwinkel nach oben, doch er ließ sich nicht anmerken, wie sehr ihn die Reaktion des Anderen belustigte. Er war kein Perverser und obwohl er zugeben musste, dass sein Gefangener recht attraktiv war, hatte er nicht das geringste Interesse daran, sich an ihm zu vergehen. Es war eine leere Drohung, doch er hatte schon oft die Erfahrung gemacht, dass so etwas sehr viel effektiver war als die bloße Aussicht auf Schmerzen.

"Bist du fertig ?" fragte er barsch und ließ Colin ebenso schnell los, wie er ihn gegriffen hatte.

"Ja." Es war so leise, daß man es fast nicht hörte, denn der junge Wachmann war mehr als nur eingeschüchtert. Dann wandte er sich zögernd zu dem Waschbecken und öffnete den Wasserhahn, wusch seine Männlichkeit so gut es ging und verstaute sie wieder, ehe er noch seine Hände wusch und ratsuchend zu seinem Entführer aufsah. "Ich ... äh ... ich bin fertig. Und ... Danke."

Der Andere erwiderte nichts, sondern machte nur eine ruckartige Handbewegung zur Tür. "Beweg dich !" fuhr er Colin an und stieß ihn unsanft zurück ins Zimmer. Ohne ein weiteres Wort an ihn zu verschwenden, drückte er ihn aufs Bett, zog den Schlüssel zu den Handschellen aus seiner Tasche und öffnete diese an einer Hand. Mit einem leisen Klicken schloss er das Metall um die Stange des Kopfteiles, überprüfte noch einmal, ob alles gut befestigt war und trat dann einen Schritt zurück, um den jungen Mann zu mustern, der ihn verwirrt anstarrte. Ein fast lautloses Surren ließ ihn aufhorchen und in seine Tasche greifen. ‚Unbekannte Nummer’ zeigte das Display seines Handys, doch er wusste genau, dass nur eine Person diese Nummer kannte, da er diese nach jedem Auftrag wechselte.

"Angenehme Träume wünsche ich." meinte er spöttisch, bevor er den Raum ohne weitere Erklärung verließ. Er war gespannt, was sein Auftraggeber zu so später Stunde noch von ihm wollte.

Leise seufzend, schloß Colin die Augen, als die Türe sich schloß und es wieder dunkel wurde. Nun war er allein – allein in den Händen eines Entführers, der etwas von ihm wollte, das er nicht hatte. Ein leichter Schauer rieselte über den Körper des jungen Wachmanns, als er daran dachte, was ihm nun bevorstand ... bisher war er noch gut behandelt worden, doch er wollte sich nicht ausdenken, was passieren konnte, wenn sein Entführer wütend wurde. Und daß dies geschah, daran hatte Colin keinerlei Zweifel – denn was konnte er ihm denn sagen, außer, daß er nichts wußte. Erneut leise seufzend, legte er sich hin und entspannte sich langsam, denn er war noch immer müde und konnte so oder so nichts besseres tun.

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