Balken01a


Suchar und Miguel 03
 

backset3line

}|{

Suchar erwachte mühsam aus dem tiefen Schlaf und erhob sich ebenso mühevoll. Gestern hatte er noch ein klein wenig mit Richard sprechen können, auch wenn dessen Deutsch grausam war. Aber er war nett gewesen, anders als Miguel, aber ganz nett soweit. Langsam ging er ins Bad, um sich zu erleichtern und zu waschen, dann setzte er sich wieder auf sein Bett und nahm sich das Buch, in dem er noch gelesen hatte, bevor er eingeschlafen war. Jetzt schlug er die Seite auf, die er zuletzt gelesen hatte, bevor er eingeschlafen war und las weiter. Es war so viel geschehen, Unglaubliches zum Teil.

Der junge Spanier kam gerade von seinem Gespräch mit dem Stationsarzt ... dem Älteren war das, was Miguel vorhatte, zwar ein wenig suspekt, doch er war froh, daß er so mehr Zeit für die anderen, schwierigeren Patienten hatte. Gutgelaunt betrat der schlanke Pfleger mit einem Tablett die Zelle und stellte das Frühstück auf den Tisch - legte die frische Kleidung auf den Stuhl und lächelte, als er den Blonden begrüßte. "Einen guten Morgen, John - ich hoffe, du hast gut geschlafen ? Ich habe dir das Frühstück mitgebracht und auch frische Kleidung, damit du dich umziehen kannst. Ich mache währenddessen dein Bett, Okay ? Und dann können wir wieder reden, wenn du möchtest ...."

"Gern...Ich möchte noch ein paar Fragen stellen....Ich hab noch mehr gelesen und ich möchte etwas dazu wissen." Bei seinen Worten stand Suchar auf und nahm das Buch mit zum Tisch. Vor sich sah er, was er kannte. Tee, Käse, Wurst, Marmelade, Brot und... Was war das denn ? Er besah sich das Schälchen mit dem braunen Zeug und schnupperte, bevor er daran leckte und lächelte. Er tauchte seinen Finger rein und leckte die Schokocreme ab, das wiederholte er so oft, bis das Schälchen blitzblank war und er ein eher enttäuschten Gesichtsausdruck hatte.

Inzwischen hatte Miguel schnell und geübt das Bett neu bezogen und gerade, als er die schmutzige Wäsche zusammennahm, fiel sein Blick auf den Blonden, der die Schokocreme aß. Einen winzigen Moment lang entspannte das Gesicht des jungen Spaniers sich - dann seufzte er und wandte den Blick ab, legte die Wäsche an die Türe und kehrte wieder zum Tisch zurück, an den er sich setzte. "Das ist Schokocreme ... man kann sie genauso wie auch Marmelade auf ein Butterbrot streichen, das schmeckt herrlich. Oder so wie du gerade essen - ohne alles. Ich dachte, vielleicht schmeckt es dir ....."

"Das tut es...Ja, das tut es." Zum ersten Mal schenkte Suchar Miguel ein breites, strahlendes Lächeln. Dann aber schob er Miguel das offene Buch hin und tippte auf eine bestimmte Stelle. "Das da... erzähl mir mehr davon." Bat er und widmete sich dann dem Rest des Frühstückes, das er auf jeden Fall vollkommen essen würde, sein Körper brauchte das Essen. Er schien wieder Schwung zu haben, die Medikamente ließen sichtlich nach.

Bei dem Lächeln hatte sich wieder eine fast nicht sichtbare Röte in die Wangen des Schlankeren geschlichen, doch sie verging zum Glück fast sofort wieder .... er widmete sich dem Absatz und nickte, erklärte die darin beschriebenen Ereignisse und die Folgen, die sie nach sich zogen. Er bemerkte sehr wohl, daß die Wirkung der Medikamente schon nachließ, auch wenn es den anderen Pflegern nicht auffallen müßte ... etwas, das Miguel ebenso verblüffte wie die Ergebnisse der Blutuntersuchung. Die Werte waren so perfekt und gesund, wie es allerhöchstens das Blut eines Neugeborenen war - und selbst diese hatten oft schlechtere Werte durch die ungesunde Lebensweise ihrer Mütter. Sowohl der Stationsarzt wie auch Miguel hatten etwas verblüfft auf die Ergebnisse gesehen - dann jedoch die Schultern gezuckt und es nicht weiter beachtet. Erst jetzt fiel dem jungen Spanier auf, daß der Blonde scheinbar auch die Medikamente um ein vieles schneller abbaute, etwas, das er bei dem Vorfall in der Gummizelle noch als Zufall abgetan hatte.

Suchar sah Miguel an, er kaute derweil auf seinem Brot herum, doch sein Blick schien ihn zu durchbohren, als könnte er sehen, was in dessen Kopf vorging. Er spürte, was in dem jungen Mann vorging, das verblüffte ihn und da war noch mehr, was er aber nicht ergründen konnte. Dann senkte er seinen Blick wieder und er pickte die letzten Krümel vom Teller, als er fertig war und trank dann einen Schluck Tee, bevor er im Buch weiterblätterte und auf eine neue Stelle tippte. "Gibt es das noch ?" fragte er leise, das Bild zeigte ein Luftschiff.

Ein wenig verdutzt sah Miguel auf das Bild und lachte dann leise - nickte und lehnte sich zurück, ehe er leise weitersprach. "Ja, die gibt es noch. Sie tragen meist die Aufschriften großer Firmen, damit jeder sie sehen kann." Während er weiter erklärte, ruhte der Blick seiner braunen Augen auf dem Blonden, der gerade eben für einen Moment lang scheinbar abwesend oder in Gedanken gewesen war - doch dann klärte dessen Blick sich wieder und traf den Miguels, so daß dieser unwillkürlich lächeln mußte und weiterhin bereitwillig und mit großer Geduld die Fragen Suchars beantwortete.

Gegen Mittag stoppte Suchar seine Fragen, denn Miguel brachte das Tablett und die Wäsche weg und kam dann mit dem Mittagessen wieder zurück. Der Blonde strahlte vor Freude, denn zwei Becher mit der grünen Götterspeise standen auf seinem Tablett und warteten drauf, verspeist zu werden. "Danke.... Ich danke dir." Er lächelte Miguel an und spürte wieder, daß auch er sich freute. Er freute sich, weil er ihm eine Freude gemacht hatte. Auch Neugierde und Faszination, doch warum ? Fand er ihn womöglich anziehend ? Wieder sah Suchar Miguel mit diesem Blick an, dann wandte er sich doch seinem Essen zu und ließ die Götterspeise für den Schluss, um sie ganz in Ruhe zu verspeisen.

Währenddessen hatte der junge Spanier sich wieder auf das Bett gesetzt und geduldig gewartet, bis der Blonde mit dem Essen fertig war - nahm dann das Tablett auf und sprach ein leises "Ich komme gleich wieder ...." zu ihm, ehe er nach Draußen ging und das Tablett wegbrachte. Als er wiederkam, hielt er den Becher mit den Pillen darin - seufzte leise und stellte sie vor Suchar, setzte sich ihm gegenüber und schenkte ihm eine frische Tasse Tee ein. "Es tut mir leid, John ... aber bitte schlucke sie, ja ? In zwei, drei Tagen kann ich sie weglassen, wenn du so ruhig und friedlich bleibst ......"

Ohne etwas zu sagen, schluckte Suchar die Tabletten und spülte sie mit dem Tee herunter. Er lächelte sacht danach, spürte, daß es Miguel auch nicht wirklich gefiel. "Ich widerspreche nicht mehr." Er strich Miguel über die Wange und blätterte dann wieder in dem Buch, doch dann schlug er es doch wieder zu. "Erzähl mit von dir, bitte."

Die sanfte Berührung hatte den jungen Spanier völlig überrascht und erneut erwachte eine fast nicht erkennbare Röte in seinen Wangen ... bei der Frage sah er wieder zu ihm auf und strich sich eine vorwitzige Ponysträhne nach hinten, ehe er unmerklich nickte und ihm antwortete. "So viel gibt es von mir eigentlich nicht zu erzählen ... ich wurde in Spanien geboren und bin dort unter der Liebe meiner Eltern aufgewachsen. Ich ging zuerst in Madrid auf die Universität, doch dann bin ich hierher in dieses Land und diese Stadt, um hier weiter zu studieren. Ich habe mich auf die deutsche Geschichte des Mittelalters spezialisiert .... doch ich habe das Studium abgebrochen, weil ich eine Arbeit brauchte, um meine Wohnung bezahlen zu können. Also bin ich hier gelandet als Pfleger - und mein Job macht mir Spaß, ich verstehe mich gut mit meinen Kollegen und auch mit den Vorgesetzten. Ich hatte einige Beziehungen, doch nie etwas Längeres - es ... hatte immer Schwierigkeiten gegeben." Miguel verschwieg, daß er ein unglaubliches Talent hatte, sich immer die falschen Männer auszusuchen - er hatte die Erinnerungen daran tief in sich verborgen, da sie schmerzhaft waren und dachte stattdessen an die schöneren One-Nights, die er mit den Pflegern verbrachte.

Der Blonde nickte und fragte nicht weiter, den Schmerz, den er in Miguel spürte, wollte er nicht noch vertiefen und so lenkte er die Aufmerksamkeit wieder auf das Buch und zeigte auf eine neue Stelle. "Ich würde gern mehr lesen... Du sagtest, ich dürfte, wenn ich mich bessere."

"Aber natürlich, John. Was möchtest du denn lesen ?" Mit einem ehrlichen Lächeln blickte der junge Spanier auf den Größeren - es lag ehrliches Interesse in seinen Augen, da er ihm wenigstens diesen Gefallen tun wollte.

"Zum Einen hätte ich gern eine Bibel... Und zum Anderen würde ich mehr erfahren, auch über dieses Land hier...Amerika." Bat Suchar, die Bibel war ihm wichtiger als die anderen Bücher und er lächelte wieder. "Vielleicht auch ein Buch in englischer Sprache...Ich würde sie gern erlernen ein wenig."

Miguel nickte und erwiderte das Lächeln - dann stand er auf und nahm den kleinen Becher, wisperte noch ein "Ich komme gleich wieder." zu ihm und ging dann nach Draußen. Zuerst lieferte er den Pillenbecher ab und ging dann in die kleine Bibliothek ... holte von dort ein paar Lexikas und ging anschließend zu seinem Spind, aus dem er seine alte, deutsche Bibel holte, die er schon vorsorglich von Daheim mitgenommen hatte. Mit den drei Büchern beladen, kehrte der junge Spanier zu dem Blonden zurück und lächelte - reichte ihm zuerst die Bibel und legte die beiden Sachbücher an die Seite, ehe er sich setzte und leise sprach. "Ein Geschenk meines Vaters ... sie ist in Deutsch. Ein Wörterbuch werde ich dir Morgen mitnehmen, dann kannst du die deutschen Übersetzungen der englischen Wörter nachschlagen."

Ehrfürchtig strich Suchar über die Bibel, er stutzte, als er das Datum sah, was darauf stand, 1966, es war also wirklich wahr, daß so viel Zeit vergangen war. "Ich danke dir, Miguel, es bedeutet mir viel und ich werde sie in Ehren halten, solange du sie mir anvertraust." Im Moment wusste er nicht weiter, was er sagen oder tun sollte und seine Hand ruhte auf der Bibel. "Du bist wirklich ein liebenswürdiger Mensch."

Erneut zeigte sich ein leises Rot auf den Wangen des Schlankeren ... er war es einfach nicht gewohnt, daß Jemand so nett zu ihm war, ohne mit ihm ins Bett zu wollen. "Ich versuche es ... wenn man zu Jemand nett ist, dann bekommt man meist eine positive Reaktion zurück. Es erleichtert einfach das Zusammenleben mit Anderen, weißt du ? Außerdem bist du auch sehr freundlich zu mir, John. Und dafür danke ich dir." Leise, mit einem scheuen Lächeln gesprochene Worte des schlanken Pflegers ....

"Aber du tust nicht nur so, als ob du nett wärst...wie der Andere, er wirkt nett, doch er tut nur so." wisperte Suchar und berührte die Hand Miguels. "Du hast ein sehr gutes Herz, ich danke Gott, daß du dich um mich kümmerst."

Bei den leisen Worten verstärkte sich die Röte des jungen Spaniers noch und er seufzte leise .... schlug die Augen nieder und drehte langsam seine Hand, so daß er mit den Fingern die Handfläche des Blonden berührte. "Mit dir zu reden ist auch anders als mit den anderen Insassen hier ... angenehmer. Ich weiß auch nicht ...."

Suchar lächelte erneut, zog seine Hand dann sacht wieder zurück. "Ich hab dich verlegen gemacht... Entschuldige." Er lenkte nun wieder ein wenig ab und schlug die Bibel auf, um sie kurz durchzublättern. Er stockte aber schon bei dem ersten Bild und strich sanft mit den Fingern darüber. "Wunderschön...Bist du sicher, daß du sie mir leihen willst... Sie is ein Geschenk deines Vaters ?"

Leise schmunzelnd, drückte Miguel kurz die Finger des Anderen ... nickte einfach und ließ dessen Hand wieder los, als er sich wieder nach hinten lehnte. "Ja. Ich denke, wenn Jemand diese Bibel noch mehr schätzt als ich, bist es du, John. Du hast so eine Art, die ... du bist sorgsam. Ich habe bisher noch Niemand gesehen, der ein Buch mit solcher Vorsicht und Hingabe berührt ... du bist so gegensätzlich und irgendwie ... ich weiß nicht. Anders ? Aber auf angenehme Art ...."

"Bücher sind wertvolle Dinge. ...Vor Allem, wenn solch wundervolle Bilder mit darin sind." Er lächelte und sah auf die anderen Bücher. "Ich habe noch nie so reale Zeichnungen gesehen." Jetzt strich er über den Einband eines der Lexika und lächelte.

Zuerst guckte Miguel verdutzt - dann schmunzelte er und schüttelte unmerklich den Kopf, ehe er sich etwas näherbeugte und eines der Lexika aufschlug. Er hielt an einem bestimmten Foto und zeigte darauf, es stellte eine Schautafel über die Entwicklung der Fotoapparate dar und der schlanke Spanier begann anhand der Bilder zu erklären, wie Fotos gemacht wurden. Er hoffte, daß der Blonde es zumindest annähernd verstehen würde - es war schwer, etwas, das für ihn selbstverständlich war, Jemandem zu erklären, der keine Ahnung davon zu haben schien.

Nach der Erklärung nickte Suchar. "Also der Fotoapparat, bannt die Natur auf ein Stück Papier....Ich verstehe... Wissenschaft ist das." Er verstand es wirklich. "Und die werden in diese Bücher gedruckt..." fügte er noch an und strich über ein anderes Bild.

"Ganz genau. Es ist Heutzutage sehr leicht, Bücher zu machen und deshalb gehen die Leute oft auch sehr nachlässig mit ihnen um." Leise seufzend bei dem Gedanken, vertrieb ihn Miguel jedoch schnell wieder - sah dem Blonden dabei zu, wie dieser sich das Lexikon durchsah und erklärte, wenn dieser Fragen hatte. Schneller, als die Beiden es merkten, verging die Zeit und Richard kam in das Zimmer - der junge Spanier nickte und stand auf, verabschiedete sich freundlich bei ihm und erklärte Richard dann, daß Suchar die Bücher behalten dürfe, um in ihnen zu lesen. Erst dann ging Miguel und seufzte leise, als er Draußen auf dem Gang war - straffte sich aber und ging ins Stationszimmer, schrieb seinen Bericht und zog sich dann um, um wieder zu sich nach Hause zu gehen und über diesen ungewöhnlichen Patienten nachzudenken, den er jetzt betreute.

Suchar hatte innerlich geseufzt, als Miguel ging und Richard bei ihm blieb, der zwar freundlich schien, den Job aber nicht wirklich zu mögen schien...Nicht so wie Miguel es tat und Suchar war froh, als er dann allein in der Zelle war und sich die Bücher zum Lesen vornahm, bevor er einschlief, weil die Medizin ihn in die Müdigkeit trieb.

}}|{{

Suchar fühlte sich richtig wohl, jetzt wo er auch in den Aufenthaltsraum konnte, er hatte sich dort die zwei Tage zuvor gern umgesehen, nur die anderen Patienten hatte er eher vorsichtig beobachtet. Er konnte dessen Gemüter fühlen und vieles war wirr wie ihr Geist. Was er am intensivsten fühlen konnte, waren Angst und unterschwelliger Hass einiger Wenigen, er passte in den Räumen besser auf, auch wenn er jetzt entspannt an einem der Tische saß und mit Miguel Schach spielte. Lächelnd zog er den Läufer quer über das Feld. "Schach." murmelte er und sah Miguel in die Augen.

Dieser war schon die ganze Zeit nicht unwesentlich von der Tatsache abgelenkt worden, daß der Blonde mit jedem Tag, der verstrich, besser aussah ... Miguel versuchte zwar, sich immer wieder zusammenzureißen, doch seine mangelnde Aufmerksamkeit wirkte sich deutlich auf sein Spiel aus, so daß der so oder so schon schwache Schachspieler noch schneller verlor. Diesmal hatte es gerade mal zwanzig Minuten gedauert - leise seufzend blickte der schlanke Spanier auf das Spielbrett und nickte, sah, daß er keinerlei Chance hatte, doch er tat Suchar den Gefallen und brachte den König in Sicherheit. Er bemerkte jedoch nicht, daß in einer der dunkleren Ecken des Aufenthaltsraumes zwei kalte, haßerfüllte Augen auf ihm ruhten ... ein für geisteskrank erklärter Mörder hatte ihn schon die letzten Tage beobachtet, ihn und auch Suchar und ebenso den Worten der anderen Pfleger gelauscht, die darüber witzelten, daß Miguel sich wohl in den Blonden verguckt hätte. Die gutgemeinten Hänseleien kamen der Wahrheit näher, als die Pfleger meinten - auch wenn es dem schlanken Spanier nicht bewußt war, so erwuchs doch schon ein zartes Pflänzchen der Zuneigung, das sich dem Licht entgegenstreckte, das der Blonde für Miguel zu werden begann.

Suchar bekam den Zug nicht mit, sein Blick lag auf dem Mann, der in der Ecke saß, er spürte den unbändigen Hass, doch konnte er ihn noch nicht einschätzen und sah wieder auf das Spielfeld und zog mit einer anderen Figur, um den König ganz einzukesseln. "Schach matt." Jetzt lächelte er wieder, der König würde nicht mehr aus der Falle rauskommen. "Noch eine Partie, Miguel ?"

"Gerne. Ich spiele gern mit dir, es ist selten, daß man einen solch guten Schachspieler trifft, der nicht völlig eingebildet ist. Außerdem macht es mir Spaß, dabei mit dir zu reden ...." Mit einem Lächeln nahm der schlanke Pfleger die restlichen Figuren vom Tablett und ordnete sie wieder neu - als er dabei einmal kurz die Hand des Blonden streifte, erwachte wieder dieser fast nicht sichtbare, rote Schimmer auf seinen Wangen und er zog die Hand langsam wieder zurück, insgeheim noch immer mit jeder Faser dieses wunderbare Gefühl auskostend. Der andere Patient allerdings sah seinen Verdacht nun absolut bestätigt ... mit einem harten Lächeln strichen seine Fingerspitzen über den im Ärmel verdeckten Kuli, den er einem der Pfleger gestohlen hatte und dann sprang er ohne eine Vorwarnung auf, zog den Kuli und stürzte mit einem dunklen Schrei auf Miguel, um ihm das spitze Metall direkt in den Hals zu schlagen.

Suchar reagierte sofort, er zuckte jedoch einen Moment zusammen, als ihn fremde, hasserfüllte Gedanken wie ein Blitz trafen. Er hörte sie regelrecht. *Abschaum !!! Abschaum...Schwuler Abschaum !!* Doch fing er sich schnell genug wieder, um den Tisch beiseite zu schleudern. Er drückte die Hand weg und so traf der Kugelschreiber nur die Schulter Miguels und bohrte sich tief hinein. Suchar reagierte allerdings weiter und schneller, als man sich vorsehen konnte, hatte er den Irren an die nächste Wand gepinnt. Er hielt ihn mit einer Hand an der Kehle und mit der anderen Hand an dem Handgelenk der Hand, in der er noch immer den blutigen Stift hielt. Der Mann baumelte japsend mit den Füßen in der Luft und der Körper Suchars war angespannt, ein mal zudrücken und er würde dem Irren die Luft abdrücken.

Schon als der Irre auf den schlanken Spanier zugestürzt war, hatten die Pfleger reagiert ... doch sie waren um ein Vieles langsamer als Suchar und wurden durch die panisch aufkreischenden, anderen Patienten behindert, die an ihnen vorbeistürzen wollten, weg von dem Kampf, der sich abspielte. Miguel war zu entsetzt, um zu schreien ... er sackte langsam von seinem Stuhl und sah, wie der Blonde dabei war, den Anderen zu töten und wisperte nur ein kraftloses "Nicht, John .... Bitte .....", ehe er leise aufschrie, da er auf dem Boden aufschlug.

Suchar reagiert auf die Worte und lockerte den Griff, er ließ den Irren ein wenig herab und als die Pfleger da waren, ließ er ihn ganz los. Er selber wurde von zweien der Großen gepackt, recht sanft. "Komm John...das hast du gut gemacht...Aber wir müssen dich in dein Zimmer bringen." Beide waren ruhig und nett zu ihm, sie wussten, daß er Miguel das Leben gerettet hatte. Es kam auch sofort ein Arzt, der sich um Miguel kümmerte und die Wunde zudrückte, aus der das Blut herauslief. Suchar sah noch einmal zu Miguel, bevor er in seine Zelle geführt wurde. Er war verwirrt, denn haufenweise Stimmen und Gedanken stürmten auf ihn ein, er hörte sämtliche Gedanken der Menschen, die unmittelbar in der Nähe waren. In seinem Zimmer bekam er zur Vorsicht doch noch ein Beruhigungsmittel gespritzt, auch wenn es den Pflegern sehr leid tat. Erst, als er ruhig auf dem Bett lag, gingen die Pfleger und ließen ihn allein und doch hörte er noch immer die Stimmen in seinem Kopf und er versuchte sie angestrengt abzustellen, was ihm erst gelang, als das Mittel weiter wirkte und er einschlief.

}|{

Miguel hingegen bekam nicht viel mit - der Schock, daß ihn der Patient so überraschen konnte, saß noch immer tief und so merkte er die Fahrt ins Krankenhaus und die anschließenden Untersuchungen nur verschwommen. Als er schließlich aus der Narkose aufwachte, wußte er zuerst nicht, wo er war - doch dann kam mit dem Schmerz seiner genähten Wunde die Erinnerung schlagartig zurück und er keuchte auf, krümmte sich zusammen und wimmerte leise, als der Horror dieser schrecklichen Sekunden wieder auf ihn einströmte. Nur langsam beruhigte sich der junge Spanier und schließlich waren es nurmehr heiße, salzige Tränen, die von seinem inneren Schmerz zeugten - er wußte, daß er ohne den Blonden tot gewesen wäre und das erfüllte ihn mit mehr Angst, als er es gedacht hatte. Er hatte seine Arbeit trotz der Gefahren geliebt, gerade jetzt war es besonders schön gewesen, da er den blonden Deutschen kennengelernt hatte - doch nun erfüllte ihn allein der Gedanke, wieder in die Anstalt zurückzukehren, mit tiefer Angst und langsam wuchs in ihm die Erkenntnis, daß er seine Arbeit nicht mehr fortführen würde. Doch dies bedeutete auch etwas Anderes ... es bedeutete, daß er John nicht mehr sehen würde. Dieser Gedanke ließ ihn erneut weinen - war schon zuvor ein zartes Gefühl der Zuneigung in seinem Inneren, so war es nun fühlbar erstarkt ... der Große hatte ihn gerettet, sein eigenes Leben und auch die erkämpften Verbesserungen seiner Situation aufs Spiel gesetzt, um Miguel zu retten. Noch mit diesen Gedanken sank der schlanke Spanier in einen erschöpften Schlaf ... noch plagten ihn keine Alpträume, doch sie würden bald kommen, sobald er wieder ein wenig gesünder war.

}}|{{

 

Website Design Software NetObjects Fusion
Bar08
Bar08b